Konjunktur
Die Erholung der deutschen Wirtschaft lässt auf sich warten
Ein Lichtblick, aber kein Grund zum Aufatmen: Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal leicht gewachsen, doch ein Aufschwung ist wegen der US-Zölle nicht in Sicht.
Jörn Bender, Alexander Sturm (dpa)
Do, 1. Mai 2025, 20:00 Uhr
Wirtschaft
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Für die gebeutelte deutsche Wirtschaft könnte das Mini-Wachstum im ersten Quartal ein Lichtblick sein – wäre da nicht der Zollstreit. Auch der Rest Europas blickt mit bangem Blick nach Washington und den Fortgang der konfrontativen Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump. Deutschland droht 2025 das dritte Rezessionsjahr in Folge – das gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Dabei überraschten die ersten drei Monate des Jahres positiv: Nicht nur in Europas größte Volkswirtschaft Deutschland wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) leicht mit einem Plus von 0,2 Prozent zum Vorquartal. Auch in der Europäischen Union (plus 0,3 Prozent) und im Euroraum insgesamt (plus 0,4 Prozent) legte die Wirtschaftsleistung deutlicher zu als erwartet.
Privater Konsum schiebt Wirtschaft an
Hierzulande sorgten kauffreudige Verbraucher für die leichte Erholung. Private Konsumausgaben und Investitionen fielen nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes höher aus als im Vorquartal.

Geringere Inflation
Die Inflation in Deutschland ist abgeebbt, während die Löhne gestiegen sind. Daher haben die Menschen unterm Strich mehr Geld in der Tasche. Im April lag die Inflationsrate hierzulande dank billigerer Energie noch bei 2,1 Prozent – nach 2,2 Prozent im März.
Noch ist der Arbeitsmarkt robust
Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist mit einer Arbeitslosenquote von 6,3 Prozent noch robust, die übliche Frühjahrsbelebung fiel jedoch schwach aus. Im April sank die Zahl der Arbeitslosen zwar um 36.000 zum Vormonat auf 2,932 Millionen. Das sind aber 182.000 mehr als vor einem Jahr.
Keine langfristige Erholung
Noch im Schlussquartal 2024 war die deutsche Wirtschaft um 0,2 Prozent geschrumpft. "Das Plus gegenüber dem vierten Quartal sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Wirtschaft nicht vor einer langjährigen, kräftigen Erholung steht", ordnet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ein. Zwar dürften die geplanten gigantischen Milliardensummen für Verteidigung und Infrastruktur die Konjunktur im kommenden Jahr anschieben. Viele Unternehmen vermissten aber "einen wirtschaftspolitischen Neustart, der nach der jahrelangen Erosion der Standortqualität notwendig wäre", sagt Krämer. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung appelliert an die neue Bundesregierung, schnell Wachstumsimpulse zu setzen. Dies könnte die inländische Nachfrage stabilisieren, wenn die Exportnachfrage durch die US-Zölle belastet werde. Der scharfe Gegenwind durch die US-Zölle werde sich wohl erst im zweiten Halbjahr so richtig bei den deutschen Exporten widerspiegeln, sagt Michael Herzum, Leiter Volkswirtschaft beim Fondsanbieter Union Investment.
Zölle treffen Deutschland besonders
Die USA sind Deutschlands wichtigster Handelspartner vor China und den Niederlanden und größter Abnehmer deutscher Ausfuhren. 2024 gingen gut zehn Prozent aller deutschen Exporte – Waren im Wert von gut 161 Milliarden Euro – in die Vereinigten Staaten. Zu Jahresbeginn legten Volkswirtschaften in Südeuropa wie Italien (plus 0,3 Prozent) und Spanien (plus 0,6 Prozent) stärker zu als Deutschland. "Der europäische Süden bleibt die Wachstumslokomotive", sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank. Nach Gitzels Einschätzung dürfte Europas Süden von einer guten Tourismussaison profitieren.
US-Wirtschaft schrumpft
Die US-Wirtschaft hat deutlich an Fahrt verloren und ist im ersten Quartal des Jahres überraschend geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel in den ersten drei Monaten annualisiert um 0,3 Prozent, wie das Handelsministerium in Washington laut einer ersten Schätzung mitteilte. Fachleute hatten nicht mit einer solch deutlichen Entwicklung gerechnet, sondern waren lediglich von einer klaren Verlangsamung des Wachstums ausgegangen. US-Wachstumszahlen werden auf das Jahr hochgerechnet, also annualisiert. Sie sind daher nicht direkt mit Wachstumsdaten aus Europa vergleichbar, wo das nicht so gemacht wird. Um näherungsweise auf eine mit Europa vergleichbare Wachstumsrate zu kommen, müsste die US-Rate durch vier geteilt werden.