BZ-Aktion Weihnachtswunsch

Die BZ-Aktion Weihnachtswunsch hilft in Lahr auch in Wohn-Notlagen

Der Wohnungsdruck in Lahr nimmt zu. Das trifft nicht nur Ärmere, sondern zunehmend auch die Mittelschicht, warnt etwa die Caritas. Die BZ hat nachgehakt.  

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In Lahr herrscht ein angespannter Wohnungsmarkt.  | Foto: Martin Bildstein
In Lahr herrscht ein angespannter Wohnungsmarkt. Foto: Martin Bildstein

"Hohe Mietkosten sind ein erhebliches Armutsrisiko", erklärt Franziska Pampuch für die Caritas, einem der Partner, mit dem die BZ für die Aktion Weihnachtswunsch zusammenarbeitet. Mittlerweile betreffe die Belastung nicht mehr nur Geringverdiener, sondern zunehmend auch die Mittelschicht. Dieser Einschätzung stimmt auch Rainer Wünsch zu. Er ist der Vorsitzende des Deutschen Mieterbunds Offenburg-Lahr. Als bezahlbar gelte eine Miete, die nicht mehr als ein Drittel des Nettoeinkommens eines Haushaltes beansprucht, erläutert er. "Oftmals müssen Menschen aber mehr ausgeben", weiß Pampuch. Bei einkommensärmeren Haushalte liege die Quote bereits bei 50 Prozent, bestätigt Wünsch: "Düster sieht es für Menschen mit geringer Rente, für Personen am unteren Ende der Lohnskala, für Alleinerziehende und für Menschen mit Behinderung aus, die eine bezahlbare Wohnung suchen."

Wie ist die Wohnungslage in Lahr?

"Lahr ist in der Gebietskulisse Baden-Württemberg aufgeführt. Das bedeutet, dass wir in Lahr einen angespannten Wohnungsmarkt vorfinden", erklärt Rainer Wünsch. Dem stimmt die Stadt zu – zumindest für einige Sektoren. Sie betont jedoch: "Lahr hat nach Überzeugung der Stadtverwaltung kein ausgeprägtes Wohnungsproblem." Den steigenden Druck auf den Mietmarkt in Lahr spüre man jedoch "eindeutig", erklärt Diplom-Immobilienwirt und Prokurist Dennis Ragosin von rbs Immobilien. Das Maklerbüro ist in Lahr ansässig und betreut zusätzlich eine große Zahl an Miet- und Objektverwaltungen. "Der Druck am Lahrer Wohnungsmarkt ist hoch bis sehr hoch", lautet seine Einschätzung.

"Während früher zehn bis 20 Anfragen für typische Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen üblich waren, sind es heute oft 30 bis 50, in gefragten Lagen sogar darüber. Dieses Bild bestätigt sich auch in unseren verwalteten Beständen, wo sich die Zahl der Bewerbungen pro frei werdender Wohnung ebenfalls stark erhöht hat", schildert Ragosin. Dazu kommen weniger verfügbare Mietwohnungen: "Die Fluktuation ist gering, viele Mieter bleiben langfristig und neue Angebote entstehen zu selten." Das führe zu einem dritten Phänomen: "Die Angebotsmieten sind in den letzten Jahren spürbar gestiegen", bilanziert Ragosin. "Besonders moderne oder sanierte Wohnungen sowie Einheiten in zentralen Lagen erreichen heute deutlich höhere Mietpreise als noch vor einigen Jahren."

Diplom-Immobilienwirt und Prokurist De...sich verschärfenden Mietmarkt in Lahr.  | Foto: rbs Immobilien
Diplom-Immobilienwirt und Prokurist Dennis Ragosin von rbs Immobilien erwartet einen weiterhin angespannten bis sich verschärfenden Mietmarkt in Lahr. Foto: rbs Immobilien

Die Stadt Lahr merkt den angespannten Mietmarkt deutlich durch den Anstieg der Zahl der Wohngeldempfänger: "Diese lag im Jahr 2022, also vor der Wohngeldreform, bei durchschnittlich 578 Personen und liegt im Jahr 2025 aktuell bei rund 1224 Empfängern." Jedoch betont die Stadt: Diese Zahlen allein eigneten sich nicht als verlässlicher Maßstab, da sie von weiteren Faktoren wie der verstärkten medialen Präsenz des Themas Wohngeld beeinflusst werden.

Rainer Wünsch, Vorsitzender des Deutsc...r, fordert einen Mietspiegel für Lahr.  | Foto: ULRICH MARX
Rainer Wünsch, Vorsitzender des Deutschen Mieterbund Offenburg-Lahr, fordert einen Mietspiegel für Lahr. Foto: ULRICH MARX

Wie stark sind Mieten gestiegen?

