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Jugendamt Freiburg

Wie wird man eigentlich zu Pflegeeltern?

Martina Philipp
  • Di, 26. Oktober 2021, 16:51 Uhr
    Liebe & Familie

Das Freiburger Jugendamt betreut 140 Pflegefamilien, doch die reichen nicht aus. Warum der Bedarf groß ist und wer sich eignet, erklärt die zuständige Sachgebietsleiterin Ingrid Raiser-Stock.

140 Pflegefamilien gibt es derzeit in Freiburg. Foto: Carsten Rehder
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BZ: Frau Raiser-Stock, Sie suchen mitunter händeringend nach neuen Pflegefamilien. Wieso ist das so schwierig?

Raiser-Stock: Ein Grund, warum es immer weniger Pflegefamilien gibt, ist, dass heute in vielen Familien beide Eltern berufstätig sind und es für viele eine große Herausforderung ist, Berufsleben und Familie zu vereinbaren. Außerdem boomt die Reproduktionsmedizin, weswegen lange kinderlose Paare auf diesem Weg ein Kind bekommen können.

BZ: Wer eignet sich als Pflegeeltern?

Raiser-Stock: Ein Paar, sei es heterosexuell oder gleichgeschlechtlich, oder aber auch jemand, der allein lebt, muss Lust haben auf Familienleben, das ist ganz zentral. Es gehört Mut dazu sowie Freude an Herausforderungen gepaart mit sozialer Verantwortung.

"Es kann für eine Pflegefamilie eine wunderbare Aufgabe sein, einem Kind eine vorübergehende Heimat zu geben." Ingrid Raiser-Stock
BZ: Wie wird man denn Pflegeeltern?

Raiser-Stock: Die Vorbereitungszeit dauert etwa ein halbes Jahr. Unser Seminar geht über fünf Abende, zwei Samstage und beinhaltet Einzelgespräche. Dabei kann man seine eigene Motivation überprüfen und schauen, ob beide Partner das möchten, sonst entsteht eine Schieflage.
BZ: Kommen Familien mit eigenen Kindern in Frage?

Raiser-Stock: Ja, auf jeden Fall! Wenn man kleine Kinder hat, muss man sich das gut überlegen, ob das Modell Bereitschaftspflege geeignet ist. Sie werden kaum begreifen können, warum plötzlich ein weiteres Kind da ist – und vielleicht nach einer gewissen Zeit wieder zur Herkunftsfamilie zurückkehrt. Ältere, gut aufgestellte Kinder werden aber bereits verstehen, was das bedeutet – ihnen kann man das schon erklären.
Ingrid Raiser-Stock, 64, leitet den Bereich Pflegekinderdienst und Adoptionsvermittlung beim Jugendamt Freiburg.

BZ: Schreckt die Vorstellung ab, dass man ein Pflegekind in sein Herz schließt und es dann wieder ziehen lassen soll?

Raiser-Stock: Der Gedanke spielt sicher eine Rolle. Es kann aber für eine Pflegefamilie eine wunderbare Aufgabe sein, einem Kind eine vorübergehende Heimat zu geben und es zu den leiblichen Eltern zu entlassen, wenn diese wieder in der Lage sind, die Erziehung selber zu übernehmen. Wenn ein Kind in einer Pflegefamilie untergebracht wird und sämtliche Hilfsangebote für die leiblichen Eltern gescheitert sind, kann aber der Punkt kommen, an dem das Recht des Kindes auf Schutz seiner eingegangenen Beziehungen in der Pflegefamilie im Mittelpunkt steht und es bleibt, bis es erwachsen ist – was nicht heißt, dass dann kein Kontakt zur Herkunftsfamilie möglich ist.
BZ: Wie oft sehen Pflegekinder ihre leiblichen Eltern?

Raiser-Stock: Diese Umgangskontakte sollen zum Wohl des Kindes in vertretbaren Abständen stattfinden und hängen davon ab, welche Beziehung das Kind zu seinen Eltern hat. Sie können durch eine Fachkraft begleitet sein.
BZ: Und wie oft besuchen Sie eine Pflegefamilie?

Raiser-Stock: Wir sind verpflichtet zu zwei Hilfeplangesprächen, bei Bedarf auch zu mehr. Es ist aber nicht so, dass wir jede Woche auf der Matte stehen. Es wird oft nicht ganz verstanden, dass wir nicht nur Kontrollbehörde sind, sondern auch Beratungs- und Hilfevermittlungsstelle.

Ressort: Liebe & Familie

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