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Gastbeitrag

Wolfgang Schäuble: Gerade im Lokalen hält Journalismus die Demokratie im Alltag lebendig

Wolfgang Schäuble

Von Wolfgang Schäuble

Mi, 06. November 2019 um 08:00 Uhr

Südwest

In einer funktionierenden Demokratie brauchen Medien und Politik einander. Sie stehen in einem symbiotischen Spannungsverhältnis. Qualitätsmedien machen Politik greifbar und begreifbar.

Wolfgang Schäuble  | Foto: Michael Bamberger
Wolfgang Schäuble Foto: Michael Bamberger
"Mit kleinen Jungen und Journalisten muss man vorsichtig sein, die schmeißen immer noch einen Stein hinterher", warnte einst Bundeskanzler Konrad Adenauer. Er wusste um die Tücken im Miteinander von Politik und Medien – wie um den Wert der Pressefreiheit.

In einer funktionierenden Demokratie brauchen Medien und Politik einander. Sie stehen in einem symbiotischen Spannungsverhältnis, das einerseits von struktureller Nähe, andererseits von professioneller Distanz lebt.

Demokratische Politik ist abhängig von öffentlicher Zustimmung und muss sich gegenüber der Allgemeinheit erklären. Nach wie vor spielen die Massenmedien dabei eine Schlüsselrolle: Ein Großteil der Menschen informiert sich über politische Themen und das Tagesgeschehen durch Fernsehen, Zeitung und die dazugehörigen journalistischen Internetangebote. Journalisten bilden ein wichtiges Scharnier zwischen Politik und Bürgern. Sie spiegeln die Vielfalt der politischen Argumente wider, erläutern politische Prozesse und kommentieren die am Ende der Debatten getroffenen Entscheidungen.
Wolfgang Schäuble (77), geboren in Freiburg, ist seit 2017 Präsident des Deutschen Bundestages. Vor 2017 gehörte Schäuble der Bundesregierung an und war unter anderem Innen- und Finanzminister.

Parlamentarische Redefreiheit und Pressefreiheit sind und bleiben tragende Säulen unserer freiheitlichen Demokratie. In diesem Jahr feiern wir 70 Jahre Grundgesetz. Dessen Mütter und Väter haben aus den Fehlern gelernt, die den ersten demokratischen Anlauf scheitern ließen, der vor einem Jahrhundert in Weimar seinen Anfang nahm und folgenschwer endete.

Den Freiheitsrechten fehlte es in der Weimarer Republik an Akzeptanz in der Bevölkerung. Ein Manko, das sich die Kritiker der Republik zunutze machten: Sie verunglimpften Reichstagsabgeordnete und Journalisten als Nutznießer der missliebigen neuen Ordnung, machten sie pauschal für Fehlentwicklungen und Instabilität verantwortlich, brandmarkten sie als unfähig und verlogen. Die Saat der Republikverächter ging auf: Der Pluralismus in Weimar erodierte. Und am Ende verschwanden Freiheit und Demokratie aus Deutschland – zusammen mit dem Rechtsstaat, der Kultur und der Humanität.
Die Kampagne der Tageszeitungen: Journalismus zeigt Gesicht

Berlin ist nicht Weimar. Darauf weisen uns die Historiker allenthalben hin. Zu Recht. Dennoch – den Medien wird auch heute wieder Wahrheitsverdrehung unterstellt. Von einer Gegenöffentlichkeit, die Meinungen und Fakten vermischt und ihre eigenen Wahrheiten absolut setzt, um sie in den Echokammern der sozialen Medien lautstark widerhallen zu lassen.

Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sagt: "Vernetzung heißt Verstörung." Im Netz herrscht ein ungleicher und ungezügelter Wettbewerb um Aufmerksamkeit. Journalistisch aufbereitete Information, unreflektierte, oberflächliche Wortmeldungen und gezielte Desinformation konkurrieren miteinander – formen ein Vexierbild von Wahrheiten, Halbwahrheiten, Unwahrheiten.

Die Demokratie steht unter Druck, auch wegen unserer Art, Politik zu vermitteln

Klare Perspektiven zu schaffen und das Vertrauen in die Berichterstattung zu sichern, stellen hohe Anforderungen an das handwerkliche Können und die Integrität der Journalisten. Filtern und einordnen dessen, was geschieht, wird wichtiger. Die saubere Trennung von Bericht und Kommentar. Der Beitrag der Politik muss darin bestehen, unterscheidbare Alternativen zu formulieren, Verfahren und Entscheidungen gewissenhaft zu erklären.

Die Demokratie steht unter Druck, auch wegen unserer Art, Politik zu vermitteln. Nicht nur die Diskussionskultur im Netz macht deutlich: An einer Steigerung der Erregung besteht kein Bedarf. Pörksen fordert angesichts der "großen Gereiztheit" im Netz eine neue Kommunikationsethik. Die können nur wir selbst uns verordnen.

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Allen Unkenrufen zum Trotz trägt der Qualitätsjournalismus schon jetzt viel dazu bei, Politik auf allen Ebenen greifbar und begreifbar zu machen. Mit Sorgfalt, Neugier und unter Wahrung hoher journalistischer Standards. Und gerade der Lokaljournalismus genießt in der Bevölkerung überdurchschnittlich hohes Vertrauen.

Wo der direkte Draht zum Menschen besteht, wo man sich im alltäglichen Miteinander ein eigenes Bild machen kann, wächst Glaubwürdigkeit. Wer über das politische Geschehen vor Ort berichtet, leistet einen nicht geringen Beitrag dazu, die Demokratie im Alltag lebendig zu halten.
Journalismus zeigt Gesicht – auch in den Sozialen Medien

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