Spirituose
Nach Schwarzwald-Gin kommt Schwarzwald-Rum: Wie die Bahlinger Destillerie Weiß Rum neu erfindet
Sie gilt als geheimnisumwitterte Spirituose der Karibik und schlägt nun Wurzeln im Kaiserstuhl: In alten Kirsch- und Zwetschgenfässern der Brüder Weiß reift ein Schwarzwald-Rum.
Sa, 28. Jun 2025, 17:00 Uhr
Gastronomie
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Honigsüßer Blütenduft. Herbes, sonnenwarmes Gras und Kräuter. Äpfel, Kirschen und Zwetschgen, frisch gebackener Kuchen: "Eigentlich waren wir schon immer von einem vielschichtigen Aromen-Potpourri umgeben", erzählt Marcel Weiß. Als Kind stromerte er mit seinem Bruder Simon auf den Obstwiesen, in den Weinbergen und im Rosengarten der Mutter herum. Half beim Sammeln von Streuobst, das letztlich in Opa Alberts geheimnisvollem Kupferkessel verschwand. Der zog als Herzstück der kleinen Destille an Brenntagen nicht nur Marcel magisch an.
"Es war eine schöne Zeit, wenn unser Opa gebrannt hat, und immer was los. Das halbe Dorf kam vorbei und blieb stundenlang da", erinnert Marcel Weiß sich an den Beginn seiner Leidenschaft im aus dem 18. Jahrhundert stammenden Hof in Bahlingen. Während sich sein zwei Jahre älterer Bruder Simon für eine Ausbildung zum Winzer entscheidet, wird er Destillateur und Getränketechnologe.
Barbados, Jamaika, Martinique, Kuba… und Bahlingen
Barbados, Jamaika, Martinique, Kuba… und Bahlingen: Für eine schlüssige Verbindung muss man schon im schattigen Innenhof sitzen und Nase und Gaumen einbeziehen. Sich einem Destillat widmen, das hier kaum einer vermutet hätte, auch wenn die Brüder Weiß spätestens nach dem Kreieren eines Karottengeists und ihrem mit Minze, Rose und Schafgarbe komponierten Gin ("Weißbart") für Experimentierfreude bekannt sind. Schluss mit Rätselraten: Es geht um Rum.
Jenes gehaltvolle, tropisch-füllige Destillat, für das Zuckerrohrsaft oder Melasse vergoren und gebrannt werden. Rum-Experte Ian Burrel weiß, dass im Sanskrit bereits die Worte Sidhu und Gaut für fermentierte Zuckerrohrgetränke existierten. Im 17. und 18. Jahrhundert ist die Insel Barbados vermutlich erster Hotspot der Rumherstellung, britische Siedler legten dort Zuckerrohrplantagen an.
"Wir haben schon vermutet, dass Rum nach dem Hype um Gin in den Blickpunkt rücken könnte, auch wenn es ihn ja schon lange in bekannten Sommercocktails gibt", sagt Marcel Weiß und füllt wenige Milliliter "Wildbart" in ein bauchiges Schnapsglas. Schon das reicht: Haselnuss, Mokka und karamellige Noten beim ersten Hineinschnuppern, im Mund dann ein warmes fruchtiges Bouquet aus Sauerkirsche und Zwetschge mit angenehm holzigen Noten.
Der Rum wird erstmal zweieinhalb Jahre in Sherryfässern gelagert
Rum aus südamerikanischer Melasse mit Geschmackskomponenten ihrer Heimat herzustellen, war für Marcel und Simon Weiß eine reizvolle Aufgabe: "Wir haben uns vor sechs Jahren auf Initiative einiger Rum-Enthusiasten eine Rezeptur ausgedacht und mittlerweile verfeinert, bei der Aromen aus dem Schwarzwald im Vordergrund stehen", erzählt Simon Weiß. Das braucht Zeit, denn nach dem Destillieren in der darauf spezialisierten Brennerei Wild in Gengenbach wird der Rum zunächst zweieinhalb Jahre in Sherryfässern gelagert, kommt dann zum Veredeln sechs Monate in alte Kirsch- und Zwetschgenlikörfässer.
Einen Rum mal an einem Sommerabend mit Freunden pur zu probieren und sich über die Geschmackserlebnisse auszutauschen, raten die Weiß-Brüder allen, die ihn bisher nur als Bestandteil von Cocktails und Longdrinks kennen. Ihr Favorit ist ein würzig-spritziger Caribbean Mule. Dafür 5 cl "Wildbart"-Rum mit 1,5 cl Limettensaft und 1 cl Honig- oder Zuckersirup in ein Glas geben, mit Eis auffüllen und 8 cl Ginger Beer hinzufügen. "Die Schärfe des Ingwers verbindet sich sehr schön mit der Süße des Rums", sagt Simon Weiß, hätte da aber auch noch ein schönes Rezept für ein Dessert: Äpfel und Mandelhobel in Butter leicht anbräunen und mit einem Schuss Rum ablöschen.
Kontakt und Bezugsquelle: www.weiss-destillerie.de
Lesetipp: Ian Burrell: Workshop Rum. Übersetzt von Brigitte Rüßmann und Wolfgang Beuchelt, 224 Seiten, Dorling Kindersley, 24,95 Euro.