Tierwelt
Wildkatzen erobern neue Lebensräume am Feldberg, weil der Schnee fehlt
Die Tierwelt am Feldberg wandelt sich durch Wildkatzen, die wegen des wenigen Schnees neue Reviere im Schwarzwald entdecken. Doch auch eine bewusste Waldgestaltung verändert die Lebensbedingungen für Tiere.
Mi, 10. Sep 2025, 6:30 Uhr
Feldberg
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In den Höhenlagen des Schwarzwaldes hat es im vergangenen Jahrzehnt so manche "neue" Tierart zu bestaunen gegeben. Wolf, Luchs, Biber, Uhu und Schwarzstorch sind Beispiele für Tierarten, die über Jahrhunderte aus den Lebensräumen verschwunden waren, aber nun zurückkehren.
In diesem Sommer hat es von einer weiteren Tierart so viele Beobachtungen wie noch nie gegeben. Zwar war auch davor mal eine Wildkatze auf einer Wildtierkamera, aber die Förster gingen davon aus, dass es sich um Durchzügler handelt, die nicht sesshaft werden.
Bislang waren die Hochlagen des Schwarzwalds für die Tiere ungeeignet
Die Revierförster Iso Schmid und Hansjörg Frei betreuen die Staatswälder am Feldberg und damit die höchsten Lagen in Baden-Württemberg überhaupt. Allein im Revier von Förster Hansjörg Frei wurden 2025 an vier verschiedenen Stellen Wildkatzen beobachtet, und bei Iso Schmid wurden die Tiere der Vorjahre bestätigt.
Im Gegensatz zu den zuvor genannten Tieren, die in ihre ehemaligen Lebensräume zurückkehren, gibt es bei den Wildkatzen eine Besonderheit. In der Vergangenheit waren die absoluten Schwarzwaldhochlagen für die Katzen ungeeignet. Hintergrund ist die Ernährung der Tiere, die hauptsächlich auf Mäuse angewiesen sind. Die gab es zwar auch in den Hochlagen des Schwarzwaldes schon immer, aber in den langen Schneephasen waren die Kleinsäuger von den Raubtieren sicher. Und so stellten Forscher in der Vergangenheit fest, dass die Wildkatzen kaum in Regionen mit mehr als 80 bis 100 Schneetagen vorkommen. In Mitteleuropa war dies so rund über 1000 Meter in der Vergangenheit der Fall.
In den vergangenen Jahren hat sich das stark geändert. Die geschlossene Schneedecke stellt sich später ein und verschwindet früher. Und selbst dazwischen gibt es an Südhängen immer häufiger offene Flächen. Die beobachteten Katzen tummeln sich jetzt in Lagen von 1100 bis 1300 Meter und wahrscheinlich ist selbst die Feldberggipfel aktuell ein geeigneter Lebensraum.

Die bislang seltenen Katzen sind streng geschützt
Mit der Erwärmung haben sich nicht nur die Jagdzeiten der Wildkatzen verlängert, sondern auch die Häufigkeit der Mäuse wurde erhöht. Nach strengen Wintern gab es deutlich weniger Mäuse, und damit hatten die Wildkatzen auch ein Problem, im Frühjahr Junge groß zu ziehen. Zu dieser klimatischen Verbesserung kam in den letzten Jahren ein weiterer Faktor. Dürre, Borkenkäfer und kleinere Stürme lichteten die Wälder in den Hochlagen auf und schufen kleine Freiflächen. Das ist zunächst auch optimal für Mäuse, die dort in größerer Zahl vorkommen als im geschlossenen, dunklen Wald. Zusätzlich haben die Förster in den Hochlagen diese Freiflächen weiter vergrößert, um dem Auerwild bessere Lebensmöglichkeiten zu bieten. Von den verbesserten Lebensbedingungen der Mäuse profitieren am Ende auf jeden Fall auch die Wildkatzen.
Die kleinen Raubtiere stellen zwar für den großen Auerhahn keine Gefahr dar, aber die Vogelküken gehören zum Beutespektrum, und selbst auf eine brütende Auerhenne könnte ein Angriff versucht werden. Die bislang seltenen Katzen sind streng geschützt und dürfen nicht gejagt oder gestört werden.
Eine Gefahr für die Wildkatzen ist die Vermischung mit Hauskatzen. Gerade zu Beginn der Besiedelung neuer Lebensräume weichen Wildkatzen, bei fehlenden Artgenossen, auf Hauskatzen als Geschlechtspartner aus. Die beiden Arten sind kreuzbar und haben fruchtbare Nachkommen. Diese Konstellation wird sich mit der flächendeckenden Besiedelung entspannen, da die Wildtiere dann verstärkt Partner der eigenen Art finden. Die Wildkatzen sind den Haustieren klar überlegen, und so verschwinden über lange Zeiträume betrachtet die Gene der domestizierten Katzen aus der Population.
Bewusste Waldgestaltung sorgt für mehr Vielfalt in der Tierwelt
Förster Hansjörg Frei hat zu dieser Fragestellung einige Pfähle in den Wildkatzenvorkommen mit Baldriangeruch behandelt. Diese Pflanze übt eine magische Anziehung auf die Tiere aus. Sie finden den Pfahl und reiben sich mit ihrem Fell daran. Dabei bleiben Haare hängen, die man dann im Labor untersuchen kann, um die Genetik der Katzen näher zu ermitteln. Nach den Fotos sind die typischen Wildkatzenmerkmale wie der dicke, geringelte Schwanz mit dem schwarzen Ende und die diffuse Fellzeichnung oft vorhanden.
Der Trend zum Mischwald mit der bewussten Waldgestaltung zu mehr Vielfalt ist für Forstbezirksleiter Hans-Ulrich Hayn eine wesentliche Ursache für die Rückkehr eigentlich verschwundener Tierarten. Die Wildkatzenvorkommen sind zunächst ein weiteres positives Beispiel, aber sie zeigen auch klar die Änderung des Klimas auf. Bislang ist es gelungen, die Wälder in großem Umfang zu erhalten und den Umbau in Richtung mehr Klimastabilität voranzubringen. Es bleibt zu hoffen, dass die Maßnahmen ausreichen und die schönen Wälder nicht großflächig zusammenbrechen, wie es im Harz oder im Sauerland in den letzten Jahren geschah.