Prozess

In Basel steht ein Mann vor Gericht, der einen Taxifahrer erstochen haben soll

2022 ist in Basel ein Taxifahrer erstochen worden. Der mutmaßliche Täter steht nun in Basel vor Gericht, begleitet von großem öffentlichen Interesse. Die Staatsanwaltschaft geht von Mord aus.  

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Im November 2022 wurde beim Bahnhof SBB ein Taxifahrer erstochen (Symbolfoto).  | Foto: Geisser (Imago)
Im November 2022 wurde beim Bahnhof SBB ein Taxifahrer erstochen (Symbolfoto). Foto: Geisser (Imago)

In Basel wird ein brutales Tötungsdelikt verhandelt: Der 53-jährige Angeklagte soll im November 2022 mit zwei gestohlenen Messern auf der Suche nach Bargeld in Basel an ein Taxi herangetreten sein. Beim Raubüberfall soll er den Fahrer im Auto niedergestochen haben, so dass dieser noch am Tatort starb, wie es in der Anklageschrift heißt. Zum Prozessauftakt erschienen viele Angehörige, manche von ihnen mit einem Porträt des getöteten Familienvaters auf dem T-Shirt sowie Berufskollegen. Aus Platzgründen übertrug das Strafgericht die Verhandlung per Video in einen zweiten Saal. Die Witwe des Taxifahrers trat mit Genugtuungsforderungen als Privatklägerin auf. Auf Antrag ihrer Anwältin ließ das Gericht ihre beiden Söhne im Teenageralter ebenfalls als Privatkläger zu.

Die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten war womöglich mittelgradig eingeschränkt. Zu diesem Schluss kommt die forensische Psychiaterin, die am Montag vor dem Strafgericht ihr Gutachten präsentierte. Sie schlug eine Einweisung in die Psychiatrie vor. Beim mutmaßlichen Täter liege eine sogenannte Persönlichkeitsdepravation vor, also eine Entstellung des eigenen Ichs. Diese Wesenszüge hätten unabhängig von seiner Kokain- und Alkoholsucht bestanden, sagte die Gutachterin. Beides sei schwierig voneinander zu trennen und es gebe auch eine Wechselwirkung.

Zeugenaussagen belasten den Beschuldigten

Ein Zeuge erinnerte sich daran, wie er mit seiner Partnerin in der Nähe des Bahnhofs Basel SBB sein Auto parken wollte und plötzlich Schreie hörte. Er gab an, mitbekommen zu haben, wie der Beschuldigte "mit einem spitzigen Gegenstand" in einem Taxi auf den Fahrer einstach. "Er verlor so viel Blut, so etwas habe ich noch nie in meinem Leben gesehen", erinnerte sich der Zeuge. "Der Taxifahrer wollte sich irgendwie wehren, doch man merkte, dass er keine Chance hatte", sagte der Zeuge. Er habe gar nichts gemacht, habe der mutmaßliche Täter dann gelassen zu ihm gesagt, als er ihn zur Rede stellte. Dann sei er schnellen Schrittes davongelaufen, sagte der Passant weiter. Er erkannte vor Gericht das Gesicht des Angeklagten wieder.

Ein weiterer Zeuge verfolgte den Beschuldigten damals mit dem Fahrrad. Mit Sicherheitsabstand fuhr er ihm hinterher und telefonierte gleichzeitig mit der Polizei. Dann verlor sich die Spur, als der Beschuldigte über einen Zaun kletterte und in ein Tram stieg, wie der Velofahrer weiter sagte.

Die Witwe des getöteten Taxifahrers hatte beim Prozess mehrere Fragen an die Adresse des Beschuldigten. Sie fragte ihn etwa, weshalb er auf der Suche nach Geld ausgerechnet ihren Mann für den Raubüberfall ausgesucht habe. Zudem sagte sie, dass ihr Partner nie die Gewohnheit gehabt habe, das Bargeld im Taxi sichtbar hinzulegen. Bei diesen Fragen machte der Beschuldigte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Beschuldigter möchte Suchttherapie

Der Beschuldigte äußerte sich auch sonst nicht zur Tat, wohl aber zu seinen Drogenproblemen, die er gerne loswerden wolle. Anstelle einer stationären Maßnahme wolle er eine Suchttherapie. Der dreifache Familienvater sagte, momentan sei er betäubungsmittelfrei und habe auch kein Verlangen mehr danach. Konfrontiert mit Aussagen seiner Ex-Frau vonseiten des Gerichts bestritt er jedoch, in der Vergangenheit gewalttätig gewesen zu sein. Wie die Psychiaterin festhielt, wuchs der Mann in einer schwer belasteten Familienumgebung mit Gewalt, Alkoholismus und dem Suizid der Mutter auf. Mit der Ehe und den Kindern habe es teilweise eine stabilere Phase gegeben, doch dann habe er Probleme mit Drogen und häuslicher Gewalt gehabt.

Am zweiten Verhandlungstag am Dienstag wurden die Plädoyers gehalten. Staatsanwalt Sasha Stauffer sprach von einer "krass egoistischen" und "heimtückischen" Tat. Die Staatsanwaltschaft stufe die Tat als Mord ein. Stauffer beantragte eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren und zehn Monaten. Die Anwältin der Familie beantragte als Genugtuung für die Witwe 70.000 Franken und für die Söhne je 50.000 Franken. Verteidiger Matthias Brunner plädierte auf eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und eine Geldstrafe, zudem sei eine Suchtbehandlung anzuordnen. Der Beschuldigte erklärte abschließend, er fühle sich schuldig: "Ich habe der Familie unendliches Leid zugefügt." Das Urteil soll am Donnerstag verkündet werden.

Schlagworte: Sasha Stauffer, Matthias Brunner
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