Zisch-Interview über das Freiburger Impfzentrum

"Normalerweise dauert es 30 Minuten"

Zisch-Reporter Jakob Neusüß Pérez aus der Klasse F3 der Clara-Grunwald-Schule in Freiburg hat Daniel Steinmann interviewt, leitender Betriebsarzt der Uniklinik Freiburg und Mitorganisator des Zentralen Impfzentrums in Freiburg.  

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Daniel Steinmann und Zisch-Reporter Ja... Warteraum des Freiburger Impfzentrums  | Foto: Privat
Daniel Steinmann und Zisch-Reporter Jakob Neusüß Pérez im Warteraum des Freiburger Impfzentrums Foto: Privat
Zisch: Herr Steinmann, was genau machen Sie beruflich?
Steinmann: Ich bin der leitende Betriebsarzt des Universitätsklinikums. Das heißt, wir sind zuständig für die Mitarbeitenden des Universitätsklinikums, dass sie geimpft sind und dass sie Schutzausrüstung haben. Wir überprüfen, ob mit dem Labor alles in Ordnung ist und so weiter. Und am Impfzentrum organisiere ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen die ganzen Abläufe und wir sind auch selbst als Impfärzte tätig.
Zisch: Warum haben Sie das Impfzentrum mit aufgebaut?
Steinmann: Weil unsere Abteilung normalerweise, wenn keine Pandemie aufgrund des Coronavirus ist, aber auch während der Pandemie, alle Mitarbeitenden impft. Unsere Abteilung impft daher am allermeisten in ganz Freiburg. Und deswegen hat man uns gefragt, ob wir mithelfen und das Zentrum mitorganisieren, weil wir die meiste Erfahrung mit sehr vielen Impfungen gleichzeitig haben.
Zisch: Und warum wurde das Impfzentrum aufgebaut?
Steinmann: Das Problem ist im Moment, dass man die verfügbaren Impfstoffe, vor allem die, die als Erstes zur Verfügung standen, sehr kalt in speziellen Kühlschränken und Gefrierschränken lagern muss. Und die gibt es nicht in Arztpraxen und Apotheken, sondern da muss man das Impfen auf solche Zentren begrenzen, wo der Impfstoff gelagert werden kann, damit er nicht kaputt geht. Dort wird er morgens aufgetaut und direkt angewendet. Inzwischen gibt es aber weitere Impfstoffe, die in einem normalen Kühlschrank gelagert werden können, also auch in jeder Arztpraxis und in jeder Apotheke.
Zisch: Wie viel Impfdosen impfen Sie pro Tag?
Steinmann: Ich selber impfe, wenn ich am Zentralen Impfzentrum eingeteilt bin, ungefähr 100 bis 150 Menschen am Tag.
Zisch: Und in der Woche?
Steinmann: In der Woche kann man nur sagen, wie viele Menschen insgesamt im Impfzentrum geimpft werden. Insgesamt finden derzeit pro Tag ungefähr 2000 Impfungen statt, pro Woche also etwa 14 000.
Zisch: An welchem Wochentag impfen Sie?
Steinmann: Ich impfe meistens am Wochenende, zum Beispiel am Sonntag, weil ich unter der Woche in der Uniklinik arbeiten muss.
Zisch: Warum ist Corona für Erwachsene gefährlicher als für Kinder?
Steinmann: Weil das Coronavirus bei Erwachsenen schwerere Lungenschäden verursachen kann. Die Erwachsenen mit schweren Fällen haben meistens schon Grunderkrankungen oder sind stark übergewichtig. Und wenn jemand schon eine Grunderkrankung hat, zum Beispiel weil mit der Lunge etwas nicht stimmt oder mit dem Herzen, ist für denjenigen das Coronavirus viel gefährlicher. Bei Kindern ist das nicht der Fall. Deswegen sind Kinder – Gott sei Dank – von schweren Krankheitsverläufen durch dieses Virus kaum betroffen.
Zisch: Warum gibt es heute, am 6. März, keine Schlange im Impfzentrum?
