"Klimaschutz geht jeden etwas an"
ZISCH-INTERVIEW mit dem Schopfheimer Bürgermeister Dirk Harscher über die Zukunft der erneuerbaren Energien und Umweltschutz.
Bastian Bezzel, Klasse 4, Grundschule Gersbach (Schopfheim)
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Im Rahmen einer Projektwoche zum Thema Klimaschutz durfte die Familienklasse der Grundschule Gersbach den Bürgermeister der Stadt Schopfheim, Dirk Harscher, besuchen. Zisch-Reporter Bastian Bezzel stellte ihm für ein Interview ein paar kritische Fragen.
Harscher: Klimaschutz ist bei uns in der Stadt ein großes Thema, das sehr herausfordernd ist. Wir haben bei uns extra eine Person für Klimaschutz eingestellt. Wir schauen darauf, dass die Stadt die Anforderungen diesbezüglich erfüllt oder vielleicht ein bisschen mehr darüber hinaus. Es ist uns auch sehr wichtig, dass zum Beispiel mehr Photovoltaikanlagen auf die Dächer gemacht werden und dass weniger Fläche versiegelt wird, aber das ist sehr schwierig. Wir achten darauf, dass wir öfter mit Elektroautos fahren, hierfür stehen extra Autos bereit, die unsere Mitarbeiter nutzen können. Wir versuchen, viele Wege mit dem Fahrrad zurücklegen. Klimaschutz ist, glaube ich, das wichtigste Thema, das wir Menschen angehen müssen.
Zisch: Was können Sie noch für den Klimaschutz tun?
Harscher: Klimaschutz geht jeden Einzelnen etwas an. Jeder kann mitmachen. Wir müssen die Menschen motivieren, weniger Auto zu fahren, weniger zu fliegen, weniger Müll zu produzieren, einfache Wege auch zu Fuß zurückzulegen oder mit dem Fahrrad. Jeder Einzelne kann zum Klimaschutz beitragen. Ganz klar.
Zisch: Was ist Ihnen sonst noch wichtig?
Harscher: Mir ist sehr wichtig, dass die Stadt zukunftsfähig aufgestellt ist, dass die Menschen sich hier in Schopfheim wohl fühlen und gerne in Schopfheim und den Teilorten leben. Dass wir im Einklang mit der Natur leben und weniger Flächen versiegelt werden. Dass es hier gute Geschäfte und Betriebe gibt, in denen die Leute arbeiten können, eine gute Gastronomie und dass auch viele Leute von außerhalb gerne nach Schopfheim kommen.
Zisch: Wann werden in Gersbach neue Windräder gebaut?
Harscher: Ich glaube nicht, dass in Gersbach neue Windräder gebaut werden. Auf dem Rohrenkopf sind es fünf Stück, in Hasel weitere drei. Natürlich kann man nie sicher sein. Der Druck auf die Windkraft wächst, wir müssen mehr regenerative Energien aus Wind, Wasser und Sonne nutzen. Im Schwarzwald wird es daher sicher noch einige neue Windräder geben. In Gersbach geht es jetzt eher um Flächen, die man für Solaranlagen zur Verfügung stellen kann. Da muss natürlich berücksichtigt werden, dass solche großen Solaranlagen das Landschaftsbild und die Tiere stören können. Aber wir brauchen mehr Energie, die nicht aus Kohlekraft- oder Atomkraftwerken stammt.
Zisch: Falls doch noch neue Windräder gebaut werden, wo würden die dann hinkommen?
Harscher: Das kann ich nicht beantworten, die am besten geeigneten Stellen sind bereits bebaut. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass weitere Windräder nach Gersbach kommen. Wobei man – wie gesagt – nie sicher sein kann. Zurzeit sind andere Standorte für Windräder im Schwarzwald in Planung.
Zisch: Wie viel Natur wurde beim Bau der Windräder in Gersbach zerstört?
Harscher: Es mussten Zufahrten für die vielen Transportlastwagen geschaffen werden und große Fundamente gebaut werden. Viel Beton wurde verbaut. Natürlich ist ein Eingriff in die Natur da, aber ich hoffe, dass in zehn Jahren alles wieder soweit aufgeforstet ist. Der Wald wird kontinuierlich neu bepflanzt, auch nach Sturmschäden oder Käferschäden. Es wird darauf geachtet, dass der Wald intakt bleibt, denn der Wald ist für uns wichtig.
Zisch: Wie viel Energie wurde beim Bau der Windräder verbraucht?
Harscher: Bei der Herstellung der Windräder wird sehr viel Energie verbraucht, aber ich glaube, dass Windräder trotzdem eine positive Energiebilanz haben, also mehr Energie erzeugen, als für ihre Herstellung benötigt wurde. Ein Windrad produziert Strom für 2000 Haushalte, also geschätzt etwa 6000 Menschen im Jahr. Die Orte Schopfheim, Häg-Ehrsberg und Zell profitieren von dieser sauberen Energie.
Zisch: Wo kam die Energie her, die für die Herstellung der Windräder verbraucht wurde?
Harscher: Das kann ich nicht genau sagen, das kommt drauf an, wo die einzelnen Teile produziert wurden.
Zisch: Kommt die Energie für Gersbach jetzt zu 100 Prozent aus Windkraft?
Harscher: Die Energie, die in Gersbach produziert wird, übersteigt bei weitem den Energiebedarf der Gersbacher. Wo der Strom aus der Steckdose tatsächlich herkommt, kann man nie so genau sagen.
Zisch: Wäre in Gersbach auch Wasserkraft möglich?
Harscher: Für Wasserkraft sind die Bäche und Flüsse in Gersbach zu klein. Es muss permanent ein starker Wasserdurchlauf vorhanden sein. Wasserkraft ist an der Wiese oder am Rhein möglich. Es gibt auch das Problem, dass die Wasserkraft im Sommer, also von Juni bis August oder September, fast nicht genutzt werden kann, weil es dann zu wenig Wasser gibt wegen der Trockenheit. Deswegen müssen wir auch Sonnenenergie nutzen.
Zisch: Wenn Solaranlagen bei uns in Gersbach gebaut werden sollten, wo genau würden die Anlagen denn dann hinkommen?
Harscher: Wir versuchen, Standorte in Gersbach zu finden, an denen man solche großen Solaranlagen überhaupt aufstellen kann. Das ist eine große Fläche, die man auch weithin sieht. Ganz wichtig ist mir aber, dass die Bürger in Gersbach in diese Entscheidung eingebunden werden. Es soll in Gersbach nichts gemacht werden, das die Bürger in Gersbach nicht wollen. Solaranlagen sind eine tolle Sache, aber sie haben auch Nachteile. Zum Beispiel ihre Entsorgung. Aber auch bei allen Nachteilen sind die erneuerbaren Energien viel besser als die Atomkraft, deren Müll uns noch eine unfassbar lange Zeit beschäftigen wird, oder Kohlekraft, deren CO2-Ausstoß so sehr schädlich für das Klima ist.
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