Blutspenden
So läuft die Arbeit im Blutspendezentrum in Freiburg – geringer Aufwand, großer Ertrag
Einen halben Liter Blut spenden – das tut nicht weh und geht relativ rasch. Eine solche Spende kann Leben retten. Ein Besuch im Blutspendezentrum der Freiburger Uniklinik.
Stefan Elsemann
Sa, 24. Mai 2025, 13:30 Uhr
Freiburg
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Die Welt hat schon fröhlichere Menschen gesehen als Holger Hiss. Der sportliche junge Mann ist zum Blutspenden in die Spendezentrale der Freiburger Uniklinik gekommen, doch es ist ihm unangenehm. Wenn sich die Schwester mit der Nadel nähert, kann er nicht hinschauen. Und trotzdem kommt er immer wieder, schon 14 Mal. Eine Bluttransfusion hat vor 20 Jahren seinem Cousin das Leben gerettet, und so möchte er Gutes tun, spenden. Es "wächst ja nach", was er spendet. Anders als Holger Hiss macht das Prozedere den meisten Spendern nicht viel aus – der kleine Stich, man spürt ihn kaum. Und es ist ja schnell vorbei, nach etwa zehn Minuten und häufig noch schneller.
"Wenn die Vene schön dick und fest ist und die Nadel perfekt drin liegt, geht es in vier Minuten", sagt Alexia Fante, seit 16 Jahren im Leitungsteam. Für Conny Maus ist es etwas ganz Selbstverständliches, zur Blutspende zu gehen, erst recht, seitdem sie mit 27 Jahren selbst einmal eine Bluttransfusion bekommen hat. Sie hat ihre Tochter mitgebracht und der Kleinen wird nicht langweilig, bei all dem, was um sie herum passiert, mit der Mama, mit den Geräten und den knallrot gekleideten Frauen, die die Spender umsorgen.
Verwendet werden extra dicke Nadeln
"Blutengel" werden sie in anderen Blutspendezentren genannt. Ein Freiburger Blutengel ist Ute Biedermann. Mit auffälligen Tattoos und ansteckender Fröhlichkeit gesegnet, hat sie soeben den schmerzempfindlichen Holger Hiss an die Nadel gelegt. Erst seit gut einem Jahr arbeitet sie in der Freiburger Blutspendezentrale, doch als klassisch geschulte Arzthelferin bringt sie 30 Jahre Berufserfahrung im Punktieren von Venen mit: "Ich schaue genau hin, wo die Venen laufen, es geht darum, die Mitte zu treffen, sonst saugt sich die Nadel an der Venenwand fest wie ein Staubsauger und das Blut kann nicht mehr richtig fließen".
Damit es zügig vorwärtsgeht mit dem Blutfluss werden extra dicke Nadeln verwendet. Doch "ob es weh tut und wie sehr, hängt nicht von der Dicke der Nadel ab", sagt sie, das sei bei jedem Spender verschieden. Je nachdem, ob sich ein Nerv in der Nähe der Einstichstelle befände – und natürlich spiele der Kopf auch eine Rolle. Wie gut sich die Venen eignen, wird nach Schulnote beurteilt. Wer in der Blutspendezentrale als medizinische Fachangestellte (MFA) einsteigt, bekommt zuerst einmal die gut sichtbaren 1er- und 2er-Venen zugeteilt.

Nur wenige Minuten dauert es, bis der halbe Liter Blut im Beutel ist, doch die Zeit davor mag einigen Spendern umso länger vorkommen. Sicherheit ist oberstes Gebot. Ein überaus detailfreudiger Fragebogen muss ausgefüllt werden, die Identität wird geprüft, es folgen Blutuntersuchung, Blutdruck- und Temperaturmessung, dann geht es zur Ärztin, die den Fragebogen bespricht und fragt, ob alles in Ordnung ist. Und dann heißt es warten, bis der Aufruf zur Spende kommt.
