Tierwelt
Fledermäuse – im Zick-Zack-Kurs durch die Nacht
Sobald es dämmert, kann man in diesen Tagen spektakuläre Flugshows beobachten: Fledermäuse jagen in halsbrecherischem Tempo durch die Nacht. In Deutschland gibt es 25 verschiedene Arten von ihnen.
So, 24. Aug 2025, 9:00 Uhr
Südwest
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

Dass Fledermäuse so herausragend gut fliegen können, liegt auch an ihrer Erfahrung: Sie bevölkern den Planeten seit mehr als 50 Millionen Jahren, haben die Erde also sehr lange menschenfrei erlebt. Die meisten der mehr als 1400 bekannten Fledermausarten leben in den tropischen Klimazonen, in Deutschland sind es 25 verschiedene Arten. Wobei die, die in Dachstühlen und Kirchtürmen Quartier beziehen, deutlich leichter zu beobachten und auch zu zählen sind als die Waldbewohner.
Kleiner als eine Streichholzschachtel
"In Baden-Württemberg leben momentan 23 Arten", sagt Edmund Hensle von der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg, "24, wenn man die Große Hufeisennase dazu zählt. Von der gibt es derzeit allerdings nur eine Wochenstube in Deutschland, in Baden-Württemberg leben vermutlich vier oder fünf Individuen." Als Wochenstuben bezeichnet man die Unterschlupfe, in denen sich im Sommer trächtige Fledermausweibchen zusammenfinden. Sie gebären dort die Jungen und ziehen sie gemeinsam auf. Je nach Art finden sich 20 bis 30 Muttertiere in so einer Wochenstube zusammen, es können aber auch mal 2000 sein.
"Wenn man abends in der Stadt etwas flattern sieht, ist es meist eine Zwergfledermaus", sagt Hensle. Das ist nach der Mückenfledermaus die zweitkleinste heimische Art. Sie wird maximal so groß wie eine Streichholzschachtel und wiegt kaum mehr wie ein Stück Würfelzucker. Die ausgebreiteten Flügel lassen sie im Flug deutlich größer erscheinen, in etwa wie ein Spatz. "Die Zwergfledermaus ist relativ anspruchslos, was Quartiere angeht", sagt Hensle, "ihr genügen schon kleine Spalten in Verkleidungen an Häusern, sie richtet sich auch hinter Fensterläden oder unter Dachpappe ein."

Insektizide vernichten die Beute
Die größte heimische Fledermaus ist das Große Mausohr. "Das sind die typischen Dachbodenbewohner in Kirchen und anderen großen Gebäuden", sagt Hensle, "allerdings ist der Bestand in den 60er-Jahren sehr eingebrochen." Das Große Mausohr braucht Leitstrukturen für die Jagd, also Elemente wie Bäume, Hecken oder Zäune. Großflächige Flurbereinigungen haben viele solcher Leitstrukturen zerstört.
"Noch gravierender war jedoch, dass man damals angefangen hat, Kirchen und große Gebäude zu sanieren, es kamen viele für Fledermäuse giftige Holzschutzmittel zum Einsatz", sagt Hensle. Zeitgleich wurde in Land- und Forstwirtschaft das Insektizid DDT in großem Maßstab eingesetzt, die Hauptnahrung der Fledermäuse wurde damit stark dezimiert. Sie fanden also keine Beute mehr und verhungerten. "Wie sehr sich so etwas auswirken kann, haben wir in Freiburg gesehen", sagt Hensle, "hier wurde es vor vielen Jahren verboten, in Schrebergärten zu spritzen, das hatte einen sehr positiven Einfluss auf die Fledermauspopulation."
1000 Insekten pro Nacht
Der Speiseplan der Fledermäuse unterscheidet sich je nach Art. In den warmen und heißen Regionen der Erde landet so ziemlich alles im Magen einer Fledermaus, was man sich vorstellen kann: der Nektar von Blütenpflanzen, Fische, andere kleine Tiere, Früchte und ja, auch Blut. Dieses fressen die sogenannten Vampirfledermäuse. Es gibt drei Arten von ihnen: den Gemeinen Vampir, den Kammzahnvampir und den Weißflügelvampir. Sie leben in Nord- und Südamerika und ernähren sich vom Blut anderer Tiere. Alle drei Tage brauchen sie eine Blutmahlzeit, sonst verhungern sie.
Die in Deutschland lebenden Tiere haben keinerlei Vampiranwandlungen. Sie schnappen im Flug nach Mücken und Nachtfaltern oder pflücken Laufkäfer von Bäumen und Boden. "Das Große Mausohr zum Beispiel fliegt nah über dem Waldboden und nimmt dort das Rascheln von Laufkäfern wahr", sagt Robert Pfeifle, Fledermausexperte beim Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg. Die Fledermaus landet sekundenkurz und punktgenau, schnappt sich den Käfer mit Hilfe ihrer Flügel und der Schwanzflughaut, die wie ein Netz fungiert. Andere Arten schnappen sich Mücken und Fliegen im Flug direkt ins Maul oder nutzen auch hier die Flughäute, um die Beute quasi einzukeschern und an den Körper zu ziehen. Pro Nacht jagt eine einzelne Zwergfledermaus rein rechnerisch etwa 1000 Insekten. "Die Tiere brauchen viel Energie fürs Fliegen, die Weibchen müssen zudem Milch produzieren, zudem müssen sie Fett ansetzen für den Winterschlaf", sagt Pfeifle, "eine pestizidfreie, insektenfreundliche Umwelt ist daher das A und O, damit Fledermausfamilien satt werden."
Insgesamt 38 Länder weltweit beteiligen sich in diesem Jahr an der "International Batnight", also der internationalen Nacht der Fledermäuse, am 30./31. August. In Deutschland wird die Batnight vom Nabu organisiert. Zahlreiche Informationen zu den Veranstaltungen an dem Wochenende, zum Fledermausschutz und zu den hochfrequenten Rufen der Fledermäuse finden sich unter nabu.de/batnight. Wer Fragen zu Fledermäusen hat, kann sich dort schriftlich an die Nabu-Experten wenden, oder sie über das Fledermaustelefon kontaktieren: 030/284984-5000, im August Montag bis Freitag 10 bis 16 Uhr und 19 bis 20.30 Uhr, am Wochenende 11 bis 13 Uhr und 17 bis 19 Uhr, im September und Oktober Montag bis Freitag 10 bis 16 Uhr. Auch der Fund verletzter Tiere kann hier gemeldet werden.
cfr
- Fledermausprojekt: Große Fledermauskolonie fasziniert Besucher in Hauingen
- Artenschutz: Wo in Ettenheim Fledermäuse und Amphibien eine Heimat finden
- Freiburg-Ebnet: Ortschaftsrat unterstützt Schutz von Wimperfledermaus und Steinkrebs