Die Lebensgeschichte im Tanz erzählen
Sieben Jugendliche mit Fluchterfahrung proben derzeit mit Profitänzern für das Projekt "Dance a way" / Aufführungen im E-Werk.
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FREIBURG-RIESELFELD. Freiheit – was ist das? Kinder haben das Wort auf eine Wand geschrieben, früher, in seiner alten Heimat in Syrien, erzählt But Alkourdi (19). Dann kam die Polizei und nahm die Kinder mit. Es sind solche Erlebnisse, die er und sechs andere Jugendliche erzählen: in Interviews, die mit Musik, Schauspiel- und Tanzszenen zu einem Gesamtkunstwerk werden im Projekt "Dance a way". Es ist die Fortsetzung des Tanztheaters "Move" von 2017. Verschiedene Kooperationspartner und Jugendliche mit Fluchterfahrung arbeiten dabei zusammen.
Sieben Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren proben mit insgesamt fünf Profi-Tänzerinnen und -Tänzern in Räumen des Kinder- und Jugendtreffs Rieselfeld im Untergeschoss des Kepler-Gymnasiums. Die meisten waren beim Vorgängerprojekt "Move" dabei, das wiederum aus dem Projekt "The shelter" des Kinder- und Jugendzentrums Weingarten, des Diakonievereins Freiburg-West und der mobilen Jugendarbeit Weingarten entstanden war. Der Tanzlehrer Islam Sedikki, der ursprünglich aus Algerien stammt, erzählt, dass es ihm genauso ging wie den Jugendlichen, als "Move" zu Ende war: Alle wollten weitermachen.
Das haben sie getan. Wieder haben Islam Sedikki und der Musik- und Technikverantwortliche Janosch Jehle eng zusammengearbeitet, dazu kommen die Tänzer wie der Hiphop-Breakdancer Arnold Nuss, aber auch Jana Ludin, die Internationales Management studiert hat und fürs Organisatorische zuständig ist, sowie Stefan Glimsche vom Kinder- und Jugendzentrum Weingarten. Sedikki fing vor sechs Jahren an, mit einer Tanzgruppe zu proben, auf der Straße und in Jugendtreffs – keiner der Tänzer hatte Geld für eine Tanzschule. Damals waren alle Anfänger, so wie But Alkourdi und Arman Ashra (15) aus dem Iran, die beide später dazustießen. Seit dem "Move"-Projekt hat sich bei allen viel getan, nicht nur beim Tanzen: "Sie sind viel selbstbewusster und reflektierter geworden", sagt Islam Sedikki.
Und sie sprechen inzwischen flüssig Deutsch. Ein Jugendlicher, der sich anfangs kaum hätte ausdrücken können, habe jetzt ganz selbstverständlich auf Deutsch gerappt. Interviews mit den Jugendlichen gab’s auch bei "Move" schon, jetzt aber gehen sie mehr in die Tiefe. Es geht viel um Alltagserfahrungen, davon, wie es ist, in einer fremden Umgebung zurechtkommen zu müssen – zum Beispiel, wenn Arman Ashra erzählt, dass er einige Wochen in einer Regelklasse im Goethe-Gymnasium war und das Gefühl hatte, von den anderen nicht aufgenommen zu werden.
So kam’s, dass er zurück in eine internationale Vorbereitungsklasse wechselte und jetzt den Werkrealschulabschluss anstrebt – obwohl er eigentlich studieren will. Das Tanzen ist für alle sehr wichtig: "Wir haben Spaß und lernen was Neues", sagt Arman Ashra. Die Proben begannen im Oktober, bis Januar war die Finanzierung ungeklärt, jetzt läuft sie über den Diakonieverein, den Verein "Hiphop 4 Hope", die Baden-Württemberg-Stiftung und das Kulturamt. Das große Ziel: Nach den Aufführungen in Freiburg würden sie gern eine Tour durch andere Städte machen. Mit "Move" waren sie im vergangenen Herbst immerhin bereits in Stuttgart.
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