Wie notwendig diese penible Voruntersuchung ist, zeigt sich, wenn der Fragebogen Überraschendes zu Tage fördert. Rückkehrer aus dem Urlaub müssen häufig vier Wochen mit dem Spenden warten, wenn sie an bestimmten Urlaubsorten gewesen sind. Neben allen außereuropäischen Ländern stehen aktuell auch Paris, Rom, Barcelona und Südfrankreich auf der Liste, wegen Dengue- und anderen Viren, die dort verbreitet sind. So kommt es, dass immer nach den Ferien der Bedarf an Spenden steigt, weil einige der regelmäßigen Spender für vier Wochen gesperrt sind. Doch der Bedarf ist immer hoch.
In der Freiburger Uniklinik kommen jährlich etwa 27.000 Spenden zusammen, 30.000 wären eigentlich vonnöten. Die Spendenbereitschaft hat bundesweit nachgelassen, warum genau, weiß man nicht. Echte Versorgungsengpässe gibt es aber nicht, weil parallel zum sinkenden Spendenaufkommen durch ein verbessertes Management weniger Blut als früher für die Operationen gebraucht wird.
Kraftvolle Zentrifugen teilen das Blut in seine Bestandteile auf
Frische Spenden werden sofort weiterverarbeitet. Unter dem Klinikgelände verläuft ein Tunnelsystem, darin rollen die Spendenbeutel auf unbemannten Wagen zu einem anderen Gebäude zur Fraktionierung, zu deutsch: Aufspaltung. Hier stehen immens kraftvolle Zentrifugen, die das Blut in seine Bestandteile aufteilen. Im Wesentlichen sind das die roten Blutkörperchen, die Erythrozyten, die bei vier Grad bis zu 49 Tage gelagert werden können, und das Blutplasma, das tiefgefroren bei minus 40 Grad sogar drei Jahre verwendungsfähig bleibt. Schon am Folgetag stehen in der Regel die frischen Spenden zur Verfügung.
Was heutzutage mit einer solchen Selbstverständlichkeit gehandhabt wird, geht auf Karl Landsteiner und die Entdeckung der Blutgruppen A, B, AB und 0 zurück, sowie der Erkenntnis, welche miteinander harmonieren und welche nicht. Erst gut 120 Jahre ist das her; davor waren Bluttransfusionen ein Glückspiel, das häufig tödlich endete.
Wer als medizinische Fachangestellte bei der Freiburger Blutspendezentrale aufgenommen wird, wechselt so schnell nicht mehr den Arbeitsplatz – wegen der guten Atmosphäre. "Zu uns kommen nur gesunde Menschen, sie kommen freiwillig, früher hatte ich immer nur mit kranken Menschen zu tun", sagt Ute Biedermann. Regelmäßige Arbeitszeiten seien ein zusätzliches Plus.

Dass die meisten Mitarbeitenden auch selbst spenden, ist Ehrensache, allen voran der Chef: Schon seit 20 Jahren ist Markus Umhau ärztlicher Leiter der Blutspendezentrale, seine 1000ste eigene Spende wurde vor kurzem gebührend gefeiert. Oder Saadia Kechkach. Eigentlich hat sie frei, doch sie ist trotzdem da, zum Thrombozytenspenden an ihrem Arbeitsplatz. Uwe Schollmeyer auf der Nachbarliege ist einer, den sie normalerweise versorgt. Mit 317 Spenden ist er ein Spendenveteran.
Thrombozyten, die Blutplättchen, kann man nur vier Tage aufbewahren – sie werden unter anderem bei der Krebstherapie ständig gebraucht. Thrombozytenspender müssen gute Venen haben, einen stabilen Kreislauf – und vor allem reichlich Thrombozyten im Blut, sonst würde das Spenden zu lang dauern. Zudem müssen sie Zeit mitbringen, denn der Vorgang dauert bis zu zwei Stunden. Die Thrombozyten werden beim Spenden separiert und alles andere wieder in die Adern zurückgegeben. Insgesamt wird der Körper weniger belastet, und so dürfen die Spender statt alle zwei Monate wie Vollblutspender sogar alle zwei Wochen zum Spenden kommen – nicht wenige tun dies auch.
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- Hilfsorganisation: Rotes Kreuz in Oberbergen beklagt Rückgang bei Blutspenden