Kirchstraße
Warum ein Graffiti-Künstler ein Haus in der Wiehre nicht fertig besprühen darf

Aus einer tristen Hausfassade sollte ein Kunstwerk entstehen. Nun soll es überstrichen werden. Anwohner sind empört.
In der Wiehre sollte aus einer tristen Hausfassade ein Kunstwerk aus Graffiti entstehen. Zwei Tage noch, dann wäre das Wandbild fertig gewesen. Doch daraus wird nun erst mal nichts: Das Graffito muss wieder entfernt werden – aus Denkmalschutzgründen.
Hier an der Ecke zur Konradstraße entstand in den vergangenen zwei Wochen ein riesiges Gemälde – eine ganze Hausfassade strahlt vor grünen, blauen, weißen Graffiti-Motiven. Ein wahrer Blumenteppich mit Wildtieren, Blüten, Farnen und darüber ein strahlend blauer Himmel.
Doch diesen Anblick wird es nicht mehr lange geben: Das Graffito muss entfernt und die Hauswand neu übermalt werden. Verantwortlich dafür sei eine Entscheidung des Baurechtsamts, erzählt Brane entnervt. Das Amt habe diese Anweisung mit dem Denkmalschutz begründet, unter dem das Haus teilweise stehe. Eigentlicher Auslöser aber sei ein anonymer Einspruch eines Anwohners gewesen, der zuvor beim Amt eingegangen sei. Die Pressestelle der Stadtverwaltung kannte den Fall am Dienstag nicht und wollte dem nachgehen.
Der Graffiti-Künstler jedenfalls musste seine Arbeit unverzüglich einstellen. Das Graffito soll noch in den nächsten Tagen übertüncht werden – mit einer vom Baurechtsamt gewählten Farbe, wie Brane sagt. Der Künstler kann die Entscheidung nicht nachvollziehen: "Alle haben sich drauf gefreut. Es geht doch darum, unser Stadtbild zeitgemäß zu gestalten", meint er. Denkmalschutz habe in den letzten 15 Jahren niemanden interessiert, als das Haus, von Schmierereien verunstaltet, "total traurig ausgesehen" habe.
Auch viele Anwohner sind entsetzt. Vor dem Baugerüst an der Kirchstraße versammelten sich am Dienstag etliche Leute, lasen die Botschaft des Künstlers ("Danke an den Besitzer für den künstlerischen Mut, die Straße zu verschönern") und diskutierten erregt. Klaus Rückauer möchte eine Unterschriftensammlung organisieren: "Es ist eine Katastrophe", sagt er und verweist wie Brane auf die Vergangenheit: Das Haus sei "nur noch hässlich" gewesen, er habe sich gefreut, "dass hier Farbe reinkommt".
Zahlreiche Nachbarn befürchten nun, dass die Schmierereien von vorne beginnen könnten. Anwohner Thomas Niehaus fühlt sich durch den Abbruch des Verschönerungsprojekts betrogen: "Nur wegen eines Einzigen hier werden jetzt alle enttäuscht."