Leserbrief: Wir sind keineswegs vorurteilsfrei

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UMFRAGE MORDFALL PAULO P.
Ein Leser schreibt zur Umfrage "Man denkt, so etwas passiert nur in Großstädten" vom 29. Oktober.
Der Tod von Paulo P., des Gastwirts des Restaurants La Piazzetta in Rheinfelden, sorgt weiter für Anteilnahme, Bestürzung und Schlagzeilen. So kommen in einer BZ-Ausgabe bei einer Umfrage in der Innenstadt zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aus Rheinfelden und der näheren Umgebung zu Wort. Eine vielfache Äußerung: Das hat man hier in unserem Städtchen nicht erwartet. Wirklich und berechtigt? Interessant sind die ganz unterschiedlichen Zusätze wie: "Gefragt habe ich mich aber auch, wie man so ein Verbrechen überhaupt begehen kann." "Für mich zeigt dieser Mord aber auch, wie krank unsere Gesellschaft ist." Oder: "Es macht mich traurig und es macht mir Angst, mit dieser zunehmenden Gewaltbereitschaft zu leben." Hier hätte der Satz enden dürfen, doch er lautete weiter, "die offenbar oft von ausländischen Mitbürgern ausgeht". Das schmerzt mich wie der Tod von Paulo P. selbst. Und ich krame in meinem bescheidenen Rheinfelden-Gedächtnis und erinnere mich an den Mai 2005. Wie vergesslich und keineswegs vorurteilsfrei sind wir doch. Damals tötete ein deutscher Familienvater ebenfalls in der Innenstadt seine somalische Frau, die beiden gemeinsamen Kinder, seine Eltern und sich selbst. Und es war nicht die einzige Mordtat, wie die Bewohner von Degerfelden wissen könnten. Im Internet lese ich: "Fast jeden Tag findet in Deutschland ein Femizid statt." Die Zahl der versuchten Femizide lag 2023 bei 938. Oder: "Alle vier Minuten erlebt eine Frau Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner." Gewalt in den eigenen vier Wänden wird in der öffentlichen Debatte viel zu häufig verschwiegen und als privates Schicksal abgetan. Das heißt, nicht nur in Großstädten und nicht durch ausländische Mitbürger. Was jedoch sicher ist, der mutmaßliche Mörder von Paulo P. wird durch ein Gericht verurteilt, und wir werden vielleicht erfahren, was ihn zu dieser Straftat veranlasst hat.
Werner Ross, Rheinfelden
Schlagworte: Paulo P., Werner Ross
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