Steinmann: Dafür gibt es zwei Gründe. Normalerweise gibt es draußen gar keine Schlange, weil jeder Impfling einen festen Termin hat. In der Halle gibt es einen großen Wartebereich. Dort kann man warten, bis man an der Reihe ist. Das geht so wie im Europa-Park: Man muss ein bisschen anstehen und dann geht es zack, zack, zack in die Kabinen rein.
Zisch: Und der zweite Grund?
Steinmann: Der zweite Grund ist, dass du um die Mittagszeit hier bist und gerade der Personalwechsel stattfindet. Alle Materialien werden aufgefüllt und es kommt die zweite Schicht.
Zisch: Warum dauert es so lange, bis alle Erwachsenen geimpft werden?
Steinmann: Das Problem ist, dass im Moment zu wenig Impfstoff zur Verfügung steht. Der Impfstoff wird auf der ganzen Welt gebraucht. So viel konnten die Pharmahersteller bis jetzt gar nicht produzieren, aber jetzt gibt es immer mehr Firmen, die den Impfstoff herstellen. Und es gibt auch einen ganz neuen Impfstoff, der so konstruiert ist wie die, die wir schon immer haben. Dieser kann in sehr großen Mengen hergestellt werden und auch in der Arztpraxis gelagert werden. Und bis das der Fall ist, haben wir im Verhältnis zur Bevölkerung nur eine kleine Menge zur Verfügung. Und die kleine Menge, die wir im Moment haben, die müssen wir so effizient wie möglich verteilen an die, die den Impfstoff am dringendsten brauchen.
Zisch: Und wann können Kinder endlich geimpft werden?
Steinmann: Kinder könnten dann geimpft werden, wenn schon alle Erwachsenen geimpft sind, aber wir brauchen dafür einen Impfstoff, der für Kinder zugelassen ist. Die Impfstoffe, die im Moment zur Verfügung stehen, dürfen Kinder nicht bekommen. Es gibt aber Länder, in denen jetzt schon untersucht wird, ob die Kinder den Impfstoff gut vertragen und ob das auch gut funktioniert. Weil ein Kind ein bisschen anders ist als ein Erwachsener. Und wenn das klappt, werden irgendwann die Impfstoffe auch hier für Kinder erlaubt und zugelassen sein.
Zisch: In welchen Ländern geschieht das?
Steinmann: Wo es ausprobiert wird? Zum Beispiel in Großbritannien wird das gerade getestet, weil dort auch der Impfstoff der Firma Astrazeneca erfunden wurde und hergestellt wird. Das probieren sie dort aus, weil sie schon ein bisschen weiter sind als wir.
Zisch: Für welches Alter?
Steinmann: Das weiß ich jetzt nicht auswendig, wie weit sie nach unten gehen. Aber normalerweise untersucht man erst einmal die Wirkung bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren. Wenn es da klappt, dann geht man weiter runter bis zu den ganz Kleinen. Man geht also vom Erwachsenenalter immer weiter runter.
Zisch: Wie sieht das Impfzentrum von innen aus?
Steinmann: Das kannst du hier im Video sehen: https://youtu.be/ioICHImVLuI.
Zisch: Können Sie es auch beschreiben?
Steinmann: Gerne. Am Eingang gibt es eine Einlasskontrolle. Da wird kontrolliert, ob die Menschen, die rein wollen, einen Termin haben. Dort wird die Temperatur gemessen und man bekommt eine Maske. Dann darf man weiter zur zweiten Station, der Anmeldung. Da muss man die Krankenversicherungskarte vorlegen, den Ausweis zeigen und man erhält Dokumente ausgedruckt über die Impfung selber und den Datenschutz. Die muss man durchlesen und unterschreiben. Anschließend darf man in die Warteschlange – wie beim Europa-Park – laufen und da warten. Wenn einem dort noch eine Frage einfällt, stehen so genannte Infoscouts bereit, die die Frage beantworten können. Schließlich kommt die eigentliche Impfkabine. Da geht man rein und wird von einem Arzt oder einer Ärztin und einer medizinisch qualifizierten Fachkraft empfangen. Die fragen, ob man Fragen hat, und klären kurz, ob alles okay ist. Dann bekommt man die Impfung. Und wenn das fertig ist, geht man zur letzten Station in den Wartebereich. Dort muss man 15 Minuten warten. Schließlich darf man an die Ausgangskontrolle. Hat man wirklich 15 Minuten gewartet, darf man die Dokumente wieder abgeben, die man unterschreiben musste. Und jetzt darf man gehen.
