BZ-Interview

"Ich bin gut, wie ich bin"

Angst ist doof. Hendrik Büch, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut von der Uniklinik Freiburg, weiß, was man dagegen tun kann.  

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Ängste kann man häufig durch Mut machende Gedanken bekämpfen: Ich schaff’ das! Foto: kegfire - stock.adobe.com
BZ: Herr Büch, wovor haben Sie Angst?
Büch: Ich war neulich in den Bergen. Da bin ich einen Klettersteig hinaufgekraxelt. Ich hatte dabei solche Angst abzustürzen, dass ich nach ein paar hundert Metern abbrechen musste.

BZ: Wenn man Angst hat, kann man manchmal nachts nicht gut schlafen oder traut sich Dinge nicht – wäre ein Leben ohne Angst nicht viel angenehmer?
Büch: Angst ist kein schönes Gefühl, aber sie ist wichtig für uns Menschen. Wenn ich keine Angst hätte, würde ich etwa ohne zu gucken über eine Straße rennen oder mich zu einem gefräßigen Löwen kuscheln. Angst schützt uns vor diesen Gefahren. Wenn wir zum Beispiel nachts durch den Wald laufen und gruselige Geräusche hören, geht unser Körper sofort in Alarmbereitschaft: Blitzschnell wird Energie bereitgestellt, was unser Herz schneller schlagen lässt, um bei Gefahr flott flüchten zu können.

BZ: Manchmal hat man Angst vor Klassenarbeiten oder vor einer Flötenvorführung – davor kann man ja schwer flüchten.
Büch: Nein, diese Dinge muss oder will man eigentlich tun. Manchmal haben wir übertriebene Ängste. Der Körper gibt quasi einen Fehlalarm. Man sollte sich dann fragen: Warum habe ich Angst? Weil andere mich auslachen, wenn ich einen Fehler mache? Weil die Eltern schimpfen, wenn ich eine schlechte Note schreibe? Häufig sind die Sorgen viel zu groß: Weil die anderen einen eben meistens nicht auslachen, die Eltern nicht schimpfen. Solche Angst machenden Gedanken kann ich durch Mut machende Gedanken ersetzen.

BZ: Man kann die Angst also austricksen?
Büch: Ja! Erstens hilft es zu wissen: Angst ist okay. Und zweitens: Ich kann sie überwinden. Man kann sich im ersten Schritt auf die Atmung konzentrieren, damit sie ganz ruhig wird. Dann kann man seine Gedanken steuern. Nicht daran denken, wie schlecht es ausgeht, sondern sich sagen: Ich bin gut, so wie ich bin, und ich mache die Dinge so gut, wie ich eben kann. Wenn man das ganz oft übt, kann man seine Ängste besser kontrollieren.

BZ: Das heißt: Man sollte sich seinen Ängsten stellen.
Büch: Ja, das ist wichtig. Wenn ich nämlich jeder schwierigen Situation aus dem Weg gehe, verpasse ich schöne Dinge, und mache nicht die Erfahrung, dass meine Angst übertrieben ist. Wenn ich dagegen etwas geschafft habe, zum Beispiel einen Auftritt vor vielen Menschen, macht mich das stolz und zeigt mir: Ich kann es ja doch, eigentlich muss ich davor keine Angst haben.


BZ: Und wenn die Angst doch mal begründet ist? Weil ich wirklich zu wenig gelernt habe oder andere mich ärgern?
Büch: Dann sollte man Hilfe holen, mit dem Lehrer oder den Eltern sprechen. Die Angst ist dann ein wichtiges Alarmsignal, das zeigt: Hier stimmt was nicht!

BZ: Haben Sie es denn noch mal probiert mit dem Klettern in den Bergen?
Büch: Ja, am nächsten Tag. Ich bin einfach auf einen Klettersteig, der nicht ganz so steil war. Am Ende war ich sehr glücklich und stolz. Und ich wusste: Ich kann‘s! Nächstes Mal traue ich mich vielleicht den steileren Weg hinauf.
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