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Die Mutter eines Jungen mit ADS berichtet

"Oft war er verträumt und in sich gekehrt"

  • Sabrina Dufner, Klasse 8c, Kolleg St. Sebastian & Stegen.

  • Mi, 29. Mai 2013, 09:10 Uhr
    Schülertexte

     

Christine Neumann berichtet über ihren Sohn Toni, der ADS (eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung) hat. Im Interview mit Sabrina Dufner spricht sie auch über ihre Erfahrungen und Schwierigkeiten im Umgang mit der Krankheit.

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Toni kann sich schlecht konzentrieren – eine Auswirkung seiner Aufmerksamkeitsdefizitstörung Foto: Verwendung weltweit, usage worldwide
Zischup: Wie haben Sie erkannt, dass Ihr Sohn ADS hat?
Neumann: Er wurde im Kindergarten verhaltensauffällig. Oft war er verträumt und in sich gekehrt. Wenn man mit ihm sprach, reagierte er oftmals nicht, da er in seiner eigenen Welt war und träumte.
Dadurch wurden wir darauf aufmerksam und besuchten mit ihm einen auf ADS spezialisierten Therapeuten. Dieser konnte uns dann genauer erläutern, was für eine Störung er hatte.

Zischup: Hatten Sie Schwierigkeiten, Ihr Kind für etwas zu begeistern, wenn er so oft träumte?
Neumann: Er schweifte des Öfteren von seinen Aufgaben ab, und verlor dadurch sehr schnell das Interesse daran. Oft brach er sein Tun ab.

Zischup: Kam es dadurch zu Problemen in der Schule?
Neumann: Ja, sogar zu sehr massiven. Er konnte dem Unterricht nicht folgen, weil er ständig von seiner Umgebung abgelenkt war.

Zischup: Wie haben Sie das in den Griff bekommen?
Neumann: Toni begann eine Verhaltenstherapie. In deren Verlauf wurden auch wir im Umgang mit ihm geschult, ebenso wie seine Lehrer.

Zischup: Was mussten die Lehrer denn beachten, damit er dem Unterricht folgen konnte?
Neumann: Er durfte auf keinen Fall neben dem Fenster sitzen, das hätte ihn zu sehr abgelenkt. Wenn sie mit ihm reden wollte und er nicht reagierte, hatte es keinen Sinn, ihn immer lauter zu rufen, sondern sie mussten ihn kurz berühren, damit er auf sie aufmerksam wurde. Wenn sie von ihm eine Antwort wollten, mussten sie sicherstellen, dass er mit ihnen Augenkontakt hielt, andernfalls hätte er ihre Frage womöglich nicht einmal mitbekommen.

Zischup: Gab es dadurch Probleme, ihn in die Gesellschaft einzugliedern?
Neumann: Manche ADS-Kinder sind sehr stille Kinder. Sie sind teilweise nicht sehr gesellig und Einzelgänger. Deshalb hat er bis heute nur wenige Freunde, ist aber zufrieden damit.

Zischup: Es heißt, ADS Kinder seien besonders kreativ und hätten viel Fantasie. Trifft das auf Toni auch zu oder ist das ein Klischee?
Neumann: Ob das nur ein Klischee ist, kann ich nicht beurteilen. Jedes Kind ist anders, aber Toni zeigt seine Kreativität auf eine ganz eigene Weise. Anstatt zu malen oder Geschichten zu schreiben, versucht er oft, Lehrer und uns Eltern auf eine ausgeklügelte Art und Weise gegeneinander auszuspielen. Das ist auf Dauer sehr fordernd und anstrengend.

Zischup: Viele Eltern geben ihren Kindern Ritalin, ein Medikament, das die Störung teilweise unterdrückt. Haben Sie dieses Medikament für Toni verschrieben bekommen?
Neumann: Wir hätten es bekommen, hätten wir es gewollt. Aber wir fanden es durch die Schulung, die wir in der Therapie erhalten hatten nicht nötig, ihm diese Psychopharmaka zu geben. Außerdem ist das in unseren Augen ein starker Einschnitt in die Persönlichkeit des Kindes. Mit Ritalin versorgte Kinder sind oft sehr weggetreten und ruhiggestellt. Das wollten wir nicht. Da es auch noch keine Langzeitstudie über die Folgen Ritalins gibt, war uns die Störung nicht schwerwiegend genug, um ihn damit "ruhig zu stellen".

Ressort: Schülertexte

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