Mit Gewinn leben

Wenn der Bankberater am Bedarf vorbei berät

Niels Nauhauser

Von Niels Nauhauser

Sa, 18. März 2023 um 14:30 Uhr

Wirtschaft

Eine 72-jährige Bankkundin wollte ihr Geld so anlegen, dass es zinssicher und jederzeit verfügbar ist. Der Bankberater empfahl ihr eine Rentenversicherung. Wurde sie falsch beraten?

Frau F. hatte sich entschieden, ihr Depot bei der örtlichen Bank mit verschiedenen Fonds wegen der hohen Wertschwankungen aufzulösen. Sie wollte stattdessen eine zinssichere und jederzeit verfügbare Geldanlage – etwa ein Sparbuch, Tagesgeld oder Festgeld. Im Glauben, ihr Bankberater würde ihr eine bedarfsgerechte Anlage empfehlen, schloss sie den angebotenen Vertrag ab. Als sich ihre Tochter die umfangreichen Vertragsunterlagen später ansah, kam der Verdacht auf, dass die Mutter falsch beraten worden war. Bei einem Termin mit der Verbraucherzentrale stellte sich heraus, dass Frau F. eine private Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag über 10.000 Euro verkauft worden war. Um wenigstens ihre Einzahlung zurückzubekommen, hätte Frau F. 98 Jahre werden müssen. Eine vorzeitige Verfügung wäre nur unter Inkaufnahme von Verlusten möglich gewesen.
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Aus Sicht der Verbraucherzentrale ist das ein klarer Fall von nicht-bedarfsgerechter Beratung. Der Vorwurf: Der Bankberater hatte die Versicherung nur wegen der Abschlussprovision von 400 Euro empfohlen, bei einer Zinsanlage wäre keine Provision geflossen. Die Beratung war fehlerhaft, weil Frau F. eine kurzfristig verfügbare sichere Zinsanlage wollte und keinen Bedarf an einer zusätzlichen Rente hatte. Unterstützt mit guten Argumenten seitens der Verbraucherzentrale beschwerte sich Frau F. bei ihrem Berater. Die Bank lenkte ein und bot die Rückabwicklung des Vertrags an.

Niels Nauhauser leitet die Abteilung Altersvorsorge, Banken, Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Telefon 0711/669110; E-Mail: [email protected]; Internet: http://www.vz-bawue.de