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Taub, gehörlos oder schwerhörig

Gebärdensprache: Wie funktioniert eine Sprache ohne Worte?

Nina Witwicki
  • Sa, 12. März 2022, 06:34 Uhr
    Neues für Kinder

Wenn Menschen nichts oder nur wenig hören können, unterhalten sie sich durch die Gebärdensprache. Die Worte entstehen durch Bewegungen der Hände, die Lippen und den Gesichtsausdruck

Eine Mutter zeigt ihrem tauben Kind, wie Gebärden aussehen müssen. Foto: babysignal.de
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Es gibt Menschen, die aus vielen verschiedenen Gründen nichts oder nur sehr wenig hören können – man nennt das taub, gehörlos oder schwerhörig. Ihre Sprache, die Gebärdensprache funktioniert visuell: Das heißt, man hört sie nicht, sondern man sieht sie. Die Worte entstehen durch Bewegungen der Hände, deren Haltung, den Gesichtsausdruck und durch die Lippen. Wie genau das geht und warum Hörende im Alltag mehr an Taube denken sollten, erfahrt ihr in diesem Text.

"Gebärdensprachen gibt es viele. Jedes Land hat seine eigene, aber es gibt auch regionale Dialekte und eine internationale Gebärdensprache", sagt Britta Harms mit Hilfe der Gebärdendolmetscherin Jutta Feuerle. Denn Britta Harms ist taub. Sie verwendet die Gebärdensprache, um sich mitzuteilen, und Jutta Feuerle übersetzt mit ihrer Stimme, was Harms erzählt.

Die Deutsche Gebärdensprache wurde 2002 als vollwertige Sprache anerkannt. Sie hat eigene Worte und eigene Regeln, eben wie jede andere Sprache auch. Das Wort Musik wird beispielsweise dadurch dargestellt, dass beide Hände auf der Höhe der Brust mit ausgestreckten Zeigefingern die Bewegung eines Dirigenten nachahmen. Gleichzeitig wird das Wort gesprochen, ohne tatsächlich die Stimme zu benutzen, damit keine Missverständnisse entstehen, welches Wort wirklich gemeint ist. Wenn ein tauber Mensch buchstabieren möchte, benutzt er oder sie ein spezielles Fingeralphabet. "Gebärdensprachen gibt es schon sehr lange, einige ganz sicher seit etwa 400 Jahren", erklärt die Professorin für Gebärdensprachen und Gebärdensprachdolmetschen, Annika Herrmann. Gemeinsam mit ihren hörenden und tauben Kolleginnen und Kollegen, wie Britta Harms, erforscht sie an der Universität Hamburg diese visuellen Sprachen.
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In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge etwa 80 000 taube Menschen. Jene, die schwerhörig sind oder wegen einer Behinderung die Gebärdensprache nutzen, sind nicht mitgerechnet. Taube und Schwerhörige haben es im Alltag nicht immer leicht, weil wenige Menschen die Gebärdensprache beherrschen. Daher sind Taube im Alltag eingeschränkt, fühlen sich oft von der großen Gesellschaft der Hörenden ausgeschlossen. Corona hat die Situation für sie schwerer gemacht. Denn der Gesichtsausdruck, der viel darüber verrät, was jemand meint, ist unter der Maske versteckt.

"Ich würde ab und zu gerne mal einen Vortrag besuchen, kann das aber häufig nicht, weil es dort kein Geld für Dolmetscher gibt. Ich kann mich in Geschäften nicht spontan beraten lassen oder mit meinem Hund eine Hundeschule besuchen, weil ich mich mit der hörenden Person nicht verständigen kann", sagt Britta Harms. Sie wünscht sich, dass mehr Menschen die Gebärdensprache lernen und Dolmetscherinnen und Dolmetscher einsetzen.

"In den vergangenen Jahren hat sich durch die Technik, wie beispielsweise die Videotelefonie oder Social Media wie TikTok und Instagram, vieles positiv verändert, weil Taube so mehr gesehen werden. Aber für ein gemeinsames Miteinander von Tauben und Hörenden auf Augenhöhe muss mehr getan werden", betont Annika Herrmann. Denn durch viele verschiedenen Menschen wird eine Gesellschaft bunter.
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  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 12. März 2022: PDF-Version herunterladen

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