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Zischup-Interview mit Jugendbuchautor Nikolaus Nützel

"Jugendliche sind anspruchsvolle Leser"

  • Janira Brotons-Stehle, Meret Völzing, Klasse 8a, Staudinger-Gesamtschule & Freiburg

  • Fr, 12. Juni 2015, 18:07 Uhr
    Schülertexte

Nikolaus Nützel schreibt Sachbücher für Jugendliche. Die beiden Zischup-Reporterinnen Janira Brotons-Stehle und Meret Völzing, beide Klasse 8c der Staudinger-Gesamtschule in Freiburg, haben ihn zu seinem Beruf befragt.

Jugendbuchautor Nikolaus Nützel  | Foto: Privat
Jugendbuchautor Nikolaus Nützel Foto: Privat
Zischup: Wollten Sie schon immer Schriftsteller werden?
Nützel: Nein, erst ein paar Jahre nach dem Abi habe ich beschlossen Journalist zu werden, also habe ich eine Ausbildung an einer Journalistenschule gemacht und Journalistik studiert. Nachdem ich zehn Jahre als Journalist gearbeitet habe, wollte ich etwas machen, was nicht so vergänglich ist, Zeitung ist am nächsten Tag Altpapier und Bücher bleiben für die Ewigkeit und vor allem ist Mutti stolz auf einen.
Zischup: Ist es schwer, Bücher zu schreiben?
Nützel: Ja, es ist schwer. Es ist relativ einfach, eine Grundidee zu finden, das gilt für Romane wie auch für Sachbücher, aber die Idee dann tatsächlich so auszuarbeiten, dass daraus ein Buch mit 150 bis 250 Seiten wird, ist schon anstrengend und es kann ganz schnell schief gehen. Es ist relativ leicht, eine schlechte oder langweilige Geschichte zu schreiben oder etwas unlogisch zu erklären, aber es ist nicht so leicht, das so durchzuhalten, dass es über die Anzahl der Seiten spannend bleibt. Du willst ja vermeiden, dass die Leute nach 60 Seiten sagen, das ist langweilig, jetzt hör ich auf.

Zischup: Wie lang brauchen Sie für ein Buch?
Nützel: Ich mach’ das ja neben dem Journalismus und deswegen kommt es manchmal vor, dass ich zweieinhalb Jahre an einem Buch sitze. Aber nebenher mache ich auch immer noch andere Sachen, also wenn ich die Zeit insgesamt mal schätzen würde, komm ich auf fünf bis sechs Monate.
Zischup: Ist es einfacher für Jugendliche ein Buch zu schreiben?
Nützel: Nein, glaube ich nicht, schon gar nicht im Sachbuchbereich. Im Sachbuchbereich sind Jugendliche anspruchsvoller als Erwachsene, weil sie aufjaulen, wenn du ihnen Fachwörter hinwirfst, die sie nicht kennen. Im Verlag sagt man immer, dass Jugendliche auch anspruchsvoller sind, wenn es darum geht, dass eine Geschichte drin steckt und ein bisschen spannend sein soll, außerdem ist ja immer die Idee, dass man auch versuchen soll, etwas über Dinge zu schreiben, mit denen Jugendliche etwas anfangen können. Dass du schaust, was ist denn ihre Lebenswelt, also was für Musik hören sie, was für Bücher lesen sie, welche Namen kennen sie? Da muss ich mich immer ein bisschen reindenken. Wenn man Mitte 40 ist, ist es nicht so leicht, sich in die Welt eines 14- oder 16- Jährigen reinzudenken. Es fällt leichter, etwas für 40- oder 50-Jährige zu schreiben, wenn man selber in dem Alter ist.


Zischup:
Wie kommen Sie auf Ihre Themen?
Nützel: Ich sag’ immer, ich möchte gern die Bücher schreiben, die ich selber als 14- oder 15-Jähriger gerne gelesen hätte. Ich denke mir aus, was könnte einen interessieren, der neugierig ist. Bei meinem ersten Buch habe ich vorher nicht die Idee gehabt, ein Sachbuch für Jugendliche zu schreiben. Dann hab ich mir gesagt, okay, das machst du. Ich habe überlegt, womit kenne ich mich gut aus? Dann kam mir die Idee, ein Buch über Sprache zu schreiben, denn ich arbeite als Journalist viel mit Sprache und habe auch Sprachwissenschaften studiert und eine Ausbildung zum Dolmetscher gemacht.

Beim zweiten Buch habe ich mit einem Freund zusammen gesessen, der kennt sich mit dem Gehirn aus, denn er ist Neurologe und wir haben überlegt, es gibt noch kein Jugendbuch über das Gehirn. Für Erwachsene gibt es ganz viele Bücher und ich habe zu ihm gesagt, du kennst dich als Neurologe mit den Fakten aus und ich als Übersetzer mit der Sprache. Beim dritten ging es um Wirtschaft. Da ich ja in der Wirtschaftsredaktion arbeite, dachte ich, das kann man jungen Leuten erklären. Auch das Buch, was ich gerade schreibe, in dem es um die Kirche geht, ist etwas, was mich selber beschäftigt hat. Ich habe mich gefragt, was hat denn dieser Verein mit mir zu tun? Warum gibt es die? Man kann viele Stunden darüber nachdenken, warum es Kirchen gibt, und ich denke mir, vielleicht gibt es ja ein paar junge Leute, die das auch interessiert.

Zischup: Was sagen Ihre Kinder zu Ihren Büchern?
Nützel: Die fassen die eigentlich nicht an. Das ist eine große Überraschung für mich, aber meine Kinder finden es schon ganz toll, dass Papa Bücher macht. Vielleicht sind sie auch ein bisschen stolz, aber keines meiner beiden Kinder hat eines meiner Bücher gelesen. Vielleicht ist es ihnen irgendwie peinlich, das ist so ähnlich wie Papa beim Duschen zusehen.
Zischup: Lassen Sie sich von Ihren Kindern beraten?
Nützel: Ein bisschen. Ja also ich höre ihnen zu, wie sie so sprechen, was sie für Sachen kennen, was sie wissen, aber beraten lasse ich mich eher von anderen Jugendlichen. Bei meinem ersten Buch habe ich Töchtern von Freunden die Texte zum Lesen gegeben, bevor ich sie dann weiter bearbeitet habe. Ich habe eine Zusammenarbeit mit zwei Leseclubs und bin auch mal an eine Schule gegangen und habe dort mit Elftklässlern einen Workshop gemacht über den Ersten Weltkrieg. Das mache ich regelmäßig, in Schulklassen zu gehen oder in Leseclubs und mit Jugendlichen über Themen sprechen. Bei dem Buch über die Wirtschaft war mir vorher nicht bewusst, wie wichtig Stars sind In Gedanken hatte ich in meinem Buch immer reiche Unternehmer drin, zum Beispiel die BMW-Besitzer, aber dass ich auch Beyonce Knowles, die reichste Musikerin, oder Lionel Messi, den bestverdienenden Fußballer, reinnehmen sollte, da wäre ich von selber gar nicht drauf gekommen.

Ressort: Schülertexte

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