Lörrach

Die Schöpflin Stiftung hilft Migranten auf dem Arbeitsmarkt

BZ-INTERVIEW: Tim Göbel von der Schöpflin Stiftung in Lörrach über Projekte, mit denen Migranten und Geflüchteten die Integration erleichtert werden soll.  

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Ein afghanischer und  indischer Flüchtling in einer Werkstatt.  | Foto: dpa
Ein afghanischer und indischer Flüchtling in einer Werkstatt. Foto: dpa

BERLIN. Migranten und Flüchtlinge sollen am Erwerbsleben in Deutschland teilhaben. Diesem Ziel hat sich die Schöpflin Stiftung verschrieben. Tim Göbel schildert die Projekte, die die Stiftung dabei verfolgt. Mit dem geschäftsführenden Vorstand der Stiftung sprach Bernhard Walker.

BZ: An diesem Mittwoch wird die Schöpflin Stiftung mit Hilfe einer Jury entscheiden, welche Projekte sie fördert, bei denen es um Unternehmensgründung von Geflüchteten und Migranten geht. Was steht hinter diesem Wettbewerb?
Göbel: Dahinter steht die Tatsache, dass es für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und das Gemeinwohl ganz wichtig ist, dass Migranten und Geflüchtete am Erwerbsleben teilhaben. Wir wissen ja, dass die Firmen von Migranten früherer Jahre hierzulande mehr als zwei Millionen Stellen geschaffen haben. Das ist fraglos ein großer Erfolg, an den wir anknüpfen müssen. Und dazu will die Stiftung in der aktuellen Lage ihren Beitrag leisten.
BZ: Wie sieht der aus?
Göbel: Zum einen haben wir den Wettbewerb "Perspektive: (neu)Start" initiiert, den Sie erwähnten. Uns liegen 31 Bewerbungen vor, aus denen die Jury drei auswählen wird. Dabei geht es um Projekte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, bei denen Geflüchtete beraten werden, wie sie ihre Gründungsideen in die Tat umsetzen können – wie sie es also schaffen, eine unternehmerische Existenzgründung mit Erfolg zu verwirklichen. Sich mit einer guten Idee selbständig zu machen, ist für Geflüchtete und Migranten natürlich schwer – und sei es nur, weil ihnen Netzwerke fehlen oder ihnen die Rahmenbedingungen von Steuern, Arbeitsrecht oder irgendwelchen Auflagen nicht vertraut sind. Genau deshalb setzen wir dort an und fördern jedes der Projekte über ein Jahr hinweg mit 50 000 Euro.
BZ: Bei der digitalen Flüchtlingsuniversität Kiron sind Sie mit 500 000 Euro pro Jahr der Hauptförderer. Worum geht es?
Göbel: Die Erfahrung zeigt, dass es durchaus zwei Jahre braucht, bevor ein junger Geflüchteter ein Studium an einer deutschen Universität aufnehmen kann. In dieser Zeit sind viele leider zum Nichtstun verdammt. Und genau das ändert Kiron, das im Herbst 2015 mit etwa 300 Studierenden startete und jetzt schon 2000 Studierende hat. Denn Kiron bietet Onlinekurse und gemeinsame Präsenzveranstaltungen, bei denen die Studierenden lernen – und zwar soviel, dass sie schon nach zwei Jahren beispielsweise an die RWTH Aachen oder die Hochschule Heilbronn wechseln können, wo sie dann rasch ihr Bachelor-Examen ablegen. Denn die Leistungen, die sie zuvor bei Kiron erbrachten, werden von diesen Hochschulen anerkannt. Im Raum Lörrach wohnen einige Kiron-Studenten, mit denen ich lange sprach. Für sie ist dieses Studium ein riesiger Hoffnungsschimmer in ihren bestimmt nicht einfachen Lebensumständen. Man darf ja nicht vergessen, dass diese Menschen alles hinter sich lassen mussten und sich nun in der Fremde und oft auch in einer lauten und übervollen Unterkunft zurechtfinden müssen.
BZ: Bei digitalen Studienangeboten gibt es meist hohe Abbrecherquoten …
Göbel: Das stimmt. Nur muss man fairerweise den Hinweis anfügen, dass sich diese Erkenntnis auf Studierende bezieht, die nicht geflüchtet sind und somit viel einfachere Lebensumstände haben. Wenn schon die sich schwertun mit dem Online-Studium, ist es umso wichtiger zu schauen, wie es besser gehen kann. Und das schafft Kiron, weil es dort nicht nur Online-Kurse, sondern eben auch Präsenzveranstaltungen gibt, bei denen sich die Studierenden untereinander und mit Mentoren treffen. Die Mischung aus online und offline, wenn ich das salopp so benennen darf, hat uns seitens der Schöpflin Stiftung als gelungenes Konzept überzeugt. Es geht uns ja nicht allein um die bloße finanzielle Förderung – so wichtig sie fraglos ist – sondern um ein nachhaltiges, grundlegendes Engagement.
BZ: Wie wirkt sich das aus?
Göbel: Ich schildere es an einem Beispiel. Der Wettbewerb, von dem wir eingangs sprachen, lobt nicht nur Geld aus. Den Gewinnern steht zudem der Rat des Instituts für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim zur Verfügung. Wir verstehen uns als aktiver Förderer, der die Fördernehmer über längere Zeit begleitet und ihnen dabei viel Freiraum lässt. So wollen wir dazu beitragen, dass entsteht, was ich als soziale Organisationen bezeichnen würde – also als die Struktur, die neben den staatlichen Institutionen sowie dem privaten Sektor für eine faire Gesellschaft unentbehrlich ist.

Tim Göbel (38) ist geschäftsführender Vorstand der Schöpflin Stiftung mit Sitz in Lörrach. Er studierte Wirtschaftswissenschaften in Witten/Herdecke, London und Hongkong. Zuvor war er zwölf Jahre im Gründungsteam der Zeppelin Universität in Friedrichshafen tätig.

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