Wer bietet das WLAN für alle?

Die Werbefirma Wall AG soll für freies WLAN in der Innenstadt sorgen – Internet-Aktivisten halten das für keine gute Idee.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Die Stadt Freiburg hat sich entschieden: Für freien W-LAN-Zugang in der Innenstadt soll die Berliner Wall AG sorgen. Das Kerngeschäft der Firma ist zwar Werbung – in Vitrinen, an Plakatsäulen und anderen so genannten Stadtmöbeln. Aber um die Werberechte in der Stadt für weitere zehn Jahre zu bekommen, hat sich das Unternehmen verpflichtet, künftig auch WLANanzubieten.

An 17 Standorten sollen Router in die Werbesäulen eingebaut werden und die Umgebung mit freiem Netz ausleuchten. 14 sollen noch in diesem Jahr losfunken, drei weitere sollen 2016 folgen, so Michael Wehran, Wall-Sprecher in Berlin. Die genauen Standorte müssten noch mit der Stadt abgesprochen werden. Volumen- und zeitmäßig soll das neue W-LAN-Netz nicht beschränkt sein, Nutzer müssen sich einmalig registrieren.

"Im Gemeinderat gab es immer wieder die Forderung nach freiem WLANin der Innenstadt", sagt Edith Lamersdorf, Pressesprecherin der Stadt Freiburg. Das Baurechtsamt, das für Stadtwerbung zuständig ist, habe vorgeschlagen, dieses Ziel in die Ausschreibung für Stadtwerbung zu integrieren. Die Wall AG war für dieses kombinierte Los der einzige Bewerber – und hat den Zuschlag bekommen. Für die Stadt ist die Lösung bequem und billig: Nicht sie zahlt für die Internet-Infrastruktur, sondern ein externer Anbieter. Man vertraue darauf, dass Wall seiner Aufgabe nachkomme, so Lamersdorf.

Dabei sind die Erfahrungen mit dem Internet von Wall durchwachsen. In Düsseldorf, wo die Firma ebenfalls für freies WLAN sorgen soll, sind erst 32 der 50 geplanten Anlagen in Betrieb.

"Wir gehen nicht mehr

aktiv auf neue Träger zu."

Patrik Schaub, "fr-wlan"
Schuld sei der Provider, der noch kein Kabel zu den "Bluespots" verlegt habe, so der Sprecher der Firma. Auch in Freiburg müssen Kabel gelegt werden. Zudem funktionieren die 14 "Multifunktionssäulen" der Wall AG in Freiburg nicht zuverlässig. Sie sollen schon jetzt Passanten ins Netz bringen, allerdings nicht über W-LAN. Die Bildschirme sind aber häufig schwarz oder zeigen Störungsmeldungen. Laut dem Unternehmen liegt das an Aufrüstungsarbeiten an sieben Anlagen.

"Ich halte es für keine gute Idee, Internet mit Werbung zu verknüpfen", sagt Birger Brunswiek. Der 35-jährige Informatiker hat im Frühjahr 2014 die Freifunk-Initiative in Freiburg mitgegründet. Gemeinsam wollen die Internet-Aktivisten ein WLAN-Netz in Bürgerhand aufbauen, das unabhängig von kommerziellen Anbietern funktioniert.

Das Prinzip ist einfach: Die Freifunker stellen speziell programmierte Router auf, die sich untereinander verknüpfen – eine Art Intranet für Freiburg. Auf den Treffen der Gruppe sind sie für 20 Euro pro Stück erhältlich. Weil manche Aktivisten zusätzlich ihren klassischen Internetzugang mit den anderen teilen, bietet das Netz auch Zugang zum Web. Jeder, der sich in Reichweite eines Freifunk-Routers befindet, kann darüber ins Internet gehen – ohne Registrierung. Die Daten werden verschlüsselt ins Ausland geschickt und dort ins Internet eingespeist. Dieser Umweg ist nötig, um die Störerhaftung zu umgehen und Abmahnungen zu vermeiden (siehe Kasten).

Bei der Zusammenarbeit mit der Wall AG sieht Brunswiek Interessenskonflikte: Analysieren zu können, wie viele Leute sich vor welcher Werbefläche eingeloggt haben, sei ein "gefundenes Fressen" für Werbetreibende. "Und es ist nicht realistisch, dass durch die aktuellen Pläne ein flächendeckendes Netz aufgebaut werden kann." Aber auch die Freifunk-Router sind bislang dünn gesät. Man braucht Glück, um in der Stadt einen solchen Router zu finden. Das Netz wachse aber. "72 Router sind schon online", sagt Brunswiek, allein im Januar hätten sich 20 neue Knoten eingeklinkt. Neben Freifunkern, Cafés und Hotels bringt auch die Firma "fr-wlan" Menschen in Freiburg gratis ins Internet. Sie betreibt Netze auf dem Rathausplatz, am Historischen Kaufhaus und in der Schwarzwaldcity; die Kosten tragen die FWTM und das Hotel am Rathaus. Weiter ausbauen will die Firma ihr Angebot nicht. "Im Kontext der Bemühungen der Stadt setzen wir keinen Fokus mehr darauf", sagt Geschäftsführer Patrik Schaub. "Wir gehen nicht mehr aktiv auf neue Träger zu."

Wie gut das WLAN-Netz in der Innenstadt sein wird, hängt also von der Wall AG ab – und davon, wie viele Leute bei Freifunk mitmachen.

Die Störerhaftung

Wer in Deutschland seinen Internetanschluss öffentlich zugänglich macht, riskiert teure Abmahnungen. Denn es gilt das Prinzip der Störerhaftung. Dieses besagt, dass der Anschlussinhaber zur Verantwortung gezogen wird, sobald jemand über seinen Internetzugang Urheberrechtsverletzungen begeht, also etwa illegal Filme herunterlädt. Dafür zahlen muss der Anschlussinhaber – selbst wenn er selbst nichts Gesetzeswidriges im Netz unternommen hat. Das hält viele davon ab, ihren Router öffentlich zugänglich zu machen. "In Deutschland ist dieses Feld besonders streng geregelt", sagt Andreas Reichhardt, Anwalt für Internetrecht. Noch sei nicht höchstrichterlich entschieden, ob Cafés und Hotels von der Störerhaftung ausgenommen sind. Zur Sicherheit fordern die meisten eine Registrierung. Privatleute sollten sich von Internet-Mitbenutzern bestätigen lassen, dass sie nichts Illegales im Web vorhaben, und den WLAN-Zugang mit Passwort schützen.

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel