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Coronavirus

Bei der Impfstoff-Forschung sind zwei deutsche Firmen vorne

Finn Mayer-Kuckuk
  • Di, 17. März 2020, 17:53 Uhr
    Wirtschaft

Eine Impfung gegen Sars-CoV-2 ist eines der gefragtesten Produkte der Welt. Zwei deutsche Firmen stehen im Fokus: Biontech und Curevac wollen auf Basis von Botenmolekülen einen Schutz schaffen.

Curevac-Forschung  | Foto: Sebastian Gollnow (dpa)
Curevac-Forschung Foto: Sebastian Gollnow (dpa)
Drei Dutzend Labore in Firmen und Unis arbeiten an verschiedenen Methoden zur Entwicklung eines Wirkstoffs. Besondere Aufmerksamkeit schenkt die Wissenschaft drei Firmen. Zwei davon kommen aus Deutschland: Biontech in Mainz und Curevac in Tübingen.

Beide Unternehmen sind jung und als Spezialisten für den Umgang mit Boten-Ribonukleinsäure gegründet, die im Fachjargon als mRNA abgekürzt wird. Dabei handelt es sich um genetische Information in Form eines Strangs von Molekülen. Sowohl Biontech als auch Curevac sind also keine Impfstoff-Spezialisten, sondern sie suchen nach zahlreichen Anwendungen für ihre Grundidee, mit den Botenmolekülen allerlei nützliche Reaktionen im Körper auszulösen. Ihr Konkurrent sitzt in den USA. Moderna aus Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts arbeitet ebenfalls mit Hochdruck an einer Corona-Impfung auf Basis von mRNA.

Biontech wollte bereits Ende April erste Wirkstoffe an Menschen testen. Das Unternehmen ist eine Kooperation mit dem chinesischen Konzern Fosun eingegangen; dieser schießt 44 Millionen Euro an Kapital für die Forschung zu. Außerdem ist die Rede von Impfstoff-Tests in China. Das Unternehmen verhandele parallel mit weiteren Geldgebern und Pharma-Partnern, so das Handelsblatt.

Um den Tübinger Rivalen Curevac hatte es Aufregung gegeben. Die US-Regierung wollte das Unternehmen offenbar kaufen, um den Impfstoff für sich zu behalten. Die Empörung darüber legte sich, als der Haupteigner des Unternehmens Dietmar Hopp klarstellte, dass ein Ausverkauf an die Amerikaner nicht infrage kommt.



Der 79-Jährige war 1972 einer der Mitgründer der bekannten Softwarefirma SAP. Am Montag legte Hopp mit der Prognose nach, Curevac werde bis Herbst einen Impfstoff gegen das Coronavirus fertig haben. Die Firma soll nun von der EU Kredite von "bis zu 80 Millionen Euro" erhalten. Kanzlerin Angela Merkel betrachtet die Auseinandersetzung mit den USA um Curevac für beendet; die Bundesregierung habe sich "da ja sehr frühzeitig darum gekümmert".

Die Entwicklung eines Impfstoffs in nur etwas über einem halben Jahr wäre ein Rekord. Möglich ist dieses ehrgeizige Ziel durch die mRNA-Technik. Die Forscher nutzen dafür eine der Grundideen des Lebens. Alle Zellkerne stellen mRNA her, um der Maschinerie im Rest der Zelle zu sagen, welche Substanzen sie herstellen soll. MRNA ist also ein Bauplan für Moleküle, die eine Zelle herstellen kann. Viren nutzen diesen Mechanismus aus. Sie schleusen ihre eigene Ribonukleinsäure in die Zelle ein. Statt sinnvoller Bausteine für den Körper werden neue Viren produziert.

Die moderne Pharmazie ist dabei, vielsprechende Anwendungen für mRNA zu finden. Die Idee bei mRNA ist, dass der Körper das Heilmittel selbst hervorbringt. Erst vor wenigen Jahren ist klargeworden, dass sich die Botenmoleküle auch für die Herstellung von Impfstoffen eignen. Studien haben belegt, dass das möglich ist.

Ausgangspunkt sind Stücke von mRNA, die den Bauplan für ein Bruchstück des Virus bilden. Den Botenstoff hüllen die Wissenschaftler in Gebilde aus Fettmolekülen. Hier liegt das besondere Wissen von Biontech, Curevac und Moderna. Sie haben Verfahren, um empfindliche mRNA so einzukapseln, dass sie sich spritzen lässt. Ohne die schützende Hülle würde der Wirkstoff im Blut des Patienten sofort zerfallen.

Mit der Hülle hat es aber noch eine zweite Bewandtnis. Sie ist so gebaut, dass sie mit der Wand menschlicher Zellen reagiert. Der Effekt: Sie schleust die Boten-RNA in die Zelle ein. Diese beginnt nun, den empfangenen Bauplan auszulesen und stellt eifrig die beschriebenen Moleküle her. Dabei handelt es sich nun um originalgetreue Bruchstücke des Virus.

Im aktuellen Fall wären das etwa Hüllenbestandteile von Sars-CoV-2. Das eigene Immunsystem identifiziert diese Virenteile dann als gefährlich. Es bildet Antikörper. Fortan ist es gegen Covid-19 gewappnet. Der Vorteil der Methode ist die Geschwindigkeit in der Gewinnung des Impfstoffs. Moderna aus Cambridge hat mit ersten Versuchen an Menschen begonnen. Üblich wären umfangreiche Tierversuche. "Doch ein Beleg der Wirksamkeit an einem Tiermodell wäre hier nicht zielführend", sagte Tal Zaks, Moderna-Vorstandsmitglied.

Die genannten Zeiträume von einem Jahr bis zur echten Marktreife sind knapp bemessen. Früher dauerte die Entwicklung eines Impfstoffs mehrere Jahre.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 17. März 2020: PDF-Version herunterladen

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