Da Lahr – sowie auch der Ortenaukreis im Gesamten – keinen Mietspiegel hat, ist die Mietentwicklung nicht genau feststellbar. "Die Mieten in den deutschen Großstädten sind in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich um rund 50 Prozent gestiegen. Der Wert für Lahr als Mittelzentrum im ländlichen Raum wird spürbar darunter liegen, wobei zur Einordnung dieser Zahlen zu berücksichtigen ist, dass die allgemeine Inflation seit 2015 bereits um die 25 Prozent beträgt", erklärt Scherger. Der Ortenaukreis kann seine Abschätzung nur anhand der sozialhilferechtlich anerkennungsfähigen Mietkosten für die Leistungsberechtigten in der Grundsicherung und im Bürgergeld treffen. Sie richten sich nach den Werten des Wohngeldgesetzes. "Sie haben sich in den letzten 15 Jahren um circa 40 Prozent erhöht", Ingrid Oswald, Leiterin Amt für Soziales und Versorgung.

"Das große Problem sind nicht die Bestandsmietverhältnisse, sondern wenn jemand seine Wohnung wechseln möchte oder muss", erklärt die Stadt Lahr. Zudem seien die Mieten im Bestand bei der Wohnbau Stadt Lahr deutlich geringer gestiegen: Die Kaltmiete je Quadratmeter Wohnfläche sei von 2021 von durchschnittlich 6,40 Euro zu aktuell auf durchschnittlich 6,80 Euro gestiegen – also in vier Jahren um 6,2 Prozent und damit deutlich geringer als die Inflationsrate. "Bei der Wohnbau und auch bei den in Lahr aktiven Genossenschaften wohnen die Mieterinnen und Mieter noch sehr preiswert." Anderswo in Lahr werden oftmals mindestens zehn Euro pro Quadratmeter für Mietwohnraum verlangt.

Warum ist die Wohnungslage so?

Um es kurz zu sagen: Lahr und die Ortenau sind eine attraktive Region. "Lahr verzeichnet weiterhin eine stabile Bevölkerungsentwicklung und Zuzug aus der umliegenden Region, der Schweiz und dem Ausland – die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich", erklärt Ragosin. So biete Lahr mit Industrie, Logistik und Mittelstand eine wirtschaftliche Stabilität. Zudem liegt die Stadt im Achsenraum Freiburg–Offenburg, wodurch viele Pendler nach Lahr ausweichen. Der Makler sieht zudem eine Knappheit an Zwei- bis Drei-Zimmerwohnungen sowie ein besonders enges Angebot bei familiengeeigneten Vier-Zimmer-Einheiten und Mietshäusern.

Wie sind die Aussichten?

"Was theoretisch entlasten könnte – mehr Neubau, politische Maßnahmen, sinkende Baukosten – ist derzeit wenig realistisch. Aus praktischer Erfahrung erwarten wir daher einen weiterhin angespannten bis sich verschärfenden Mietmarkt in Lahr", so Ragosin. Denn: Es werde weiterhin einen hohen Zuzug in die Ortenau geben.

Die Stadt Lahr hingegen ist optimistischer. Sie betont, dass durch den verstärkten Wohnungsbau seit 2010 in der Gesamtbetrachtung sogar eine leichte Entspannung erreicht wurde: "Aktuell und in näherer Zukunft sind zahlreiche Wohnungsbauvorhaben in der Fertigstellung beziehungsweise der konkreten Planung. Lahr verfügt über eine Vielzahl an Wohnbauflächenpotenzialen, die in der Regel kurz- bis mittelfristig bebaubar sind, sodass wir keine Verschlechterung der Gesamtlage in der Stadt erwarten." Allerdings sei festzustellen, dass auch durch intensiven Neubau von Wohnungen aufgrund der hohen Grundstücks- und Baupreise keine deutliche Entspannung im Segment des bezahlbaren Wohnens erreichbar sein werde. Der Mieterbund Offenburg-Lahr begrüßt in diesem Kontext die Sozialwohnungsquote in Offenburg und Lahr, bei bei größeren Wohnungsbauprojekten 20 bis 30 Prozent der Wohnfläche als geförderten Mietwohnraum vorschreibt.

