Account/Login

Hört zu, ich oute mich!

  • Niklas Schneck, Klasse 8d, Kant-Gymnasium (Weil am Rhein)

  • Fr, 18. Dezember 2020
    Schülertexte

Seine Homosexualität oder sein Trans-Sein öffentlich zu machen, kann schwierig sein / Vier queere Personen erzählen.

Liebe ist immer was Schönes. Schwierig...nn die Umwelt andere Erwartungen hat.   | Foto: Darssaievisk  (stock.adobe.com)
Liebe ist immer was Schönes. Schwierig wird es nur dann, wenn die Umwelt andere Erwartungen hat. Foto: Darssaievisk  (stock.adobe.com)

Es ist ein Moment der Anspannung und das Gespräch verändert die Beziehung zu den Mitmenschen – teils positiv, teils negativ: das Coming-out. Dies bezeichnet das Mitteilen der Sexualität. Vier queere Menschen zwischen 13 und 61 Jahren wurden nach ihrem Outing und der Reaktion ihrer Mitmenschen gefragt.

"Es war eigentlich keine große Überraschung für sie, man hat irgendwie damit gerechnet", so die erste Befragte, die ihren Namen nicht nennen will. Diese hatte sich im Alter von dreizehn Jahren getraut, sich ihren Freunden und ihrer Familie zu öffnen. "Seit drei Jahren hatte ich mir schon Gedanken darüber gemacht. Und ausgelöst hat diese Gedanken meine Patentante. Sie hatte mich auf meinem zehnten Geburtstag gefragt, ob ich lieber ein Mädchen sein möchte." Die Befragte hatte sich schließlich nach langem Überlegen als Trans geoutet: "An dem Abend hatte ich Herzrasen und war so aufgeregt, dass ich das nicht mal in Worte fassen könnte. Und dies, obwohl ich wusste, dass sie mich mögen und akzeptieren, so wie ich bin."

Das Outing ist ein wichtiger Moment im Leben einer queeren Person. Es gibt das innere und das äußere Outing, dabei bezeichnet Ersteres das Akzeptieren der eigenen Sexualität. Zuletzt Gesagtes bezeichnet das Mitteilen der eigenen Sexualität zu anderen Menschen. Oftmals kann es sich der Umkreis dieser Person schon denken oder rechnet fest damit, dies kriegt die Person meistens auch mit. "Es wurde schon oft gesagt, dass ich schwul oder trans sei, noch vor meinem Outing." Wenn jemand fest davon überzeugt ist, dass es die Mitmenschen schon wissen, verzichten viele auf das Outing.

Dass es das Umfeld früher mitkriegt, dass jemand homosexuell ist, passiert also relativ häufig. Doch wie kriegt man es selber mit? "Ich habe eigentlich schon immer gewusst, dass ich mich mehr zu Jungs hingezogen fühle als zu Mädchen. Im Sportunterricht hatte ich dies am meisten gemerkt. Zudem habe ich mich immer besser mit Mädchen verstanden und hatte den besten Kontakt zu ihnen", so der zweite Befragte. Auch er will nicht genannt werden.

Doch so früh man es auch merkt, oft ist sowohl das innere als auch das äußere Outing viel später. "Mit siebzehn dachte ich noch, dass ich mich für Mädchen interessiere. Ich hatte sogar mehrere Beziehungen. Mit einem Mädchen war ich anderthalb Jahre zusammen und war glücklich. Im Nachhinein bereue ich es aber nicht, ein Spätzünder zu sein." Egal ob man sich früh oder spät outet, es ist ein bedeutsames Erlebnis.

