Naturschutz
Waschbären werden künftig stärker bejagt
Süß, aber schädlich: Waschbären sorgen in Baden-Württemberg für Ärger – jetzt soll die Schonzeit ganzjährig fallen. Wie sinnvoll ist das?
Martin Oversohl (dpa)
So, 27. Jul 2025, 15:25 Uhr
Südwest
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Sie haben derart niedliche Gesichter, dass sie bei Instagram regelmäßig zu Stars mit Millionen Followern aufsteigen. Doch Waschbären gelten inzwischen in weiten Teilen Deutschlands als Schädlinge, weil sie die heimische Artenvielfalt massiv bedrohen. So fressen sie etwa geschützte Amphibien und verursachen erhebliche Schäden an Gebäuden, in Gärten und in der Landwirtschaft. Experten warnen zudem davor, dass Waschbären Krankheiten übertragen und die Population ohne Regulierung weiter stark steigen wird. Deshalb sollen sie in Baden-Württemberg mit wenigen Ausnahmen künftig rund ums Jahr gefangen oder direkt erlegt werden dürfen.
Geplant sei, die Schonzeit für invasive Arten, die dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz unterliegen, ganzjährig aufzuheben. Einzige Ausnahme: Der Muttertierschutz muss beachtet werden. Soll heißen: Bis auf das sogenannte führende Elterntier, das seine Jungen während der Aufzuchtphase versorgt und schützt, sind Waschbären künftig genauso wie Nutrias und Nilgänse vor Jägern nicht mehr sicher. "Die Änderung der Schonzeitenverordnung ist in der Umsetzung", sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums. Bis Ende des Jahres soll das Ganze durch sein.
Da der Waschbär keine natürlichen Feinde hat, vermehrt er sich schnell
"Das mag ein possierliches Tierchen sein, aber in unserem Naturraum ist der Waschbär ein Fremdkörper", sagt Wildtierbiologe Norbert Peter von der Goethe-Universität in Frankfurt. Er untersucht mit anderen Experten im Rahmen des Verbundprojektes Zowiac (Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren) das Jagdverhalten von Waschbären in ausgewählten Naturschutzgebieten. Ursprünglich stammt der Waschbär aus Nordamerika. Als verantwortlich für seine Verbreitung hierzulande gelten unter anderem die Aussetzung zweier Waschbärpaare am nordhessischen Edersee 1934 und ein Bombentreffer auf eine Pelztierfarm bei Strausberg in Brandenburg im Zweiten Weltkrieg 1945. Damals flohen einige Tiere. Ohne natürliche Feinde konnten sie sich seither nahezu ungehindert verbreiten.
Die Jäger im Südwesten halten die Pläne des Landes für eine sinnvolle Regelung, weil man effektiver unterwegs sein könne, sagt René Greiner, Hauptgeschäftsführer des Landesjagdverbands. "Ziel muss sein, Hotspots wie den Rems-Murr-Kreis zu kennzeichnen und dort gezielt und mit hohem Aufwand zu jagen."
Einige Tierschützer hingegen bezeichnen eine Aufhebung der Schonzeit als unsinnig. Würden Waschbären gejagt, um ihre Populationsdichte zu reduzieren, sei das meist wenig erfolgreich – sie vermehrten sich schlicht zu schnell und neue Tiere nähmen die frei gewordenen Lebensräume ein, sagt Alexandra Ickes, Artenschutzreferentin des Nabu-Landesverbandes Baden-Württemberg. Sinnvoller sei es, Elektrozäune für Kiebitz und Amphibien aufzustellen und Baummanschetten an Horstbäumen von Vögeln anzubringen.