Zisch: Wer arbeitet eigentlich im Impfzentrum?
Steinmann: Da gibt es ganz verschiedene Funktionen. Es gibt Personal für die Eingangskontrolle, dann gibt es Personal für die Anmeldung. Außerdem gibt es diese Infoscouts, die einem helfen können, falls man Fragen hat, wie die Impfung funktioniert. Und es gibt Ordner, die dafür sorgen, dass alle ordnungsgemäß in der Schlange sind, und die Impflinge in diese Kabinen verteilen. In der Kabine gibt es den Arzt oder die Ärztin und das Assistenzpersonal. Immer zwei. Im Hintergrund gibt es Apothekerinnen und Apotheker, die die ganzen Impfstoffe vorbereiten, und medizinisch-technische Assistentinnen und Assistenten, die sie unterstützen. Schließlich gibt es noch ein Krankenwagenteam. Die sind zu zweit, mit einer Trage und Notfallkoffer und so weiter, falls es jemandem nicht gut geht und die Person medizinische Hilfe braucht.
Zisch: Und wie lange dauert es, bis man geimpft ist?
Steinmann: Also normalerweise, wenn man nicht warten muss und alles so funktioniert, wie wir uns das vorstellen, dauert es 30 Minuten. Also wie im Fluge.
Zisch: Und durchschnittlich?
Steinmann: Das ist schon durchschnittlich. Wenn eine lange Schlange auftritt, kann es auch mal sein, dass man eine halbe Stunde warten muss, und man ist insgesamt eine Stunde da. Und selten geht es auch schneller, wenn man beispielsweise der Letzte ist. Der läuft nur noch schnell durch und es dauert nur fünf Minuten plus 15 Minuten warten und nach 20 Minuten ist derjenige schon wieder weg. Aber das sind meistens nur die, die ganz am Schluss kommen. Am Schluss wird genau geguckt, dass jede Impfung, die noch übrig ist, noch jemandem gegeben wird. Und wenn alle auf null sind, wird zugemacht.
Zisch: Wann denken Sie, dass in Freiburg alle Kinder und Erwachsenen geimpft sind?
Steinmann: Also bei den Kindern muss man noch ein bisschen warten, weil es noch keinen zugelassenen Impfstoff gibt.
Zisch: Und bei den Erwachsenen?
Steinmann: Bei den Erwachsenen denke ich, dass wir das so bis Juni/Juli hinbekommen. Aber da muss man aufpassen. Es gibt Impfstoffe, zum Beispiel den von der Firma Pfizer, die auch in Freiburg ein großes Werk hat. Den spritzt man an einem Tag und ein zweites Mal drei Wochen später. Und den anderen aus England, den spritzt man einen Tag und zum zweiten Mal drei Monate später. Jeder braucht insgesamt zwei Impfungen. Der Impfstoff wirkt zwar schon nach der ersten Spritze, aber man braucht die zweite auch noch. Erst wenn die fertig ist, dann ist alles erledigt. Jetzt kommt es aber. Das Virus verändert sich permanent. Und eventuell braucht man in einiger Zeit, also im Herbst oder nächstes Jahr, schon wieder einen neuen Impfstoff, weil der alte nicht mehr so gut funktioniert. Es gibt aber jetzt diesen neuen Impfstoff, von dem ich erzählt habe, den man überall verteilen könnte. Wenn er weiterhin so gut funktioniert, wird es viel einfacher. Wenn wir Glück haben, ist es bis zum Sommer alles erledigt, vor allem in Freiburg, weil wir hier so ein großes Impfzentrum haben im Vergleich zu vielen anderen Städten.

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