Wahlkampf

Merkel in Freiburg: Flüchtlingsfrage bleibt Thema Nummer 1

Ein Posaunenengel für die Kanzlerin: Beim Wahlkampfauftritt im Freiburger Konzerthaus wirbt Angela Merkel für Guido Wolf – und auch für sich selbst. Ein Rückblick von Thomas Fricker.  

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„Engel kann man in diesen Tagen ganz besonders gut brauchen“: Klaus Schüle und sein Geschenk an die Kanzlerin. Foto: dpa
Gut, dass es neuerdings auf Wahlkampfveranstaltungen fast immer eine Moderatorin oder einen Moderator gibt. "Da halten wir jetzt einfach die Spannung und freuen uns", empfiehlt die junge Dame, die das Publikum im Freiburger Konzerthaus bis zum Auftritt von Angela Merkel bei Laune halten soll. Und fürwahr; weil Minuten später die Kanzlerin in echt in den Saal spaziert, flankiert von jungen Leuten in orangefarbenen Team-Wolf-Westen und umrahmt vom Klang des Badnerliedes, funktioniert das mit der Spannung und dem Freuen im Publikum ziemlich gut, wenigstens bei den meisten. Braver Beifall begleitet Angela Merkel bis zur Bühne.

Wolf dokumentiert Unterstützung für Merkel

Bis die Kanzlerin allerdings zu reden anfängt, dauert es ein Weilchen. Erst einmal darf Guido Wolf, CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, sein Grußwort loswerden. In der Stadt von "Münster, Bächle und Wein" ist es ihm erkennbar ein Anliegen, seine Unterstützung für Merkel zu dokumentieren. In der Flüchtlingspolitik, jenem derzeit alle landespolitischen Fragen überwölbenden Thema, gehe die Kanzlerin "einen schwierigen Weg", stellt Wolf fest. Aber wer anders als Angela Merkel, jener "Fels in der Brandung", wäre in der Lage, den Pfad hin zu einer europäischen Lösung erfolgreich zu gehen? Wolfs Frage ist rhetorisch. In den vergangen Tagen war zu besichtigen, für was für einen stabilen Felsen Wolf die Kanzlerin hält: einen, dem man getrost mal einen Hieb versetzen kann. Oder hilfsweise eine Erklärung, in der man die Einführung von Tageskontingenten für Flüchtlinge fordert, was Merkels Streben nach einer solidarischen EU-Lösung widerspricht.

Wolfs unscharfe Position in der Flüchtlingspolitik, sein Lavieren zwischen Merkel und Hardliner Horst Seehofer, ist durchaus Thema am Rand der Veranstaltung. So wie draußen auf dem zugigen Vorplatz ausgerechnet Anhänger der miteinander verkrachten Ex-Parteifreunde von Alfa und AfD Seit’ an Seit’ gegen die Kanzlerin protestieren und dagegen wiederum ein paar hundert stramm linke Antifaschisten auf die Straße gehen, wird auch im Saal munter diskutiert.

Die Flüchtlingsfrage bleibt Thema Nummer 1

Der Freiburger Lokalmatador und Landtagskandidat Klaus Schüle zeigt jedem, der es sehen will, seinen persönlichen Flyer, der auch ein Foto Schüles mit Angela Merkel enthält. Er habe immer zu ihr gestanden, auch in unruhigen Zeiten. Andere Mandatsträger treibt die Furcht um, dass Wolfs zeitweilige Absetzmanöver einige potenzielle CDU-Wähler ins Lager des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann treiben könnte. Noch überwiegt nach außen der Optimismus. "Am Ende liegen wir vor den Grünen", gibt sich CDU-Sozialexperte Peter Weiß überzeugt.

Vor den Grünen – oder womöglich am 13. März doch dahinter? Das ist inzwischen zur Schlüsselfrage für die CDU in diesem Wahlkampf geworden. Dahinter, das wäre für die Christdemokraten der Gau. Der Wahlsieg von Grün-Rot 2011 schrumpfte dagegen zum nicht meldepflichtigen Störfall. Damit der größte anzunehmende Unfall nicht eintritt, nehmen die Christdemokraten nun ganz gezielt die Grünen und auch Kretschmann ins Visier – und Angela Merkel folgt tapfer. Die Kanzlerin ist Parteipolitikerin genug, um zu wissen, wann Wahlkampf gefragt ist.

Eine Rede im Sinne des Landesverbandes

"Ich freue mich über jede Unterstützung", sagt sie – und meint den grünen Landesvater, der eigener Aussage zufolge täglich für Angela Merkel betet. Aber "wer mich und meine Flüchtlingspolitik wirklich unterstützen möchte, der soll CDU wählen und nichts anderes", setzt sie hinzu. Ansonsten referiert sie routiniert, was ihr offenbar der christdemokratische Landesverband aufgetragen hat: Sie geißelt ein wenig das Bildungssystem im Südwesten und bedauert, dass unter der amtierenden Regierung der Leistungsgedanke nicht mehr en vogue sei. Sie beklagt, dass dank größerer Technik- und Innovationsbegeisterung eines Tages anderswo auf der Welt die besseren Autos und Maschinen gebaut werden könnten und dass – damit ist sie bei der Migrationskrise – bei der Debatte um die Ausweisung zusätzlicher sicherer Herkunftsländer Grüne und SPD oft gebremst und verschleppt hätten.

"Engel kann man in diesen Tagen ganz besonders gut brauchen." Angela Merkel
Es ist das Maximum an Beistand, das Merkel dem um seine Machtoption im Land ringenden Wolf zu geben bereit ist. Wenn es um die großen Linien geht, bleibt sie auf Kurs. Unbeirrt, wie es aussieht. Merkel beschwört die Größe der Herausforderung, räumt ein, nicht einmal selbst über jeden einzelnen Schritt hin zu einer Lösung schon Bescheid zu wissen, und erinnert dann an die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und an die Wiedervereinigung Deutschlands. Damals habe man auch nicht vorschnell den Mut verloren. Ebenso dürfe man jetzt nicht den Glauben daran verlieren, dass Deutschland und Europa am Ende sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen könnten. Spricht’s und erntet stehend Applaus.

Anschließend werden die obligatorischen Erinnerungsfotos geknipst. CDU-Landeschef Thomas Strobl bringt ebenfalls ein paar Wahlkampfslogans an Mann und Frau. Schließlich überreicht Schüle noch das Gastgeschenk: die Nachbildung eines Freiburger Posaunenengels. "Engel kann man in diesen Tagen ganz besonders gut brauchen", sagt er zur Kanzlerin.

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