Wirtschaft
EZB stützt Konjunktur mit achter Zinssenkung seit Juni 2024
Die Inflation flaut ab, die Wirtschaft braucht im Zollstreit Unterstützung: Grund genug für die Europäische Zentralbank, Geld noch günstiger zu machen. Es könnte die vorerst letzte Zinssenkung sein.
dpa
Do, 5. Jun 2025, 20:15 Uhr
Wirtschaft
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

Die von hohen US-Zöllen bedrohte Wirtschaft im Euroraum darf auf günstigere Kredite hoffen: Zum achten Mal seit Juni 2024 senkt die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen im Euroraum. Damit wird es für Firmen tendenziell billiger, sich für Investitionen Geld zu leihen – das kann die Konjunktur ankurbeln. Sparerinnen und Sparer jedoch müssen mit niedrigeren Tages- und Festgeldzinsen rechnen.
Die EZB senkt den für Banken und Sparer wichtigen Einlagenzins um 0,25 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent. Damit hat die Notenbank den Einlagenzins seit Beginn der Zinssenkungen im vergangenen Sommer halbiert. Zudem setzen die Euro-Währungshüter den Zins weiter herunter, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können: Statt 2,4 Prozent werden nun 2,15 Prozent fällig. Zum weiteren Kurs gab es zunächst keine konkreten Hinweise der Notenbank: Die Lage sei weiterhin von "außergewöhnlich hoher Unsicherheit" geprägt.
Der Zollstreit ist Gift für Konjunktur
Volkswirte hatten mit dem Schritt gerechnet, da die Inflation im Euroraum zurückgegangen ist. Zugleich belastet der Zollstreit mit US-Präsident Donald Trump die Konjunktur. Allein die Unsicherheit ist Gift, wie EZB-Vizepräsident Luis de Guindos in einem Interview betonte: Der Handelskonflikt beeinträchtige Investitionen, schwäche das Vertrauen der Haushalte und verringere die Wachstumsaussichten der europäischen Wirtschaft.
"Die Handelsverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen, aber letztlich werden die Zölle wahrscheinlich höher ausfallen als vor dem Antritt der neuen US-Regierung", sagte de Guindos. Sollte zudem China wegen US-Handelsschranken Exporte nach Europa umleiten, werde das weitere "erhebliche Auswirkungen" haben. Im laufenden Jahr traut die EZB der Wirtschaft im Euroraum trotz des Zollstreits mit den USA weiterhin 0,9 Prozent Wachstum zu. Für 2026 erwartet die Notenbank nun einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Währungsraum um 1,1 Prozent. Im März war die Prognose mit 1,2 Prozent noch etwas optimistischer.
Starker Euro als Chance im Welthandel
Während die Unsicherheit um die Handelspolitik die Investitionen und Exporte vor allem kurzfristig belasten dürften, werden steigende öffentliche Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur das Wachstum auf mittlere Sicht zunehmend stützen, schrieb die EZB. Deren Präsidentin Christine Lagarde sieht durch die Erschütterung der seit Jahrzehnten bestehenden Weltordnung ebenfalls erhebliche Risiken für die Wirtschaft, wie sie jüngst in Berlin sagte. "An die Stelle der multilateralen Zusammenarbeit sind Nullsummendenken und bilaterale Machtspiele getreten", kritisierte Lagarde, ohne Trump wörtlich zu nennen. Zugleich eröffneten sich neue Chancen: "Angesichts des derzeitigen Wandels scheint die Zeit reif zu sein für eine größere internationale Rolle des Euro."
Hauptziel der EZB sind stabile Preise und damit ein stabiler Euro. Erreicht sieht sie das mittelfristig bei einer Inflationsrate von 2,0 Prozent im Währungsraum der 20 Staaten. Im Mai unterschritt die Teuerungsrate einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat zufolge das EZB-Ziel sogar und fiel auf 1,9 Prozent.
Vorerst letzte Zinssenkung?
Manches deutet darauf hin, dass die nun beschlossene Zinssenkung vorerst die letzte im Euroraum war. Selbst Befürworter einer lockeren Geldpolitik wie Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras erwarten nach der Juni-Zinssenkung eine Pause, wie er kürzlich sagte. Auch EZB-Direktorin Isabel Schnabel trat jüngst auf die Bremse und plädierte für eine Zinspolitik der "ruhigen Hand".
