Wirtschaftliche Entwicklung
Die Zahl der Firmenpleiten nimmt stark zu
Die Konjunkturflaute macht der Wirtschaft zu schaffen. Insolvenzen häufen sich. Die Freiburger Ökonomen Oliver Landmann und Lars Feld fordern im BZ-Interview wirtschaftspolitische Reformen.
Barbara Schmidt, Bernd Kramer & dpa
Mo, 11. Aug 2025, 20:00 Uhr
Wirtschaft
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Im Juli ist die Zahl der angemeldeten Firmeninsolvenzen so stark gestiegen wie seit Oktober 2024 nicht. 19 Prozent mehr Insolvenzen als ein Jahr zuvor zählten die Amtsgerichte in dem Monat, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Angaben mitteilte. Im Mai hatte der erste Rückgang der Pleitezahlen seit März 2023 Hoffnung auf eine Trendwende geweckt. Doch schon im Juni legten die Zahlen wieder zu. Ob alle Fälle von den Insolvenzgerichten so weit gebracht werden, dass sie in die Statistik eingehen, ist noch offen.
Dass die Zahlen wieder anziehen, zeigt sich auch in der jüngsten monatlichen Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Das IWH zählt für Juli 1588 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland, 13 Prozent mehr als im Juli 2024 und 64 Prozent mehr als in einem durchschnittlichen Juli der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Scharfe Kritik an der Rentenpolitik
Im BZ-Interview mahnten die Freiburger Ökonomen Lars Feld und Oliver Landmann rasche Reformen an, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Die Rahmenbedingungen für Investoren und Gründer müssten verbessert werden.
Beide kritisierten die Rentenpolitik der Bundesregierung scharf. Oliver Landmann sagte: "Die Reform der Rentenversicherung wird verbummelt." Lars Feld hält von der neuen Rentenkommission nichts: "Eine Kommission bildet man, wenn man sich nicht einig ist. (...) Es ist ein reines Zeitspiel, für das es im Fußball eine tiefgelbe Karte gibt."
Landmann erklärte, höhere Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung benötigten dauerhaft mehr Mittel. Dies könne man nicht immer auf Pump finanzieren. Man komme um Einschnitte bei konsumtiven Ausgaben nicht herum: "Derzeit wird der Bevölkerung aber noch vorgegaukelt, alles sei ganz schmerzfrei zu haben." Feld befürchtet, dass die zusätzlichen Ausgaben für die Infrastruktur "gar nicht auf die Straße kommen". Bürokratische Hemmnisse würden die Umsetzung verzögern.
Die Professoren sprachen von gravierenden Veränderungen in der Weltwirtschaftsordnung. Landmann sagte: "Jetzt müssen wir zusehen, wie die Grundlagen dieser erfolgreichen Epoche – die demokratische Verfassung der Gesellschaft, die marktwirtschaftliche Verfassung der Wirtschaft und der regelbasierte Welthandel – zu zerbröseln beginnen." Feld erklärte: "Statt freiwilligem Tausch und Freihandel, die Werte schaffen und den Frieden begünstigen, dominiert jetzt die Machtpolitik."