In anderen Städten sieht es nicht besser aus

Wie sieht es im gesamten Ortenaukreis aus? Nicht wesentlich anders, meint Rainer Wünsch. "In den zurückliegenden Jahren hatten wir einen überdurchschnittlichen Anstieg der Wohnungsnachfrage um 5,7 Prozent sowie eine überdurchschnittliche Beschäftigungsentwicklung von 9,9 Prozent. Der Ortenaukreis ist wirtschaftlich eine starke Region. Eine starke Wirtschaft zieht Arbeitskräfte an. Um das Wirtschaftswachstum haben sich die Kommunen und Bürgermeister immer bemüht, nicht aber um die dafür notwendigen Wohnungen", klagt er. 440.000 Einwohner lebten im Ortenaukreis mit seinen 180.400 Haushalten. Für das Jahr 2035 werde ein Anstieg auf 191.900 Haushalte vorausgesagt. Zirka 3500 weitere Wohnungen sind aktuell in der Region nötig pro Jahr, um die Nachfrage zu stillen. Das sei mit Neubauten alleine nicht zu erreichen. Wünsch fordert deshalb unter anderem, dass Mietwohnungen schneller wieder dem Markt zur Verfügung gestellt werden. Aktuell gebe es im Ortenaukreis eine Leerstandsquote von vier Prozent. Auch gegen Zweckentfremdung von Wohnraum solle vorgegangen werden. Er fordert von den Kommunen entsprechende Verordnungen.

Könnte ein Mietspiegel helfen?

Wünsch fordert von der Stadt seit Jahren die Erstellung eines Mietspiegels. Denn dieser verhindere es, dass Vermieter den Wert für eine Mieterhöhung wahllos selbst bestimmen können. Dem muss Lahr nun ohnehin nachkommen, da die Stadt mittlerweile mehr als 50.000 Einwohner hat.

Wer die BZ-Aktion unterstützen will, kann dies mit einer Spende tun. Überweisungsträger sind in der BZ-Geschäftsstelle, Marktstraße 47, erhältlich. Es kann auf folgende Spendenkonten überwiesen werden: Volksbank Lahr BIC: GENODE61LAH, IBAN: DE72 68290000 0001 2222 01; Sparkasse Offenburg/Ortenau BIC: SOLADES1OFG, IBAN: DE85 66450050 0076 000555

Weitere Berichte und Informationen über die BZ-Aktion Weihnachtswunsch gibt es unter www.badische-zeitung.de/bz-aktion-weihnachtswunsch-2025

Drei Fallbeispiele der Caritas

Herr A. und seinen beiden Kindern, sieben und neun Jahre alt, wurde die alte Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die Miete der neuen Wohnung, die er nach langer Suche fand, kann er mit seinem Einkommen nicht allein bezahlen. Herr A. fragte die Caritas nach Möglichkeiten, die Wohnung zu halten. Die Caritas hat mit ihm einen Antrag auf Wohngeld und Kinderzuschlag gestellt.

Familie C., 2 Erwachsene und ein Kind, das zwei Jahre alt ist, zahlt für eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 80 Quadratmetern eine Kaltmiete von 1000 Euro und 300 Euro Nebenkosten. Als die Wohnung angemietet wurde, lebte die Familie noch von zwei Gehältern. Herr C. ist inzwischen Alleinverdiener, Frau C. nach ihrer Elternzeit arbeitssuchend. Nach Abzug sämtlicher Kosten bleibt der Familie derzeit wenig Geld übrig für Lebensmittel und Kleidung. Ein Antrag auf Wohngeld wurde bereits vor mehreren Wochen gestellt und ist in Bearbeitung. Familie C. ist inzwischen mit einer Monatsmiete im Rückstand. Gemeinsam mit der Caritas wurde Kontakt mit dem Vermieter aufgenommen. Durch lange Bearbeitungszeiten bei den Anträgen werden sich die fälligen Monatsmieten weiter anstauen. In der Beratung der Caritas wird versucht, eine Lösung mit der Familie zu finden. Ein Umzug in eine günstigere Wohnung ist durch den angespannten Wohnungsmarkt kaum möglich.

Familie M. kam mit vier Kindern aus einem EU-Land nach Deutschland. Herr M. hatte hier ein Jobangebot bekommen. Die Mietkosten für eine geeignete Wohnung waren sehr hoch. Herr M. investierte seine Ersparnisse in die ersten Mieten und in die Kaution. Die Familie mit einem Gehalt zu versorgen, war auf Dauer nicht mehr möglich. Zusätzlich zum Lohn hat Frau M. nun einen Antrag auf Kinderzuschlag und Wohngeld gestellt. Über BZ-Mittel wurde der Familie eine Neustarthilfe gewährt.

Schlagworte: Rainer Wünsch, Familie C., Franziska Pampuch
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