"Ich bin froh, dass es jetzt soweit ist"
ZISCH-INTERVIEW mit dem Herzpatienten Salvatore Encandela und seiner Ärztin Brigitte Stiller vor einer wichtigen Operation.
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Salvatore Encandela ist 17 Jahre alt und hat einen angeborenen Herzfehler, der schon mehrfach operiert werden musste. Professor Brigitte Stiller leitet die Kinderkardiologie der Uniklinik Freiburg und behandelt Salvatore bereits seit Jahren. Am Tag vor der nächsten Herzoperation traf Zisch-Reporterin Anna-Maria Siepe aus der Klasse 4a der Johann-Heinrich-von-Landeck-Schule in Bad Krozingen beide, den Herzpatienten und die Herzspezialistin.
Encandela: Ich bin mit dem Problem geboren: Ich habe nur eine Herzkammer statt zwei. Ich wurde bis jetzt drei Mal am Herzen operiert. Das erste Mal war ich erst eine Woche alt. Ich wurde ganz normal geboren wie andere auch. Man wusste gar nicht, dass ich so etwas habe. Erst beim Stillen hat man gemerkt, dass ich keine Luft bekommen habe. Dann wurde ich mit dem Helikopter hierher transportiert und man fand heraus, was es ist.
Zisch: Kannst du mir von deiner letzten Operation erzählen? Hattest du Angst oder tat es weh? Und wie lange musstest du im Krankenhaus bleiben?
Encandela: Meine letzte Operation war vor 14 Jahren; da war ich noch ziemlich klein. Deswegen kann ich dir nicht mehr genau sagen, wie es war. Was mir meine Eltern erzählt haben war, dass die OP ein bisschen leichter war als die erste, weil die erste auch am wichtigsten und größten war. Bei der dritten Operation wird es sozusagen Routine.
Zisch: Und wie geht es dir jetzt vor der Operation morgen?
Encandela: Es ist komisch. Man versucht zu essen, aber man isst wenig. Man hofft, dass es so schnell wie möglich vorbei ist. Ich weiß schon seit August, dass ich operiert werden muss; deswegen bin ich froh, dass es nun auch tatsächlich so weit ist. Das Warten macht dich nicht körperlich krank, sondern eher psychisch – man muss immer zu daran denken. Und deswegen bin ich froh darüber, dass es morgen endlich so weit ist.
Zisch: Haben Sie schon häufig diese Krankheit behandelt?
Stiller: Ja, wir haben viele Kinder und Jugendliche, die wie Salvatore nur eine Herzkammer haben. Normalerweise haben die Menschen zwei Herzkammern – er aber nur eine und damit eigentlich nur ein halbes Herz. Aber diese Herzhälfte ist bei ihm so stark, dass er zur Schule gehen und Sport machen kann.
Zisch: Geht es immer so gut wie bei Salvatore?
Stiller: Meistens geht es, Gott sei Dank, so gut wie bei Salvatore. Leider nicht immer – aber meistens. Wir haben in den letzten Jahrzehnten sehr große Fortschritte gemacht. Als ich angefangen habe zu arbeiten, war eine solche Behandlung noch viel aufregender und ist häufiger nicht so gut gegangen.
Zisch: Welche Einschränkung hast du mit deiner Krankheit?
Encandela: Ich bin auf eine normale Schule gegangen – eine Hauptschule. Jetzt mache ich eine Ausbildung zum Verkäufer. Nachteile durch die Krankheit habe ich zum Glück sehr wenige. Ich soll aber beim Sport aufpassen. Ich kann ganz normal Sport machen – habe auch im Sportunterricht mitgemacht und sogar mal eine Eins in Sport bekommen. Aber man sollte sich kontrollieren können. Wenn man merkt, es geht nicht mehr, dann sollte man aufhören. Die einzige wirkliche Einschränkung ist, dass ich nicht schwimmen kann. Ich hätte es gern gelernt. Aber in der Grundschule hatten wir Schwimmen in einem Hallenbad und da ging es mit der feuchten Luft nicht gut.
Zisch: Bist du alleine hier oder mit deiner Familie?
Encandela: Ich bin mit meiner Familie da. Ich bin darauf auch sehr stolz, dass sie mich immer begleiten und immer bei mir sind – das ist mir sehr wichtig.
Zisch: Wie haben deine Freunde darauf reagiert, als sie gehört haben, dass du herzkrank bist? Und was sagen deine Freunde, wenn du in die Klinik must?
Encandela: Meine Freunde wussten es oft gar nicht und haben es auch gar nicht bemerkt. Was sie bemerkt haben ist, dass ich immer mit den Sportlehrern geredet habe – die mussten ja erfahren, was ich habe. Vor allem aber in der Umkleide beim Umziehen haben sie die große, lange Narbe gesehen, und da haben mich schon manche gefragt, was ich denn da gemacht habe, und dann musste ich es halt sagen. Wenn sie dann die Geschichte gehört haben, waren sie erstaunt, dass ich überhaupt noch da bin. Wenn man das alles so erzählt, dann denkt man: "Oh, das ist aber viel, was der durchgemacht hat."
Zisch: Wieso sind Sie Kinderherzspezialistin geworden?
Stiller: Weil die Kinderherzmedizin das schönste Fach ist. Da kann man ganz viel bewirken, weil man ganz viel selber machen kann. Man kann mit dem Herzultraschall die Diagnosen stellen und mit einem Herzkatheter auch wichtige Verbesserungen für die Kinder schaffen. Man kann auch auf der Intensivstation viel für die Kinder tun. Es ist ein sehr vielseitiger Beruf und ein Beruf, in dem man viel mit anderen zusammenarbeiten muss. Wir sind drauf angewiesen, toll zusammenzuarbeiten. Wenn wir nicht gut arbeiten, können unsere kleinen Patienten auch sterben oder haben ein Problem. Wenn wir aber gut arbeiten und dann noch ein bisschen Glück haben, dann werden die allermeisten eben sehr gesund und können so ein gutes Leben haben wie Salvatore. Das ist ein großer Unterschied zu anderen Gebieten, wo man viel machen muss, ohne dass die Patienten danach so richtig gesund werden können.
Zisch: Haben Sie einen Arzt oder eine Ärztin als Vorbild?
Stiller: Ja, meinen eigenen Kinderarzt. Als ich in deinem Alter war, hatte ich einen supertollen Kinderarzt in Köln; zu dem bin ich ganz, ganz gerne gegangen. Er hatte eine wilde Praxis mit einem großen sprechenden Raben im Eingang, der laut Krach gemacht hat. Der Kinderarzt war einfach ein tolles Vorbild und ein ganz großartiger, toller Mann. Der war es auch, dem ich als Erstes gesagt habe, dass ich einen Studienplatz für Medizin bekommen habe.
Anm. d. Red.: Salvatore Encandela geht es nach der OP sehr gut, es hat alles hervorragend funktioniert.
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