Kriminalität
Wie eine Pro-Palästina-Gruppe dem Pfarrer im schwäbischen Langenau das Leben schwer macht
In der Kleinstadt Langenau nahe Ulm sieht sich ein Geistlicher seit fast zwei Jahren massiven Anfeindungen eines 75-Jährigen ausgesetzt. Eine Pro-Palästina-Gruppe demonstriert regelmäßig.
Aleksandra Bakmaz (dpa)
Di, 22. Jul 2025, 20:00 Uhr
Südwest
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Eine Predigt, die sein Leben verändert: Am 15. Oktober 2023 spricht der evangelische Pfarrer Ralf Sedlak in der schwäbischen Kleinstadt Langenau unweit von Ulm auch über den Hamas-Übergriff auf Israel – und zieht so die Wut und den Hass eines Mannes und seiner Anhänger auf sich.
Seither demonstriert eine kleine Gruppe von Pro-Palästina-Demonstranten fast jeden Sonntag vor der dortigen Martinskirche. Laut der evangelischen Landeskirche werden Gottesdienstbesucher gefilmt und die Aufnahmen ins Netz gestellt. Der Pfarrer und seine Familie werden regelmäßig diffamiert und angefeindet. Anfang Juli gipfelte der Konflikt dann in Handgreiflichkeiten vor der Kirche. Ohne Polizei geht für die Gemeinde sonntags nichts mehr.
Wie es so weit kommen konnte, kann sich der Pfarrer nicht erklären. "Es war manchmal so diffus", sagt er im Gemeindehaus der Kirche. Sedlak wirkt gefasst, auch wenn das Geschehene seine Spuren hinterlassen habe. Der Geistliche berichtet von Stalking, nächtlichen Anrufen, Auflauern auf der Straße und massiven Einschüchterungsversuchen. Sein Gegenspieler: ein 75-jähriger Langenauer.
Sorge vor Angriffen auf die Familie
In der Kleinstadt könne man sich schlecht aus dem Weg gehen. Der 75-Jährige suche die Konfrontation sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Privaten. "Immer dann, wenn ich nicht wirklich reagieren kann." Etwa, wenn er als Pfarrer in Amtskleidung für seine Gemeinde da sei. "Wenn ich sonntags vor der Kirche Talar trage, will ich ihm nicht entgegentreten." Sein Gegenspieler wisse ganz genau, dass er pöbeln könne, "ohne dass ich auf ihn losgehe".
Auch ohne Amtskleidung würde er nicht auf ihn losgehen, sagt der sechsfache Familienvater. Es habe auch schon Konfrontationen in Anwesenheit der Familie gegeben. "Da ist es dann einfach nur wichtig, meine Familie zu schützen." Vor dem 15. Oktober 23 habe er mit dem Mann nichts zu tun gehabt, sagt der Pfarrer. Er sei erst seit 2022 in der Gemeinde.
Auf mehr als 100 Seiten habe er die Vorkommnisse der letzten fast zwei Jahre für die Polizei festgehalten. Die Liste der Anzeigen ist lang: darunter üble Nachrede, Verleumdung, Beleidigung, Volksverhetzung und Hausfriedensbruch. Auf das Pfarrhaus sei mit einer Schreckschusswaffe an Silvester geschossen worden. Solche Vorfälle seien einfach nur erschreckend und belastend. Einschüchtern lasse er sich von alledem nicht, sagt der 44-Jährige, der auch als Notfallseelsorger hilft. "Ich habe schon Schlimmes gesehen."
Der Ulmer Polizeipräsident war schon vor Ort
Mittlerweile liegt der Fall beim Staatsschutz der Ulmer Polizei. Die Abteilung ermittle seit Beginn der Auseinandersetzung zu rund 22 Vorfällen, erklärte ein Polizeisprecher. Vor wenigen Tagen war auch der Ulmer Polizeipräsident laut Sedlak vor Ort. Gegen den 75-jährigen Gegenspieler des Geistlichen wird nun wegen des Vorwurfs des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen ermittelt.
Wenn er etwas im Nachhinein ändern könnte, sagt Sedlak, dann wäre es seine Reaktion auf das allererste Zusammentreffen mit dem 75-Jährigen. Der Mann habe den Hamas-Angriff damals als Fake-News bezeichnet. "Das konnte ich natürlich so nicht stehen lassen und habe ihm widersprochen." Zu dem Zeitpunkt habe er noch das Gefühl gehabt, die Fäden in der Hand zu halten. Das sei heute nicht mehr so. "Im Nachhinein denke ich, ich hätte einfach Stopp sagen und die Polizei rufen sollen."
Aus seiner Gemeinde und von seinem Amt will sich Sedlak nicht vertreiben lassen. Das Leben in Langenau sei zu lebenswert. Auch wenn bei seinen Gottesdiensten ohne Polizei nichts mehr geht.