Heidelbeeren
Heidelbeeren sind zum Trend-Snack avanciert
Von Omas Marmelade zum "Superfood": Die Heidelbeere hat sich vom Nischenprodukt zur globalen Snack-Ikone entwickelt, wie Zahlen untermauern. Warum sie heute in jedem Supermarkt und Instagram-Feed landet.
Jonas-Erik Schmidt (dpa)
So, 22. Jun 2025, 7:00 Uhr
Gastronomie
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Die Welt hat schon einige absurd steile Karrieren gesehen. Aber wenige Aufstiegsgeschichten erzählen so viel über unsere Gesellschaft wie die einer kleinen blauen Beere, die einst nur ein Geheimtipp für Großmutters Marmelade war – und heute als "Superfood" gehypt wird. Wie beliebt die Heidelbeere inzwischen ist, verdeutlicht eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov. Unter denjenigen, die Früchte essen (es soll auch noch Skeptiker geben), zählte fast die Hälfte (47 Prozent) die Heidelbeere zum Lieblingsobst. Damit lag sie knapp hinter der Himbeere (53 Prozent), aber deutlich vor der Brombeere (31 Prozent).
Die Heidelbeer-Flächen in Deutschland sind in den vergangenen Jahren gewachsen. Die Kulturheidelbeere war demnach 2024 mit einer Anbaufläche von 3500 Hektar (plus 0,9 Prozent gegenüber 2023) "die bedeutendste Strauchbeerenart in Deutschland", stellt das Statistische Bundesamt fest. Seit der ersten "Strauchbeerenerhebung" im Jahr 2012 sei die Fläche kontinuierlich ausgeweitet worden. Damals wurden erst auf knapp 1840 Hektar Heidelbeeren angebaut, die auch Blaubeeren heißen.
Der Verbrauch ist aber noch stärker gestiegen – es gibt mittlerweile enorme Importe aus dem Ausland. "Die Importzahlen für Heidelbeeren haben sich in Deutschland seit 2018 verdoppelt. Seit 2015 haben sie sogar um den Faktor 4,5 zugenommen", sagt Claudio Gläßer, Marktanalyst bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft.
Früher waren Heidelbeeren im Supermarkt rar
Spätgeborenen fällt es vermutlich schwer, sich das vorzustellen, aber lange Zeit fand man Heidelbeeren im Supermarkt selten und wenn, dann sehr teuer und in eher überschaubaren Mengen. Heute kann man die Beeren zu jeder Jahreszeit nach Hause tragen, oft auch in eimerartigen Kübeln.
Marktanalyst Gläßer, Jahrgang 1990 und bekennender Heidelbeer-Esser, kann sich erinnern, wie schwierig es einst war, an die kleinen blauen Knubbel zu kommen. "Ich war froh, als ich irgendwann meinen eigenen kleinen Strauch hatte. Damals war das ein reines Saison-Phänomen." Heute nicht mehr. "Es gibt mittlerweile keine Phasen im Jahr mehr, in denen es keine Heidelbeeren gibt", sagt Gläßer.
Wer versucht, die Gründe für die Expansionsgeschichte der Heidelbeere zu finden, landet mitten im Grundrauschen unserer Zeit: ein bisschen Komplexitätsreduzierung hier, etwas Selbstoptimierung dort. Und Technologie, denn Heidelbeeren sind höchst fotogen und machen auf Instagram eine gute Figur. Wo es um gesunde Ernährung geht, werden die blauen Beeren schon seit Jahren als "Superfood" gehypt. Die zuckerarmen Früchte enthalten laut Bundeszentrum für Ernährung vergleichsweise viel Vitamin E und Mangan. Ihr hoher Gehalt an Anthocyan soll dafür sorgen, dass sie im menschlichen Organismus zellschützend wirken.
Snack der Generation Convenience
Vor allem aber sind Heidelbeeren recht einfach zu handhaben, was in eine Zeit passt, in der man Gutes will, aber bitte ohne allzu klebrige Finger. "Im Kühlschrank halten sich Heidelbeeren zum Beispiel viel besser als andere Beerenfrüchte", sagt Gläßer. "Im Vergleich zur Erdbeere muss auch nichts geschnippelt werden." Es bleibe einfach nichts zurück – eine wichtige Eigenschaft für einen Snack. In anderen Ländern würden die Beeren sogar schon als Popcorn-Ersatz im Kino angeboten.
"Unter kontrollierten Bedingungen kann man Heidelbeeren vier bis sechs Wochen lagern", erklärt Gläßer. Das wirke sich auf die möglichen Transportwege aus. "Heidelbeeren müssen heute nicht mehr eingeflogen werden, sondern können in Containern aus Peru per Schiff importiert werden." Die Transportkosten seien dadurch niedriger. Derart weit gereiste Früchte haben natürlich nicht unbedingt eine gute Klimabilanz. Bislang hat das dem Boom der Beere aber nicht geschadet.