Japanisches Kaiserhaus

Wird Aiko einmal den Thron besteigen?

Japans Prinzessin Aiko wird am 1. Dezember volljährig – nur mit einer Änderung des Haushofgesetzes könnte sie Kaiser Naruhito beerben.  

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Prinzessin Aiko  studiert   japanische..., die grundsätzlich Kaiserinnen haben.  | Foto: HANDOUT
Prinzessin Aiko studiert japanische Sprache und Literatur und züchtet seit ihrer Grundschulzeit Seidenwürmer – eine Aufgabe, die grundsätzlich Kaiserinnen haben. Foto: HANDOUT

. In Japan dürfen nur Männer auf den Thron. Doch mit noch einem Prinzen in der jüngsten Generation der Kaiser-Familie droht die Erbmonarchie auszusterben. Viele wollen, dass Prinzessin Aiko eines Tages Kaiserin wird. Noch lassen Politiker Experten beraten. Doch die Zeit drängt.

Auf ihr ruhen die Hoffnungen vieler Menschen in Japan: Prinzessin Aiko. Das einzige Kind von Kaiser Naruhito und seiner Gemahlin Masako wird am 1. Dezember 20 Jahre alt – und damit volljährig. Normalsterbliche Japanerinnen und Japaner dürfen dann Alkohol trinken, rauchen und wählen. Die hinter den dicken Mauern des Palastes in Tokio lebende Aiko darf dagegen nicht nur nicht wählen, sie darf nicht einmal in der Öffentlichkeit ihre Meinung äußern. Und noch eines ist ihr eigentlich verwehrt: der Thron. Auf den dürfen nach dem geltenden Hofgesetz nur Männer der männlichen Kaiserlinie. Doch der ältesten Erbmonarchie der Welt geht langsam der männliche Nachwuchs aus. Ist Aiko die Rettung?

Die Geburt eines Mädchens enttäuschte viele in Japan

Seit ihrer Hochzeit mit Naruhito im Juni 1993 hatte Masako unter einem gewaltigen Erwartungsdruck gestanden, der Nation einen Thronfolger zu gebären. Als schließlich am 1. Dezember 2001 Aiko zur Welt kam, löste dies im Volk zwar Jubel und Erleichterung aus. Die Nachricht, dass es ein Mädchen ist, enttäuschte aber viele in Japan. Aikos Geburt löste gleichzeitig eine Debatte darüber aus, ob das in den Augen mancher frauenfeindliche Hofgesetz geändert werden sollte, um die Zukunft der Monarchie zu sichern. 2005 schien man fast so weit zu sein.

Doch es sollte anders kommen. Als ein Entwurf zur Gesetzesänderung fast im Parlament eingebracht werden konnte, verkündete plötzlich Kiko, die Frau von Kronprinz Akishino, Naruhitos Bruder, dass sie noch ein weiteres Kind erwarte. "Natürlich ein Junge. Und schon war das Thema Kaiserin wieder vom Tisch", erklärt Ernst Lokowandt, ein intimer Kenner des japanischen Kaiserhauses. Doch als kürzlich Kikos älteste Tochter Mako (29) ihren bürgerlichen Studienfreund Kei Komuro heiratete und damit aus dem Hof ausschied, gewann die Debatte über die Thronfolge wieder an Fahrt. Während Mako und ihr Mann nach jahrelanger Kontroverse wegen eines Streits um Geld in Komuros Familie Japan für immer den Rücken kehrten, richten sich nun die Augen der Öffentlichkeit zunehmend auf ihre Cousine, Prinzessin Aiko.

Hinter dem dichten Chrysanthemenvorhang des Kaiserhauses lebt sie in den Augen vieler ein Leben, wie es sich für eine Prinzessin gebührt. Wie ihr Vater, Kaiser Naruhito, besuchte Aiko die frühere Adeligenschule Gakushuin. Seit 2020 studiert sie japanische Sprache und Literatur. Wie ihre Mutter liebt sie Tiere, hat einen Hund namens Yuri und züchtete seit ihrer Grundschulzeit Seidenwürmer – eine Aufgabe, die grundsätzlich Kaiserinnen haben. In ihrer Abschlussarbeit an der Oberschule beschäftigte sich Aiko mit "Katzen und Hunden der Heian-Zeit" (794-1185) in der Literatur.

