Reichsbürger im Südwesten

So läuft der Kampf gegen das "Königreich Deutschland" in Baden-Württemberg

Das bundesweite Vorgehen gegen Gruppen von Reichsbürgern und Selbstverwaltern hat auch Einsatzkräfte im Südwesten auf den Plan gerufen. Im Landkreis Schwäbisch Hall ist ein Haus durchsucht worden.  

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Polizeibeamte durchsuchen nach dem Ver..." ein Haus im thüringischen Gera.  | Foto: Bodo Schackow (dpa)
Polizeibeamte durchsuchen nach dem Verbot der Gruppe "Königreich Deutschland" ein Haus im thüringischen Gera. Foto: Bodo Schackow (dpa) 

Nach dem Verbot der Gruppe "Königreich Deutschland" (KRD) wurde laut Innenministerium ein Wohngebäude einer Führungsperson des Vereins im Regierungsbezirk Stuttgart durchsucht. "Das zeigt, wir sind eine wehrhafte Demokratie", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart. Nach dpa-Informationen ging es um ein Haus in der 6200-Einwohner-Gemeinde Mainhardt im Landkreis Schwäbisch Hall. Beweismittel seien dort sichergestellt und die Verbotsverfügung übergeben worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Eine zweistellige Anzahl an Polizeikräften sei vor Ort im Einsatz gewesen. Zu den Bewohnern des durchsuchten Gebäudes machten die Behörden keine genaueren Angaben. Festgenommen worden sei aber niemand, so der Sprecher.

Die Durchsuchung war Teil einer großangelegten Aktion in mehreren Bundesländern. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte am Morgen das Verbot der Gruppierung bekanntgegeben. Vier mutmaßliche Köpfe des Vereins "Königreich Deutschland" wurden festgenommen, zwei sitzen bereits in Untersuchungshaft – der festgenommene Gründer der Gruppe, Peter Fitzek, sollte am Dienstag noch den Ermittlungsrichtern vorgeführt werden. Die Gruppierung hat nach eigenen Angaben bundesweit etwa 6000 Anhänger. Die Sicherheitsbehörden gehen allerdings von lediglich rund 1000 Anhängern aus.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums durchsuchten Polizisten ab den frühen Morgenstunden von dem Verein genutzte Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. "Den Feinden unseres Rechtsstaats treten wir entschlossen entgegen", sagte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU). Auch SPD und FDP begrüßten den Schritt.

Dreistellige Zahl an Unterstützern in Baden-Württemberg

"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Viele von ihnen behaupten, das historische Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sie lehnen demokratische und rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament, Gesetze oder Gerichte ab. Steuern, Sozialabgaben oder Bußgelder wollen sie nicht zahlen. Die Szene besteht aus vielen, meist kleineren Gruppierungen. Das "Königreich Deutschland" gilt derzeit als mitgliederstärkste Vereinigung aus dem Spektrum der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter.

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Ein "Reichsbürger"-Aktivist mit "Königreich Deutschland"-Hemd Foto: Henrik Schmidt (dpa) 

"Das Ziel dieser Vereinigung ist es, einen sogenannten Gegenstaat zu gründen und sich von der Bundesrepublik Deutschland abzuspalten", sagte Dobrindt. Es handele sich bei den Mitgliedern der Vereinigung keineswegs um "harmlose Nostalgiker", sondern um kriminelle Strukturen.

Der Verfassungsschutz Baden-Württemberg bezeichnete das KRD in seinem Bericht 2023 als die zwischenzeitlich bedeutendste Gruppierung des "Selbstverwalter"-Milieus im Land. Man gehe derzeit von einer dreistelligen Zahl an Unterstützern in Baden-Württemberg aus. Demnach verfolge der Verein "langfristig die Ersetzung der rechtsstaatlichen Ordnung durch eine eigene, fiktive Struktur", wie das Innenministerium schrieb.

Das KRD sei äußerst aktiv darin, sein "Staatsgebiet" weiter auszubauen. Der Bericht verwies auf den Erwerb eines weiteren Grundstücks in Sachsen. Allerdings: "Bislang ist in Baden-Württemberg noch kein erfolgreicher Immobilienerwerb durch die Gruppierung bekannt geworden." Die Anhängerschaft organisiert sich demnach in Regionalgruppen, unter anderem im Raum Stuttgart, Heilbronn/Schwäbisch-Hall, Ulm, Freiburg/Südbaden und Bodensee. Es hätten zahlreiche Vortragsveranstaltungen stattgefunden.

KRD Identitätskarte statt des Personalausweises

Über ganz Baden-Württemberg verteilt bekennen sich demnach rund 20 kleinere und mittelständische Unternehmen, vom Malerbetrieb bis zum Bestattungsunternehmen, offen dazu, "Betriebe im KRD" zu sein. Aushängen vor Ort oder dem jeweiligen Impressum der Firmeninternetseite sei zu entnehmen, dass jeder Kunde des Unternehmens "für die Dauer der Geschäftsbeziehung temporäres Mitglied des KRD" werde, schrieb der Verfassungsschutz. Die Geschäfte im KRD sind nach Behauptung der Gruppe – anders als in der Bundesrepublik – steuerfrei.

Laut Verfassungsschutz hatten sich im Jahr 2023 mehrfach KRD-Mitglieder mit ihrer "KRD Identitätskarte" statt des Personalausweises ausgewiesen. Dies mache deutlich, dass die Anhänger der Gruppierung davon ausgingen, sich in einem eigenen, unabhängigen Rechtskreis zu bewegen, in dem die Normen der Bundesrepublik keine Gültigkeit besäßen, hieß es im Verfassungsschutzbericht.

Schlagworte: Alexander Dobrindt, Thomas Strobl, Peter Fitzek

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