BZ-Interview
Hartz-IV-Experte: "Wir erziehen zur Unselbständigkeit"

Manche halten es für den Grund des wirtschaftlichen Erfolgs Deutschlands, andere für soziale Ungerechtigkeit: Hartz IV polarisiert die Bürger. Ein Experte spricht über Erfolge und Nachteile im BZ-Interview.
4,4 Millionen Menschen leben in der Bundesrepublik vom Arbeitslosengeld II, wie die staatliche Unterstützung korrekt heißt. Zuständig dafür sind die Jobcenter. Bernhard Walker sprach mit Stefan Graaf vom Bundesnetzwerk Jobcenter über die Erfolge des rot-grünen Gesetzwerks sowie die Nachteile seiner ausufernden Bürokratie.
Graaf: Die Reform hat bewirkt, dass die Geldleistungen zum Lebensunterhalt sowie Aktivierung, Betreuung und Vermittlung der Menschen in Arbeit jetzt in der Hand einer Einrichtung liegen. Das Jobcenter kümmert sich zum einen um Menschen, die erwerbsfähig sind, ihren Lebensunterhalt aber nicht aus Arbeit bestreiten können – sei es, weil sie lange arbeitslos sind, sei es, weil sie wenig verdienen. Und zum Zweiten kümmern sich die Jobcenter darum, dass möglichst viele Menschen möglichst rasch wieder in Lohn und Brot kommen.
BZ: Ist es gut, dass eine Behörde beide Aufgaben übernimmt?
Graaf: Ja, das war vorher ja auf verschiedene Behörden verteilt und somit nicht effektiv. Und die Zahlen sprechen dafür, dass die Jobcenter gute Arbeit machen. Sie sichern die Existenz von sechs Millionen Menschen. Und sie schaffen es, dass jedes Jahr eine Million Menschen eine sozialversicherungspflichtige Arbeit findet. Angesichts schwieriger Umstände ist das ein großer Erfolg.
BZ: Was meinen Sie mit schwierigen Umständen?
Graaf: Ich schildere Ihnen das an konkreten Beispielen. Als Hartz IV entstand, wollte Berlin die rechtlichen und organisatorischen Abläufe vereinfachen. Leider ist das ...