Als Aiko acht Jahre alt war, soll die Prinzessin ebenso wie andere Kinder von Jungs an ihrer Schule gemobbt worden sein. Nachdem sie eine Weile dem Unterricht ferngeblieben war, brachte ihre Mutter Masako sie täglich zur Schule und holte sie wieder ab. Ein Vertreter des Hofes hielt sich zudem im Klassenzimmer auf. Eine Klassenfahrt ihrer Tochter soll die damalige Kronprinzessin Masako laut Medien gar in ihrem Dienstwagen samt ihrem höfischen Tross begleitet haben. "Das Volk verfolgt Aikos Leben mit großem Interesse", erklärt Lokowandt.

In einer jüngsten Umfrage befürworteten mehr als 80 Prozent eine Frau auf dem Thron. Selbst in der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) gibt es laut Medien zunehmend Stimmen, die sich dafür aussprechen, dass Aiko eines Tages ihrem Vater Naruhito als Kaiserin auf dem Thron folgen sollte.

Dies wäre an sich auch nichts Neues für Japan, denn zwischen dem 6. und dem 18. Jahrhundert hatte es gleich acht weibliche Monarchen in Japan gegeben. Die letzte war Go-Sakuramachi, die von 1762 bis 1771 regierte. Der Legende nach hat die Familie ihren Ursprung in der Sonnengöttin Amaterasu-omikami. In Japan kommt der Sicherung der Thronfolge große Symbolkraft zu. Der Tenno ("Himmlischer Herrscher") gilt seit der Nachkriegszeit zwar nicht mehr als göttlich, aber nach der Verfassung ist er das "Symbol des Staates und der Einheit des Volkes". Regierungsbefugnisse sind Japans Monarchen alle genommen.

Bis Ende des Jahres soll nun ein Gremium von Experten einen Vorschlag zur Lösung ausarbeiten. Denn die Zeit drängt: Derzeit stehen theoretisch nur noch drei Kandidaten als Nachfolger für Aikos Vater auf dem Thron bereit: Sein Bruder, Kronprinz Akishino (55), dessen 15 Jahre alter Sohn Prinz Hisahito und Naruhitos Onkel Masahito – der 85 Jahre alt ist. Sollte also Hisahito – der erste Prinz in Japan seit 41 Jahren und das einzige noch verbliebene männliche Mitglied der jüngsten Generation der Kaiserfamilie – eines Tages nicht für männlichen Nachwuchs sorgen, "hört das Kaiserhaus auf zu existieren", so Tenno-Experte Lokowandt .

Japans Nationalisten graust vor Frauen auf dem Thron

Würde das Haushofgesetz jedoch so geändert, dass das erstgeborene Kind – unabhängig vom Geschlecht – auf den Thron kommt, wäre das Nachwuchsproblem gelöst. Denn dann würde auch einer erstgeborenen Tochter die Thronfolge vor einem jüngeren Bruder oder einem Cousin ermöglicht. Mit anderen Worten: Aiko würde eines Tages Kaiserin. Japans Nationalisten ist die Vorstellung von Frauen auf dem Thron ein Graus. Dass die Nachkriegsverfassung des Landes die Gleichheit der Geschlechter vorsieht, interessiert sie nicht. Sie würden lieber eine Wiederaufnahme einiger Kaiserhausfamilien sehen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Status verloren und Privatpersonen geworden waren.

Experten halten das für eine Schnapsidee. Schließlich lebten diese Familien längst ein normales Leben als Bürgerliche und würden kaum ihre Freiheiten gegen die Zwänge am Hofe tauschen wollen. So wartet Japan weiter auf eine Lösung. Derweil wird Prinzessin Aiko ihren Geburtstag nach alter Tradition begehen. Dazu gehören Pilgergänge zu Shinto-Heiligtümern am Hofe, wo ihre Vorfahren und Japans Götter verehrt werden. Aber erst vier Tage nach ihrem Geburtstag, weil sie an dem Tag zur Universität muss. Fortan wird Aiko dann als volljähriges Hofmitglied offizielle Aufgaben übernehmen. Wozu vielleicht ja eines Tages auch der Thron gehört.
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