" Recht auf einen fairen Prozess"
ZISCH-INTERVIEW mit dem Strafverteidiger Marko Becker über Besuche im Gefängnis und das Tragen einer Robe vor Gericht.
Robin Herschel, Klasse 4b, Jengerschule (Ehrenkirchen)
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Das Landgericht Stuttgart ist das größte Gericht Baden-Württembergs und eines der größten in Deutschland. Hier werden ungefähr 15 000 Verhandlungen pro Jahr geführt. Zu einer Gerichtsverhandlung braucht es neben den Anklägern und Angeklagten immer auch einen Richter, aber jeder Angeklagte, egal was ihm vorgeworfen wird, hat auch das Recht auf einen Verteidiger, also einen Anwalt. Einer dieser Anwälte ist Marko Becker, mit dem ich, Zisch-Reporter Robin Herschel aus der Klasse 4b der Jengerschule Ehrenkirchen, mich zum Interview verabredet habe.
Becker: Zuerst muss man das Abitur machen und danach ein Jurastudium. Dieses schließt man mit dem ersten Staatsexamen und dem zweiten Staatsexamen ab. Das sind beides sehr umfangreiche Prüfungen. Danach kann man sich noch, wenn man möchte, spezialisieren. Ich habe für mich dann das Strafrecht gewählt. Eine andere Spezialisierung wäre zum Beispiel das Familienrecht.
Zisch: Was sind die täglichen Aufgaben eines Rechtsanwalts?
Becker: Normalerweise kommen die Mandanten, die Kunden, mit einem Problem zu mir. Zum Beispiel, wenn jemand beim Ladendiebstahl erwischt und angezeigt wird. Wir besprechen das Problem und ich berate den Mandanten dann, welche Möglichkeiten es vor Gericht gibt und mit welchen Konsequenzen er rechnen muss. Daher bin ich auch häufig bei Gerichtsverhandlungen oder sitze in meinem Büro in der Kanzlei und telefoniere und schreibe viel am Computer.
Zisch: Was ist der Unterschied zwischen Rechtsanwalt, Staatsanwalt und Richter?
Becker: Der Unterschied lieg in den Aufgaben, die sie wahrnehmen. Der Staatsanwalt verfolgt denjenigen, der etwas falsch gemacht hat. Er führt mit der Polizei die Ermittlung. Das, was rausgefunden wurde, kommt vor den Richter, der das Urteil fällt. Der Rechtsanwalt verteidigt den Angeklagten.
Zisch: Müssen Sie auch ins Gefängnis gehen, wenn ja wie oft?
Becker: Ja, ich bin ungefähr alle zwei Wochen im Gefängnis, um mit Mandanten Dinge zu besprechen. Diese sitzen ja im Gefängnis und können daher nicht zu mir in die Kanzlei kommen, also fahre ich zu ihnen.
Zisch: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie ins Gefängnis gehen?
Becker: Eigentlich ist es für mich nichts Besonderes, denn ich weiß ja, dass ich wieder heraus darf. Es ist für mich genauso Routine wie für dich, in die Schule zu gehen. Vor den Insassen habe ich keine Angst, denn im Gefängnis ist alles auch sehr sicher. Wenn ich hineingehe, werde ich wie am Flughafen durchsucht. Selbst die Stühle sind festgeschraubt! Auch die Insassen werden vor unseren Treffen durchsucht, so dass wirklich keine Gefahr besteht. Zudem möchten die Gefangenen ja auch, dass ich sie verteidige und das Beste vor Gericht für sie raushole.
Zisch: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie einem Mörder gegenüberstehen?
Becker: Vom Prinzip ist es auch nur ein Teil meiner Arbeit. Ich habe vor diesen Menschen keine Angst. Oft sind diese Leute eigentlich ganz normal wie du und ich, auch wenn sie etwas Schlimmes getan haben.
Zisch: Wieso haben Sie sich diesen Beruf ausgesucht?
Becker: Weil er sehr vielfältig und spannend ist! Man hat ständig mit den verschiedensten Menschen zu tun, man diskutiert viel und kann vor allem viel bewegen.
Zisch: Was macht Ihnen in Ihrem Beruf besonders Spaß?
Becker: Die Gerichtsverhandlungen machen mir immer viel Spaß.
Zisch: Warum verteidigen Sie auch Menschen, die etwas ganz Schlimmes gemacht haben, wie zum Beispiel einen Mörder?
Becker: Weil auch diese Menschen in unserem Land ein Recht auf Verteidigung haben. Außerdem weiß man zu Beginn oft nicht, ob jemand schuldig oder unschuldig ist. Stelle dir vor, wie schlimm es wäre, wenn jemand zu Unrecht verurteilt würde, weil er keine Verteidigung hatte. Außerdem kann zum Beispiel bei einem Unfall jemand zu Tode kommen, also ohne Absicht. Dann gibt es natürlich Fälle, die mir auch nahe gehen. Aber es ist Teil meiner Arbeit, dann professionell damit umzugehen!
Zisch: Warum trägt man so komische Kleider bei Gericht?
Becker: Diese komischen Kleider heißen Roben. Sie dienen dazu, dass niemand mit seinen eigenen Kleidern besonderen Eindruck schinden kann. Wenn beispielsweise ein Anwalt einen sehr teuren und schicken Anzug trägt, könnten manche zu dem Schluss kommen, dass er ein sehr guter Anwalt sein muss und anders herum. Früher hat man sogar noch Perücken getragen.
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