Heimkommen
Zurückkehren und die passende Wohnung finden
Verlagsthema Heimkehrer lassen sich von dem schwierigen Wohnungsmarkt kaum abschrecken. Die Suche nach einer Bleibe bezieht immer mehr das Umland mit ein.
Di, 22. Dez 2020, 18:10 Uhr
Verlagsthema
Thema: Heimkommen
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Dass sich zielstrebige Heimkehrer von diesem Umstand kaum abschrecken lassen, ist für Wulf Daseking, Stadtplaner, Architekt und früherer Baudirektor der Stadt Freiburg, jedoch sonnenklar. Viel zu hoch seien die Lebensqualität und der Freizeitwert in dieser sympathischen trinationalen Region.
Daseking, der an der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität Stadtsoziologie und zudem Studenten an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie unterrichtet, stellt aber auch fest, dass viele Menschen aus der Not eine Tugend machen und von den Städten hinaus aufs Land ziehen.
Und selbst wenn jemand bereit sei, für die Miete oder den Kauf einer Immobilie tatsächlich tiefer in die Tasche zu greifen, müsse er sich auf Engpässe einstellen. In Freiburg sei das längst eklatant, jedoch auch in Städten wie Offenburg, Lahr, Emmendingen und Lörrach habe diese Entwicklung inzwischen stattgefunden. In den vergangenen Jahren sei einfach viel zu wenig gebaut worden und das vor allem in den bezahlbaren Segmenten.
Die Thematik ist auch für den Freiburger Immobiliengutachter Frank Pfaff, unter anderem Mitglied der Freiburger Mietspiegelkommission, im Freiburger Gutachterausschuss und ebenfalls Dozent an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie altbekannt. In Freiburg und im gesamten Speckgürtel rund um die Schwarzwaldmetropole seien Kaltmieten um mindestens neun bis zehn Euro pro Quadratmeter (Altbau) und zwischen 12 und 16 Euro (Neubau) längst die Regel.
Die Immobilienpreise seien analog dazu ebenfalls in die Höhe geschnellt. "Das ist wie so eine Schockwelle, die von der Stadt Freiburg ausgeht und sich immer weiter ausdehnt", erklärt Pfaff. Jegliche Versuche der Verwaltungen, da regulierend einzugreifen, hätten bislang kaum Erfolg gehabt und meistens sogar zum Gegenteil geführt. Wie Daseking beobachtet auch Pfaff, dass die Menschen oft keine andere Wahl hätten und dann doch mitziehen würden bei diesen Preisen. "Alles, was auf den Markt kommt, ist auch ganz schnell wieder weg", hat er gelernt.
Ein Phänomen übrigens, dass inzwischen in fast allen großen attraktiven Städten zu beobachten sei. Und selbst kleinere Kommunen – in der Region nennen beide Experten Bad Krozingen (Schienenanschluss) oder Breisach (S-Bahn-Anschluss) seien attraktiv (und damit immer teurer) für potenzielle Mieter und Kaufinteressenten. "Wenn der Job und die Umgebung stimmen, nimmt man das jedoch oft in Kauf", ist Pfaff überzeugt.
So weit, so gut, für Daseking ist aber die Abkehr der Menschen von der Stadt keine Lösung auf Dauer und er beschreibt folgende Situation: Der Ex-Freiburger kommt zurück, weil er einen neuen Job hat. Er zieht zunächst in eine ganz kleine Wohnung in der Freiburg, um sich dann in Ruhe nach einem größeren Objekt umzuschauen. Weil er das aber nicht schnell genug findet und die mehrköpfige Familie auch aufgrund der Kinder unbedingt zügig nachkommen will, erweitert er seine Suche bald auf die Umgebung, unterschreibt dort und geht seiner früheren Heimatstadt damit als "Motor einer aktiven Politik" verloren.
Werde das zur Regel, so Daseking, entwickle sich eine Stadt jedoch kontinuierlich nach außen und nicht – wie es sehr viel wichtiger wäre – nach innen. "Mehr und mehr wird es in der Folge teurer, die notwendige Infrastruktur einer Gemeinschaft überhaupt zu finanzieren und zu unterhalten", erklärt der Experte weiter.
Daseking spricht in diesem Zusammenhang auch die seiner Meinung nach stark veränderten Ansprüche auf dem Wohnungsmarkt an. Früher habe eine vierköpfige Familie ganz selbstverständlich auf 60 oder 70 Quadratmetern gelebt, heute sei deren Bedarf an Fläche höher und in den Städten kaum mehr zu befriedigen.
Um das auszugleichen, gelte es über eine andere, mehr Raum nutzende Architektur (etwa in der Höhe oder in die Straße hineinragende) nachzudenken oder leer stehende Büroetagen gezielt umzunutzen, um mehr Fläche zu bekommen. Dazu interessant ist auch diese Zahl: In Freiburg wurden laut Pfaff im Jahr 2019 gerade einmal rund 80 Einfamilienhäuser (darunter wenige Villen, aber auch Reihenhäuser und Doppelhaushälften) verkauft und nicht einmal ein knappes Dutzend neu gebaut. Viel zu wenig sei das gemessen an den Einwohnerzahlen. Das meiste spiele sich im Geschosswohnungsbau ab. Einfamilien-, Doppel- oder Reihenhäuser seien eher noch auf dem Land zu finden.
Bei den Firmen, die neue Mitarbeiter suchen, ist die heikle Wohnungssituation ebenfalls Thema. Manche sind dazu übergegangen, ihren Bewerbern bei der Suche zu helfen, ihnen vorübergehend firmeneigenen Wohnraum anzubieten; zusätzlich zu einem guten Gehalt, zu Goodies wie Jobrad, Jobticket oder Hansefit.
Das alles bringt einen Wohnungssuchenden zwar nicht wirklich weiter, erleichtert aber möglicherweise den Einstieg in den neuen Job und die damit verbundene Heimkehr in die südbadische Region. Und schlussendlich war das ja die erste, zukunftsweisende Entscheidung. Die damit verbundenen Schwierigkeiten lösen sich wahrscheinlich irgendwann auch noch. Auch die mit der passenden Wohnung.
Kommentare
Kommentarbereich ist geschlossen.