Wiesenmeisterschaft
Jury attestiert Artenvielfalt auf Bernauer Gemarkung
Eine Wiese zu mähen, das kann jeder – möchte man meinen. Bei der Wiesenmeisterschaft im Südschwarzwald zeigt sich allerdings, wer Meister seines Fachs ist.
Steffen Schmidt
Sa, 7. Jun 2025, 6:30 Uhr
Bernau
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30 Weiden und Wiesen standen zur Auswahl, von denen es sechs bis ins Finale schafften, darunter eine etwa vier bis fünf Hektar große Fläche des Bio-Landwirtpaares Petra und Christof Böhler aus Bernau. Dort fand die Begehung durch eine Fachjury statt, bestehend aus Ökologen, Fachleuten aus der Landwirtschaft und einem Imker. Weitere Stationen in St. Blasien, Wutach, Eggingen, Dachsberg und Rickenbach wurden im Laufe des Tages ebenfalls begutachtet und beurteilt, bevor am Abend ein zunächst internes Endergebnis beschlossen wurde.
Prämiert werden die Kategorien Mähwiesen (gegebenenfalls mit Nachweide) und beweidete Flächen, jeweils ab einer Höhenlage von 500 Metern. Bestimmte Kriterien müssen erfüllt sein, um einen der begehrten Preise zu bekommen. So waren Landwirtinnen und Landwirte bereits bei ihrer Anmeldung angehalten, aus einem vorsortierten Katalog von 32 Pflanzen mindestens vier Arten, sogenannte "Kennarten", zu nennen, die vermeintlich schon selbst gesichtet wurden. Überprüft wurde dies nicht, es diente nur der Vorsortierung der artenreichsten Flächen.
Jedoch ist die botanische Vielfalt nicht das einzige Kriterium für den Gewinn der Wiesenmeisterschaft. Es geht der Jury insbesondere darum, die Balance zwischen Artenvielfalt und Futterertrag für das Vieh zu erkennen und zu würdigen, welche oft auf jahrzehntelange Erfahrungen und Bewirtschaftungstraditionen zur Gewinnung von Milch und Fleisch zurückgehen. In diesem Kontext ist ein nur geringes Vorkommen von Giftpflanzen wie Herbstzeitlose oder Jakobskreuzkraut ein weiteres, wichtiges Kriterium.
Das Engagement der Landwirte zur Erhaltung der schwarzwaldtypischen Wiesen- und Weiden als Lebensraum von Pflanzen und Tieren, aber auch zum Schutz des Grundwassers, soll mit der Wiesenmeisterschaft ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. Zudem profitiert der Tourismus, insbesondere der naturbezogene Wandertourismus, nicht nur im Südschwarzwald von artenreichen Wiesen, in denen mal mehr, mal weniger spektakuläre Pflanzen eine Vielzahl von Schmetterlingen, Bienen und andere für das Ökosystem wichtige Insekten anlocken, die andernorts nur schwer zu finden sind. Und wenn es den Kühen dann noch schmeckt: Umso besser.
Zurück zur etwa 940 Meter hoch gelegenen Weide von Landwirt Böhler, der bereits 2013 und 2019 ausgezeichnet wurde und dieses Jahr zum dritten Mal teilnimmt. Nachdem die Jurymitglieder mit einem kleinen Shuttle zum Ort des Geschehens gebracht wurden, erfolgte zu Fuß noch ein leichter Aufstieg, bevor sich die blütenreiche Fläche, an einem recht steilen Hang gelegen, offenbarte. Die vier geforderten Pflanzen wurden hier schon beim ersten Blick weit übertroffen, unter anderem fanden sich Bärwurz, Margerite, Blutwurz, Flügelginster, Flockenblume, Lichtnelke, Rotklee, Witwenblume sowie Habichts-, Milch- und Ferkelkräuter.
Rainer Oppermann vom Institut für Agrarökologie und Biodiversität in Mannheim brauchte nicht lange, um ein kleines Wiesenblumen-Bouquet zusammenzustellen und den Anwesenden an seinem reichen Wissensschatz teilhaben zu lassen. So wurde man unter anderem darüber informiert, dass die Pflanzen für das Vieh unterschiedliche Futterwerte hinsichtlich der Nahrhaftigkeit aufweisen, und eine dichte Grasnarbe, bestehend aus Kräutern und Gräsern, ein wichtiges Qualitätsmerkmal für die Artenvielfalt ist: Wo mehr Schatten auf den Boden fällt, desto weniger niederwüchsige Pflanzen wachsen dort. Auch der Standort der Wiese, ob schatten- oder sonnenexponiert, hat Einfluss auf die Futterproduktivität. Positiv bewertet wird bei der Wiesenmeisterschaft zudem, wenn die Blütezeit der Pflanzen zeitlich verschoben stattfindet und eine Überweidung durch den Landwirt vermieden wird. Strukturreichtum in Form von Büschen, Steinen, Asthaufen seien weitere Pluspunkte, so Oppermann.
Insgesamt zeigte sich die Jury auf der Weide des Landwirtpaares Böhler vom Bernau-Hof sehr zufrieden, auch wenn es – vermutlich wie bei den anderen Finalisten auch – den einen oder anderen Hinweis für kleine Verbesserungen gab. Die Siegerinnen und Sieger werden bis zum 30. Juni benachrichtigt. Es gibt einiges zu gewinnen, etwa individuelle, mit Namensnennung versehene, gegossene Kuhglocken und Gutscheine der Naturpark-Wirte. Und darüber hinaus: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können die Öffentlichkeit auf ihr ökologisches Engagement aufmerksam machen und somit für ihren Berufsstand werben.
Im nächsten Jahr wird die Wiesenmeisterschaft wieder gemeinsam mit den französischen Partnern des Naturparks "Parc naturel régional des Ballons des Vosges" durchgeführt. Etwa alle zwei Jahre wird dieser grenzübergreifende Wettbewerb veranstaltet, die gemeinsame Jury kürt dann Wiesenmeisterinnen und Wiesenmeister im Südschwarzwald und in den Vogesen.