Homophobie ist immer noch weit verbreitet

Jedoch können dies nicht alle, die sich outen wollen, tun. Homophobie ist auch heute noch etwas weit Verbreitetes. "Meinen Eltern habe ich es nie erzählt. Sie waren sehr streng katholisch und durch ihre Reaktionen auf Homosexuelle in Filmen und im Fernsehen wusste ich, dass sie völlig dagegen waren." In vielen Regionen, oft in sehr kleinen Dörfern, ist es ein Tabu über Homosexualität offen zu reden. "Als ich mit siebenundzwanzig ausgezogen bin, habe ich schnell gemerkt, dass ich in meiner Region nicht mit meiner Homosexualität leben kann. Also bin ich mit neunundzwanzig umgezogen. Ein Jahr später habe ich dann jemanden kennengelernt und bin kurze Zeit später mit ihm zusammengekommen. Mit dreißig habe ich es auch meinen Schwestern erzählt, die damit sehr gut klarkommen."

Nicht immer steht die Familie hinter einem. Eltern und Großeltern sind häufig homophob, was aber auch daran liegt, dass sie mit anderen Standards aufgewachsen sind. Mit den Geschwistern ist man jedoch gemeinsam aufgewachsen. Doch trotzdem stehen auch diese nicht immer hinter einem. "Ich war zu Besuch bei meinen Eltern, meine Schwester war auch da. Sie unterhielt sich mit meiner Mutter über Homosexualität, speziell über Lesben. Beide stimmten darüber ein, dass sie die Vorstellung, dass zwei Frauen etwas zusammen haben könnten, ziemlich eklig finden", so die dritte Befragte. "Ich erzählte dies meiner damaligen Freundin. Sie fand das gar nicht so schlimm, sagte stattdessen, dass sie das gut verstehen könnte. Schließlich würde sie die Vorstellung, mit einem Mann zusammen zu sein, auch eklig finden."

Doch so homophob die Eltern manchmal auch scheinen, oft ist die Liebe zu dem Kind stärker. "Eines Tages, als ich den Moment passend fand, fragte ich meine Mutter, wie sie das fände mit meiner Freundin und mir. Wenn sie überrascht war, zeigte sie es nicht. Sie sagte, dass sie es gut findet, wenn es mir damit gut geht. Meine Mutter fand das zwar eklig, als es bei dem Thema um irgendwelche Frauen ging. Als es dann aber konkret um mich ging, konnte sie das zum Glück einfach akzeptieren."

Alle Befragten haben auf die Frage, wann sie es denn herausgefunden hätten, geantwortet, dass sie es schon immer irgendwie geahnt haben. Doch wie erfährt man eigentlich von anderen sexuellen Neigungen? "Ich habe lange nichts von anderen Sexualitäten mitbekommen. Erst als ich später Feministinnen kennengelernt habe, von denen auch welche lesbisch waren, wurde ich das erste Mal mit Homosexualität konfrontiert. Und nach langem Nachdenken habe ich festgestellt, dass ich lesbisch bin. Dies habe ich auch sehr leicht akzeptiert, da sich der Gedanke daran einfach richtig angefühlt hat. Ich erzählte es kurze Zeit später allen, die mit mir zu tun hatten. Negative Reaktionen habe ich keine bekommen", so die vierte Befragte. Sie geht mit ihrer Sexualität offen um und die meisten Personen aus der LGBTQI+-Community tun das auch.

Die LGBTQI+-Community besteht aus Menschen, die nicht heterosexuell sind oder sich nicht mit ihrem Geburtsgeschlecht identifizieren können. Dazu meint die erste Befragte: "Meine Freunde und ich gehen relativ offen mit unserer Sexualität um. Eine von ihnen sagt gerne den Spruch ’Gay ist yay’. Das bedeutet: Homosexuell zu sein ist in Ordnung. Ich bin stolz darauf, was ich bin. Ich ziehe, an was mir gefällt und lasse mir meinen Tag nicht durch einen blöden Kommentar versauen. Ich möchte anderen ein Vorbild sein und zeigen, dass man alles sein kann, was man möchte. Sei du selbst, das ist das Beste!"

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 18. Dezember 2020: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel