Schicksale vom 9. November
Am Gedenkabend zur Pogromnacht wurde in der Synagoge an die Opfer erinnert und ein Porträt Gertrud Luckners enthüllt.
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Sie ist eines der – wenigen – Beispiele dafür, dass es außer Mitmachen und Wegschauen im Nationalsozialismus andere Wege gab: Gertrud Luckner, christliche Widerstandskämpferin in Freiburg, starb 1995 kurz vor ihrem 95. Geburtstag. Seit Sonntagabend hängt im Untergeschoss der Synagoge ein Porträt aus Kupfer von Miron Lvov-Brodsky. Zum Gedenken an die Pogromnacht erinnerte die Jüdische Gemeinde auch an diejenigen, die am 9. November 1938 ins KZ Dachau deportiert wurden. Die Stolperstein-Initiatorin Marlis Meckel stellte Freiburger Schicksale vor.
Dazu gehört für Michael Moos, den Stadtrat der Linken Liste, der als Vertreter der Stadtverwaltung zur Porträt-Einweihung kam, in der Gegenwart nicht wegzuschauen – zum Beispiel, wenn unzählige Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken.
Und was ist mit den vielen namenlosen Opfern von damals? Rund 137 jüdische Männer aus Freiburg und der Umgebung wurden nach der Pogromnacht vor 76 Jahren ins KZ Dachau deportiert, bilanziert Marlis Meckel – für einige von ihnen wurden bereits Stolpersteine verlegt, andere folgen noch. Dramatische Schicksale: Zum Beispiel das von Emil Homburger, der mit seiner christlichen Frau Albertine in der Goethestraße 14 lebte und ein erfolgreicher Anwalt war, bis er seine Kanzlei 1933 schließen musste.
Er war unter denen, die in der Nacht vom 9. zum 10. November verhaftet und dann nach Dachau gebracht wurden. Fünf Wochen musste er bleiben. Davor und danach hat er mit Gertrud Luckner zusammengearbeitet – die in der Pogromnacht zu jüdischen Bürgern radelte, um sie zu warnen. Nach der Verhaftung von Gertrud Luckner, die 1943 ins KZ Ravensbrück deportiert wurde, kam Emil Homburger ins KZ Auschwitz, später nach Buchenwald. Dort wurde er noch zwei Tage vor der Befreiung im April 1945 gesehen – danach blieb er verschwunden.
Auch Hans Ludwig Pollok, der mit seiner Frau Alice in der heutigen Günterstalstraße 32 lebte, wurde in der Pogromnacht nach Dachau verschleppt. Er war Arzt, seine Eltern gehörten zu den ersten jüdischen Familien, die sich nach der Liberalisierung in Freiburg niedergelassen hatten. Er war in mehreren Vereinen aktiv, auch in der "Großen Karnevalsgesellschaft"c, die ihn 1933 zum Rücktritt zwang. Hans Ludwig Pollok musste bis Dezember 1938 in Dachau bleiben, er erkrankte an Tuberkulose und erholte sich nach seiner Freilassung nicht mehr. Er starb am 10. März 1939 im Alter von 66 Jahren in Freiburg, seiner Frau gelang die Flucht zu den Söhnen in die USA.
Zu denen, die nach der Pogromnacht nicht aus Dachau zurückkehrten, gehört Julius Friedberg: Er war Besitzer der Herder-Apotheke in der Zähringerstraße 37 und lebte in der Friedrichstraße 47. Seine Apotheke musste er 1936 verkaufen. Am 24. Dezember 1938 wurde er in Dachau ermordet – 63 Jahre alt. Seine Tochter Hanna konnte nach Palästina fliehen, später lebte sie in England und Australien.
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