Reden statt schießen

BZ-INTERVIEW mit dem Politikwissenschaftler Jürgen Rüland darüber, wie aus Streit ein Krieg wird.  

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Jürgen Rüland Foto: bz
Krieg ist immer schrecklich. Das hält so manche Politiker aber nicht davon ab, einen Krieg anzuzetteln. Noch dazu im eigenen Land. Jürgen Rüland ist Professor für Politikwissenschaft in Freiburg. Im Gespräch mit Stephanie Streif erklärt er, warum es in vielen Ländern zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommt.

BZ: Niemand will Krieg. Und trotzdem gibt es ihn. Warum?
Rüland: Bei Konflikten zwischen zwei Staaten fehlt häufig das Vertrauen. Rüstet ein Staat militärisch auf – kauft also viele Waffen und vergrößert seine Armee –, fühlt sich der Nachbarstaat schnell bedroht und macht dasselbe. Die Spannungen nehmen zu. Aus Misstrauen wird schnell Gewalt, und auf Gewalt folgt oft Gegengewalt. Diese Spirale mündet leicht in einen Krieg.
BZ: Und wie entstehen Kriege innerhalb eines Landes?
Rüland: Bei diesen Kriegen setzen sich häufig Bevölkerungsgruppen zur Wehr, die sich ungerecht behandelt fühlen, etwa weil sie einer anderen Religion angehören. Kriegerische Konflikte können aber auch aus Gier entstehen, wenn sich lokale Machthaber, die über einen kleineren Teil des Landes herrschen, bereichern wollen, zum Beispiel an Rohstoffen wie Öl.
BZ: Und gibt es mehr zwischen- oder innerstaatliche Kriege?
Rüland: Rund 90 Prozent, also fast alle Kriege, finden innerhalb eines Staats statt. Zwischenstaatliche Kriege sind seit dem Zweiten Weltkrieg zum Glück selten geworden.
BZ: Wie kann ein Staatschef überhaupt wollen, dass es in seinem Land Krieg gibt?
Rüland: Häufig wollen solche Staatschefs über Probleme nicht verhandeln, denn dann müssten sie ja ihrem Verhandlungspartner Zugeständnisse machen – ihm zum Beispiel in einer Sache recht geben oder Macht mit ihm teilen. Das interessiert solche Herrscher aber nicht. Sie wollen die Macht für sich alleine.
BZ: Kann es in Deutschland auch zu einem Krieg kommen?
Rüland: Nein. Das kann ich mir derzeit nicht vorstellen. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich in Deutschland eine politische Kultur – eine allgemeine Einstellung – herausgebildet, die tragfähig genug ist, um Massengewalt und Krieg zu verhindern.
BZ: Gibt es ein Rezept gegen Krieg?
Rüland: Verhandeln statt schießen. Auch wenn zurzeit gerne mal gegen internationale Organisationen wie die Europäische Union oder die Vereinten Nationen angeredet wird, sind sie sehr, sehr wichtig, gerade um Streit zwischen Staaten vorzubeugen und im Konfliktfall zwischen ihnen zu vermitteln.

BZ: Deutschland verkauft auch Waffen in andere Länder. Trägt es dann nicht auch eine Mitschuld an Kriegen?
Rüland: Es gibt Kontrollen, um deutsche Waffenlieferungen in Krisengebiete zu verhindern. Trotzdem passiert es. Und sind die Waffen erst einmal dort, hat man keine Kontrolle mehr darüber, was mit ihnen geschieht. Auf den Handel mit Waffen zu verzichten, wäre ein wichtiger Schritt in Richtung eines friedlicheren Miteinanders.
BZ: Was können wir alle für eine friedlichere Welt tun?
Rüland: Kriege sind Ausdruck großer menschlicher Aggressivität. Ihr muss man frühstmöglich Grenzen setzen, etwa beim Mobbing in der Schule. Auch fremden Menschen gegenüber begegnen wir oft mit Misstrauen. Vertrauen lässt sich am besten aufbauen, indem man auf diese Menschen zugeht.

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