Interview

Das Erfolgsgeheimnis der Freiburger Bio-Soßen-Manufaktur "Emils"

Katja Rußhardt

Von Katja Rußhardt

So, 21. Mai 2023 um 07:00 Uhr

Gastronomie

Der Sonntag Mit einem zusatzfreien Honig-Senf-Dressing fing alles an. Heute ist die Freiburger Bio-Manufaktur "Emils" mit ihren Saucen und Dressings selbst in Japan bekannt. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Michael Wiese.


BZ: Sie haben mit Ihren zusatzfreien Salatsaucen einen Nerv getroffen. Sind die wirklich so neu?
Wiese: Ja, es gibt zwar zahlreiche Saucen in Bio-Qualität, aber keine, die komplett auf Verdickungsmittel wie Guarkernmehl oder Xanthan verzichten. Man muss nur auf die Zutatenliste schauen, da findet man dann auch oft Branntweinessig und Wasser – oder Citronensäure.

BZ: Wasser zum Verdünnen und Branntweinessig anstelle von hochwertigem Essig?
Wiese: Genau. Neben den Verdickungsmitteln gibt es das auch oft bei Fertigsaucen, da es günstige Zutaten sind. Aber daheim in der Küche, bei einer selbstgemachten Salatsauce, macht man ja genau das Gegenteil: Einen guten Senf, kaltgepresstes Öl, Aceto balsamico, Kräuter und Gewürze – mehr braucht es nicht. Durch das Öl und den Essig ist die Sauce auch haltbar. Konservierungsmittel sind da überhaupt nicht nötig. Unsere Philosophie: Die Kunst des Weglassens und Produkte, die aus Zutaten bestehen, die jeder auch zuhause hat.

Das erste Rezept stammte aus WG-Zeiten

BZ: Ihr erstes Produkt war eine Salatsauce mit Honig und Senf. Ein Klassiker, den jeder auch zuhause schnell zubereiten kann.
Wiese: Das stimmt. Mein Mit-Gründer Jens Wages und ich hatten sie in unserer Wohngemeinschaft als Zivildienstleistende in Karlsruhe schnell gemischt und beispielsweise zu Partys oder Familienfesten mitgenommen. Selbst die Mütter von Freunden fragten dann nach dem Rezept.

"Wenn Mütter das Rezept kopieren, dann ist der Markttest doch eigentlich schon bestanden."


Das hatten wir noch im Hinterkopf, als wir 15 Jahre später unsere Jobs gekündigt haben, um uns selbständig zu machen. Wir haben uns gedacht: Wenn Mütter das Rezept kopieren, dann ist der Markttest doch eigentlich schon bestanden.

BZ: Sie setzen auch konsequent auf Regionalität. Setzt Ihnen dieses Kriterium nicht Wachstumsgrenzen?
Wiese: Eher im Gegenteil. Wenn ich an die vergangenen zwölf Monate mit den ganzen Engpässen denke – beispielsweise bei Öl- oder Senf-Saaten –, dann war es ein großes Glück, dass wir unsere ganzen Lieferanten noch persönlich kennen und sie nah bei uns haben. Wir wurden immer weiter mit Zutaten beliefert und konnten so weiter herstellen und auch wachsen. Und auch im Wachstum gibt es für uns genug großartige Zutaten in der Region. Unser Apfelessig kommt seit unserer Gründung aus derselben Essigmanufaktur aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis und der Bioland-Apfelsaft dafür wird immer aus baden-württembergischen Streuobstäpfeln gepresst. Die Erzeuger freuen sich eher, dass wir jetzt nicht mehr immer nur ein 200 Liter-Fass Essig bestellen, sondern 10.000 Liter auf einmal.

Der Vorteil regionaler Lieferanten

BZ: In Ihrem Sortiment gibt es ein "Baden-Württemberg-Dressing". Wie weit darf der Radius bei so etwas sein?
Wiese: Dafür waren wir in ganz Baden-Württemberg unterwegs. Wir haben Erzeuger für Öl, Essig, Senf und Gewürze gesucht und sie auch noch zu einer Bio-Baden-Württemberg-Zertifizierung motiviert. Die Kräuter bekommen wir jetzt zum Beispiel vom Bodensee und aus der Hohenlohe, statt zuvor verteilt aus Europa. Wir verkaufen die Dressings auch nur in Baden-Württemberg nach dem Motto "aus der Region für die Region". Im Januar wurden wir dafür auf der Grünen Woche in Berlin mit dem "Regional-Star 2023" ausgezeichnet.

BZ: Bis heute sind Sie reine Hobbyköche. Wie entwickeln Sie Ihre Rezepturen, etwa für eine Sauce Hollandaise ohne Butter und Ei oder eine samtig schmeckende Mayonnaise?
Wiese: (Lacht) Ja, als Betriebswirt und Wirtschaftsingenieur waren Jens und ich wirklich keine ausgewiesenen Profis, um Lebensmittel zu entwickeln. Aber gerade das hat es uns auch leicht gemacht, ganz traditionell an Rezepte zu gehen, wie es noch Oma gemacht hat. Wir tüfteln im Team mit verschiedenen Zutaten aus dem Küchenschrank so lange an einer Rezeptur, testen und probieren, bis wir denken: Wow! Und mit Juliane Ankenbrand haben wir dafür seit vielen Jahren eine Lebensmitteltechnologin im Team, bei der das von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt in professionellen Händen ist.

Auszeichnung der Tierrechtsorganisation PETA

BZ: Für Ihre vegane Mayo haben Sie von der Tierrechtsorganisation PETA erst kürzlich den "Vegan Food Award 2023" erhalten. Was bedeutet Ihnen diese Ehrung?
Wiese: Wir lassen in unseren Saucen nicht nur konsequent alle Zusatzstoffe weg.

"Es ist besser, wenn man sich erst gar nicht fragen muss, wie die Hühner gehalten wurden."

Auch Ei kommt für uns nicht als Zutat infrage. Es ist besser, wenn man sich erst gar nicht fragen muss, wie die Hühner gehalten wurden. Da ist der Preis für uns eine doppelte Bestätigung für unser konsequentes Weglassen: kein Verdickungsmittel, kein Ei – aber lecker, wie eine selbstgemachte Mayo.

BZ: Mit 15 Mitarbeitern in der Produktion sind Sie ein vergleichsweise kleines Unternehmen. Was planen Sie für die Zukunft?
Wiese: In einigen Monaten ziehen wir auf das Freiburger Güterbahnhof-Areal – dort bauen wir gerade unser neues Produktionsgebäude. Dann haben wir endlich mehr Platz und können unsere Saucen mit eigenem PV-Strom vom Dach unserer Bio-Manufaktur herstellen.

Info: Emils Bio-Manufaktur, http://www.emils.com Wageswiese GmbH, Kartäuserstr. 60, Freiburg.