Eine Gaunerkomödie im Garten

Offenburger Medienstudenten drehen in der Kleingartenanlage Wonnhalde einen Film über Schwarzbrenner.  

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„Mondscheinparty“ ist der Arbeitstitel des Kurzfilms, der seit vergangener Woche in der Kleingartenanlage Wonnhalde entsteht. Wirklich wichtige Leute erkennt man am Strohhut: links Kameramann Ruben Teshmar, rechts Regisseur Sven Heper. Foto: Thomas Kunz

WIEHRE. Azaleen und Gartenzwerge in akkuraten Blumenrabatten? Das langweilige Schrebergarten-Klischee trifft auf die Kleingartenanlage Wonnhalde nicht wirklich zu. Und auch der Film, den dort gerade Offenburger Medienstudenten drehen, ist alles andere als 08/15. Die Geschichte hat – rein zufällig – Bezüge zu einer Räuberpistole, die sich dort tatsächlich einmal zugetragen hat. Damals, wie nun im Film, ging es um eine illegale Schnapsbrennerei.

Ton läuft, Kamera läuft, bitte: "Herr Sturm und Herr Küllsen, es gibt Regeln, an die man sich halten muss." Der Kleingartenvorstand steht mit geballten Fäusten vor zwei Mitgliedern, die genervt in ihre Liegestühlen sinken, drum herum herrscht Hektik: Kameraleute deuten den Bildausschnitt, ein Tonmann klagt über Nebengeräusche, und der Regisseur gibt Anweisungen zur Szene.

In der Wonnhalde wird seit vergangener Woche der Kurzfilm "Mondscheinparty" gedreht. So lautet der Arbeitstitel eines Studentenprojekts der Hochschule Offenburg. In dem Film brennen zwei Typen im Garten schwarz Schnaps und verkaufen ihn an Kneipen – Ärger ist vorprogrammiert.

"Ich fahre täglich mit der Bahn an der Wonnhalde vorbei", erzählt Drehbuchautor und Regisseur Sven Heper, der aus Bad Oeynhausen (Nordrhein-Westfalen) stammt, in Günterstal wohnt und von dort nach Offenburg pendelt. Das Idyll habe ihn gereizt, sich eine Geschichte auszudenken, die da spielen könnte – und die sich letztlich als gar nicht so unrealistisch herausstellte, wie zunächst gedacht.

Gangster in Trenchcoat und Hut war zu langweilig

Heper studiert "Medien – Gestaltung und Produktion" im fünften Semester, der Film ist seine Semesterarbeit: "Vorgabe war eine Gangsterkomödie", sagt er, "aber der klassische Typ in Trenchcoat und Hut war mir zu langweilig." Deshalb habe er sich lieber für zwei moderne Verlierer im Kleingartenmilieu entschieden.

Der Film ist Hepers zweite Produktion, die er zusammen mit den Studienkollegen Arthur Bauer aus Emmendingen und dem gebürtigen Tübinger Maxim Maier als Kreativteam realisiert. Jeder der drei hat sich auf ein Gebiet spezialisiert: Bauer ist Beleuchter, Maier für den Ton verantwortlich. "Wir haben schon früh im Studium gemerkt, dass die Zusammenarbeit zwischen uns einfach passt", erzählt Heper. Für ihre Projekte bekommen sie von der Hochschule Equipment und Budget. Dennoch sei man auch auf tätige Mithilfe – Hepers Vater unterstützt den Sohn als Produktionsfahrer – und Sponsoring angewiesen. So versorgt Martin Haberstroh von der Kantine eines Max-Planck-Instituts das Filmteam als Caterer schon zum zweiten Mal zu einem ausgesprochen fairen Preis, die Freiburger Hotels Alleehaus (Innenstadt) und FT-Sporthotel (Waldsee) beherbergen Mitwirkende kostenlos, und die Gärtnerei Vonderstraß (Lehen) hat für die Dreharbeiten Pflanzen als Leihgaben zur Verfügung gestellt.

Wie die meisten Akteure im Film sind die Hauptdarsteller Martin Weigel und Heiner Bomhard vom Freiburger Stadttheater. Beim Dreh von "Mondscheinparty" wirken sie neben ihren hauptberuflichen Produktionen mit. "Studentenprojekte sind zwar gute Gelegenheiten, um Bildmaterial von sich zu sammeln", erklärt Isabelle Groß de Garcia, die selbst Theaterschauspielerin in Saarbrücken ist, "aber leider unbezahlt." Sie könne es sich eigentlich nicht leisten, umsonst zu arbeiten. "Eine nette Anfrage, ein schönes Drehbuch und eine reizvolle Rolle" hätten sie aber überzeugt.

Echte Schwarzbrennerstory ereignete sich vor fünf Jahren

Heper war baff, als er hörte, dass seine ausgedachte Geschichte gar nicht so weit hergeholt ist: Vor fünf Jahren gab es in der Wonnhalde tatsächlich einen Vorfall, bei dem mit einem selbstgebauten Destillator heimlich Hochprozentiges gebrannt wurde. "Ich konnte es kaum glauben", so Heper, "als mir der Vorstand bei meiner Anfrage für die Drehgenehmigung davon erzählt hat." Jetzt freut er sich, dass er sogar am Originalschauplatz drehen darf. Das Vergehen flog damals durch einen anonymen Hinweis auf. Ein Polizeieinsatz sorgte für ungewohnte Aufregung in der sonst eher beschaulichen Gartensiedlung.

Für Aufsehen im Schrebergarten sorgt nun das Filmteam, doch im positiven Sinne. Hobbygärtner Kamel Zeitoun und seine drei Kindern finden das Treiben in der Nachbar-Parzelle total spannend. Und profitieren sogar davon, weil das zugewucherte Areal für den Dreh hergerichtet wurde: "Dank der Studenten ist der Garten wieder gepflegt", sagt Zeitoun. Die älteste Tochter will wissen, ob der Film ins Fernsehen kommt. "Das nicht", sagt Beleuchter Arthur Bauer, "er soll aber auf der Werkschau der Hochschule und auf Filmfestivals laufen."

Anders als im Film – wo sich durch eine Art Lausbubenstreich am Ende alles ohne Einsatz der Justizbehörden regeln lässt – ist die wirkliche Schwarzbrennerstory an der Wonnhalde noch nicht ganz ausgestanden. Dem Beschuldigten wird Steuerhinterziehung und ein Verstoß gegen das Branntweinmonopolgesetz vorgeworfen. Laut Zollfahndung wird der Strafbefehl vom Beschuldigten nicht akzeptiert, der Fall liege nun dem Hauptzollamt in Karlsruhe vor – bisher ergebnislos.

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