Die Lust am Schaurigen ist auch eine Antwort auf die Aufklärung
"Sapere aude" – habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen. So predigen es die Aufklärer. Und so paradox es klingen mag: Diese Maxime lässt sich auch als Ermutigung zum Grusel verstehen.
Filmplakat von „Psycho“ Foto: imago/United Archives International
Die beiden Buben hatten den Abend genau geplant. Genaugenommen war es der Zwölfjährige, der alles vorbereitete. Der fünf Jahre jüngere Bruder hatte von der Aktion mitbekommen – und nun musste er eben mit dabei sein. Im Grunde war alles ganz einfach. Die Eltern waren Freitagabend eingeladen, irgendwo auswärts, es würde also spät werden. Bisher waren die Jungs immer brav ins Bett gegangen.
Das taten sie auch dieses Mal. Nur standen sie wieder auf, als sie sturmfreie Bude hatten, schalteten den Fernseher ein und warteten auf die letzte Stunde des Tages. Da war "Frankenstein" angekündigt – der Schwarzweißfilm von 1931. Der Ältere war ganz aufgeregt, weil ihm ein Schulfreund schon viel über das "Geschöpf" ...