Erfahrungsbericht

So helfen Bahlinger im kurdischen Teil Syriens

Hilfe vom Kaiserstuhl kommt an: Eckhard Weissenberger aus Bahlingen übergab Spenden in Syrien. Er berichtet von einer bewegenden Reise.  

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Das Mitarbeiterteam der von Eckhard Weissenberger besuchten Gemeinschaftspraxis in Rojava. Foto: Eckhard Weissenberger
In einer Region, die wie kaum eine andere von Krieg, Vertreibung und menschlichem Leid gezeichnet ist, hat eine Reise aus dem südbadischen Kaiserstuhl tiefe Spuren der Hoffnung hinterlassen. Der ehemalige Pfarrer Eckhard Weissenberger aus Bahlingen besuchte den kurdischen Teil Syriens, genauer Rojava, und brachte materielle Hilfe dorthin. Aber er verstand seine Reise auch als Zeichen der Solidarität mit den leidenden Müttern und Waisenkindern, wie er mitteilt.

Die Nordirakhilfe der evangelischen Kirchengemeinde Bahlingen setzt sich seit zehn Jahren für Waisenkinder und Mütter im Nordirak ein, die in Flüchtlingslagern leben müssen. Für die Reise in den kurdischen Teil von Syrien hatte Weissenberger nach eigenen Angaben rund 8000 Euro an Spenden dabei, die der Pfarrer vor Ort direkt und unbürokratisch an fünf Einrichtungen übergab.

Die Reise wurde von Michael Erk, dem Leiter des Waisenhauses "Our Bridge" in Kurdistan begleitet. Der Empfang sei überall herzlich gewesen – und die Dankbarkeit überwältigend, da die US-Hilfsorganisation USAID sich ganz zurückziehen musste und es schwer ist, überhaupt ein Visum für Rojava zu bekommen.

Trampolin für behinderte Kinder

Erster Halt der Reise war das Flüchtlingslager Heseke mit einem besonderen Fokus: eine Initiative für behinderte Kinder. "Die Freude war unbeschreiblich, als wir das Trampolin aufbauten und Spielmaterial überreichten", berichtet Weissenberger. Für viele Kinder sei das tägliche Leben im Lager geprägt von Monotonie und Trauma – die neuen Spielmöglichkeiten brächten Licht in ihren Alltag. Neben einem Trampolin wurden verschiedene Spielzeuge, aber auch drei Laptops übergeben für drei ältere behinderte Jugendliche. "Die Unterstützung vom Kaiserstuhl wurde mit offenen Armen aufgenommen", so der frühere Pfarrer.

Ein Dorf nur für Frauen

Im Anschluss führte die Reise in ein einzigartiges Dorf: einen Zufluchtsort nur für Frauen und ihre Kinder. Hier leben rund 20 Frauen, die allesamt schweres Leid – oft durch sexualisierte Gewalt des IS – hinter sich haben. Das Dorf ist selbstverwaltet, die Frauen organisieren ihren Alltag in Solidarität und gegenseitiger Unterstützung. Als Geschenk brachte Weissenberger zehn Kinderfahrräder mit – die Kinder konnten ihr Glück kaum fassen, berichtet er. "Die Frauen haben es geschafft, aus Schmerz eine Gemeinschaft zu formen", erzählt Weissenberger bewegt. Auf Wunsch der Frauen wurde auch ein Nähzimmer mit drei neuen Nähmaschinen eingerichtet. Eine neue Waschmaschine werde den Alltag der Frauen ebenfalls sehr erleichtern.

Kinder ohne Herkunft

Besonders nahe ging Weissenberger nach seinen Worten der Besuch eines Waisenhauses, in dem rund 40 Kinder leben, die unter schwierigsten Umständen zur Welt gekommen seien: als Ergebnis von Vergewaltigungen durch IS-Kämpfer. Weder die Familien der Täter noch die meist jesidischen Mütterfamilien nehmen diese Kinder auf. "Sie gelten als Schande – obwohl sie selbst die Opfer sind", sagt Weissenberger. Das Heim gebe diesen Kindern ein Zuhause – zehn neue Kinderfahrräder wurden auch hier begeistert entgegengenommen, ebenso eine Spende von 500 Dollar für nötigste Dinge.

Ärzteteam ohne Gehalt

Eine Station war eine Gemeinschaftspraxis, in der mehrere Ärztinnen und Ärzte seit vier Monaten ohne Bezahlung arbeiten – weder die syrische Zentralregierung noch die kurdische Verwaltung übernehmen derzeit die Löhne. Trotzdem behandeln sie weiterhin täglich Dutzende Patientinnen und Patienten. Weissenberger übergab finanzielle Soforthilfe, um zumindest die dringendsten Bedarfe zu decken. "Die Dankbarkeit war groß – aber auch die Sorge, wie es weitergeht."

Emma – ein Haus zur Aufnahme

Letzte Station der Reise war ein Besuch beim Verein "Emma", der ein Haus zur Aufnahme von Frauen unterhält, die aus der IS-Gefangenschaft entlassen wurden, oft nach jahrelangem erzwungenem Aufenthalt bei IS-Familien. Die traumatisierten Frauen werden hier auf das neue Leben in Freiheit vorbereitet, erhalten psychologische und praktische Hilfen. Auf Wunsch des Vereins brachte Weissenberger verschiedene Musikinstrumente für ein Musikzimmer mit und drei neue Nähmaschinen. Die Frauen bleiben in dieser Aufnahmestation von einer Woche bis zu einem Jahr. Obwohl der Überfall der IS Kämpfer auf die Heimat der Jesiden schon über zehn Jahre zurückliegt, sind immer noch über 2000 Frauen in IS Gefangenschaft oder gelten als vermisst.

Die Reise zeigte insgesamt, wie konkret und wirkungsvoll Hilfe sein kann, wenn sie direkt bei den Menschen ankommt. "Ich bin tief bewegt von der Kraft, der Würde und der Hoffnung dieser Menschen", resümiert Weissenberger. Seine Mission: Den Blick für das Leid, wie auch der Stärke der Menschen in Nordostsyrien zu schärfen – und Solidarität vom Kaiserstuhl aus zu mobilisieren.

Spendenkonto Nordirakhilfe Bahlingen: Ev. Kirchengemeinde Bahlingen, IBAN: DE21 6805 0101 0013 8242 04

Schlagworte: Eckhard Weissenberger, Michael Erk
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