Freiwilligendienst
Freiwillig für den Frieden nach Israel
Susanne Lohse (epd)
Di, 10. Mai 2022, 10:01 Uhr
Verlagsthema
Verlagsthema Viele deutsche Freiwillige zieht es ins Heilige Land – hier wird Völkerverständigung großgeschrieben
In kaum einem anderen Land treffen unterschiedliche Religionen so nah aufeinander wie in Israel. Brandbomben und Raketenangriffe haben zuletzt wieder gezeigt, wie brüchig der Frieden im Nahen Osten ist. Deutsche Freiwillige zieht es dennoch ins Heilige Land.
Der Referent für den freiwilligen, ökumenischen Friedensdienst bereitet junge Menschen auf ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Nahen Osten vor. Ab September werden sie in Behinderteneinrichtungen, bei der Bildungsarbeit sowie im Deutschen Evangelischen Institut für Altertumswissenschaften im Heiligen Land (DEIAHL) in Jerusalem – einer Forschungsstelle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – mithelfen. Viele junge Menschen reize es, auf christlich-jüdische Spurensuche zu gehen. Andere wollten sich gezielt mit der deutschen Vergangenheit auseinandersetzen, beobachtet Berger. Die 20-jährige Charlotte Dörflinger aus Karlsruhe etwa will neben ihrer Arbeit mit Menschen mit Behinderung regelmäßig Holocaust-Betroffene aufsuchen. Die Abiturientin hat die geteilte Stelle bewusst gewählt. Ihre Hilfe im Alltag könnte auch für die Nachkommen von Holocaust-Opfern ein "Zeichen von deutschen Freiwilligen sein, um am Ende des Lebens Frieden zu schließen", sagte sie.
Die versöhnende Kraft junger Freiwilliger kennt Sieglinde Stricker. Als Krankenschwester am katholischen St. Louis French Hospital in Jerusalem habe sie mehr als einmal beobachtet, wie bis dahin verschlossene Holocaust-Überlebende in der Gegenwart junger Deutscher lächeln konnten, sagte sie bei einem Vortrag des Deutsch-Israelischen Freundeskreises in Karlsruhe. "Plötzlich sprachen der Mann oder die Frau wieder ein paar Sätze auf Deutsch", berichtete sie von bewegenden, zwischenmenschlichen Begegnungen Hochbetagter mit Freiwilligen.
Der israelisch-palästinensische Konflikt ist eine Herausforderung für die Freiwilligen, weiß Vincent Berger. Völkerverständigung werde bei den Freiwilligen-Programmen in Israel großgeschrieben. "Wir wollen, dass junge Menschen eigene Eindrücke sammeln und zum Abbau von Vorurteilen beitragen", beschreibt Berger den Auftrag. Die Organisation positioniere sich nicht für oder gegen Juden, Christen, Araber.
Sie gehe als Christin, ist sich Charlotte Dörflinger bewusst. Die religiöse Vielfalt, die jüdische Religion zumal, wolle sie kennenlernen. Die junge Freiwillige ist überzeugt, dass sich "Glaube nicht am sonntäglichen Gottesdienstbesuch" festmachen lasse, "sondern an der Grundeinstellung zu Menschen und Leben".
Mit der Haltung "Dienst an Menschen" zu leisten arbeitet Schwester Sieglinde seit nunmehr 30 Jahren in dem christlichen und doch koscheren Krankenhaus an der Grenze zum Ostteil Jerusalems. "Die Sorge um die uns anvertrauten, schwer kranken Menschen lässt religiöse Unterschiede in den Hintergrund treten", sagt die Krankenschwester. Auf ihrer Station arbeiten Moslems, Christen und Juden zusammen. Die verschiedenen Perspektiven der Menschen in Israel kennenzulernen, ist das Anliegen der Freiwilligen. Den Jahrhunderte alten Konflikt in einem Jahr lösen zu wollen, sollte sich realistischerweise keiner von ihnen vornehmen, sagt Vincent Berger. "Ich denke, der Konflikt ist nur aus der Bibel heraus zu verstehen", sagt Schwester Sieglinde. Menschenhand könne ihn ihrer Meinung nach nicht lösen.
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