Der Nerv macht’s

BZ-INTERVIEW mit Professor Thomas Stieglitz über künstliche Körperteile, die fühlen können.  

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Dieser Patient probiert eine fühlende Prothese aus. Foto: Uni Freiburg (Patrizia Tocci)
Wie kann eine künstliche Hand richtig fühlen, was sie anfasst? Das wollen Forscher an der Universität Freiburg herausfinden. Einer davon ist Thomas Stieglitz. Claudia Füßler hat mit dem Professor für Biomedizinische Mikrotechnik gesprochen.

BZ: Warum versuchen Wissenschaftler herauszufinden, wie man Prothesen mit dem Gehirn steuern kann?
Stieglitz: Wenn ich ein künstliches Bein oder einen künstlichen Arm habe, will ich doch wissen, wo diese Prothese gerade ist und was sie macht. Das funktioniert ja auch mit den gesunden Gliedmaßen. Ich mache die Augen zu und weiß trotzdem, wo mein Fuß gerade steht, ob auf einem Teppich oder auf kalten Fliesen. Das melden mir meine Sensoren. Oder wenn ich eine große Mineralwasserflasche aus Plastik in die Hand nehme. Ist die verschlossen, ist die Flasche hart. Öffne ich sie, ist sie ganz weich und ich muss sie vorsichtig anfassen. Solche Informationen bekommt man über eine Prothese nicht. Dabei wäre es toll, wenn man auch mit künstlichen Armen oder Beinen ein echtes, natürliches Gefühl haben könnte. Daran arbeiten wir.
BZ: Was ist daran so kompliziert?
Stieglitz: Zunächst einmal fehlen ja die Hand oder der Fuß, und damit die Nervenzellen, die Informationen ans Gehirn weiterleiten können. Prothesen sind meist aus Kunststoff, damit kann man nicht fühlen. Aber wir haben die Möglichkeit, dort technische Sensoren reinzumachen. Die fangen zum Beispiel an zu vibrieren, wenn ich etwas greife, mal stark, mal schwach. Das kennt man vom Vibrationsalarm beim Handy.
BZ: Aber die Information muss ja noch von der Prothese ins Gehirn.
Stieglitz: Genau. Nehmen wir an, einem Kind fehlt die Hand. Dann ist der Nerv, der die Informationen ins Gehirn schickt, ja noch da. Er ist nur kürzer und beginnt nicht in der Hand, sondern im Arm. Die Idee ist, diesen Anfang des Nervs im Arm zu reizen, so dass er dann die richtige Information ans Gehirn weiterleiten kann. Das Problem: Wir haben in diesem Nerv etwa 20 000 einzelne Nervenfasern. Da muss man erstmal die richtige finden, die zum Beispiel für die Bewegung vom Zeigefinger zuständig ist.
BZ: Und wie findet man die?
Stieglitz: Durch Ausprobieren. Wir fädeln eine hauchdünne Plastikfolie durch den Nerv, da sind etwa 50 verschiedene Kontakte drauf. Die werden nacheinander mit Strom angeschaltet und der Patient sagt, was er dabei fühlt. So wird nach und nach eingestellt, welche Bewegung der Prothese welche Information ans Gehirn weitergeben soll.
BZ: Das klingt ja eigentlich recht einfach.
Stieglitz: Ja, erklären kann man das schnell. Aber wir haben da mehrere Probleme. Zum Beispiel müssen Ingenieure die Folie mit den Kontakten so klein wie möglich hinkriegen, und sie muss trotzdem funktionieren. Und wenn man so etwas in den Körper steckt, denkt der: Oh, ein Feind! Er versucht, den Fremdkörper aufzufressen oder wenigstens einzukapseln. Dann wachsen Zellen um die Folie herum, wir brauchen dann etwas mehr Strom, damit die Kontakte reagieren. Außerdem ist es echt schwierig, einen so kleinen Chip rundum wasserdicht zu verpacken.
BZ: Und wenn man die Probleme löst, dann kann das Fühlen mit der Prothese funktionieren?
Stieglitz: Ja, wir haben das schon mit drei Patienten am Arm und mit zwei Patienten am Bein ausprobiert.

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