Account/Login

"Ganz normale Menschen"

  • Fr, 15. Dezember 2017
    Schülertexte

ZISCHUP-INTERVIEW mit dem Bewährungshelfer Paul Faller.

Mann hinter Gittern  | Foto: dpa
Mann hinter Gittern Foto: dpa

Nicht jeder, der eine Straftat begeht, muss deshalb ins Gefängnis. Manchmal werden Strafen auch zur Bewährung ausgesetzt, das bedeutet, dass der Straftäter eine zweite Chance bekommt, sich zu bewähren. Ihm wird ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt, der ihn darin unterstützten soll, wieder ein gesetzestreuer Bürger zu werden. Paul Faller ist Bewährungshelfer. Er wurde von Lia Marie Fischer und Katharina Rudishauser, Schülerinnen der Klasse 8 der Albert-Schweitzer-Gemeinschaftsschule in Lörrach, interviewt.

Zischup: Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?
Faller: Als Jugendlicher habe ich die Fernseh-Serie "Bewährungshilfe Berger" gesehen. Diese Serie hat mir immer sehr gefallen. Später habe ich dann Zivildienst angefangen, was mich daraufhin zum sozialen Engagement brachte.
Zischup: Was genau machen Sie in diesem Job?
Faller: Ich mache in diesem Beruf viele verschiedene Sachen, wie zum Beispiel viele Gespräche mit den Klienten führen, Verwaltungsarbeit, Berichte schreiben, Gespräche dokumentieren, viel Schreibarbeit. Ich habe viel Kontakt zu Beratungsstellen und zum Gericht. Besuche im Gericht und Gefängnis, Hausbesuche, gelegentlich Begleitung zum Jobcenter und Arbeitsamt gehören auch dazu.
Zischup: Was braucht man für eine Ausbildung zum Bewährungshelfer?
Faller: Man braucht auf alle Fälle ein Studium an der Dualen Hochschule oder an einer Hochschule für Sozialwesen. Für Bewährungshelfer gibt es keinen speziellen Abschluss. Ich habe den Abschluss Diplom-Sozialarbeiter.
Zischup: Was machen Sie mit der Person auf Bewährung?
Faller: Das Gericht verurteilt einen Straftäter zu einer Freiheitsstrafe, doch wenn der Richter glaubt, dass die betroffene Person in Zukunft keine Straftaten begeht, dann bekommt sie einen Bewährungshelfer und muss nicht ins Gefängnis. Das Gericht gibt für die Bewährungszeit bestimmte Auflagen, zum Beispiel Arbeitsstunden machen, eine Geldbuße bezahlen oder zu einer Beratungsstelle zu gehen. Ich bespreche mit dem Verurteilten, wie er seine Auflagen erfüllen kann. Die Lebenssituation wird auch besprochen und warum er die Tat begangen hat und auf was er achten muss, damit er nicht mehr straffällig wird.
Zischup: Wie fühlt es sich an, mit einer eigentlich gefangenen Person zu arbeiten?
Faller: Das sind ganz normale Menschen! Diese Menschen sind nicht gefährlich, sonst wären sie im Gefängnis.
Zischup: Haben Sie mehr Frauen oder Männer auf Bewährung?
Faller: Ich habe mehr Männer auf Bewährung. Insgesamt habe ich nur zehn Prozent Frauen.
Zischup: Was macht für Sie den Job so besonders?
Faller: Ich erlebe viele verschiedene Lebenssituationen mit und die Entwicklungen. Das alles ist sehr abwechslungsreich.
Zischup: Wenn der Klient noch einmal eine Straftat begeht, kommt er dann ins Gefängnis?
Faller: Das kommt ganz darauf an, was er getan hat. Ich spreche dann für die Person: Was sie bisher für positive Dinge gemacht hat und wie positiv sie sich entwickelt hat.
Zischup: Wie sieht für sie der normaler Arbeitsalltag aus?
Faller: Das Gute ist, ich muss nicht so früh da sein! Dafür bin ich aber abends länger im Büro, um Gespräche mit den Klienten zu führen, die tagsüber arbeiten. Meinen gesamten Arbeitsalltag kann ich mir selber einteilen. Ich muss telefonieren, Post checken, Berichte schreiben. Es gibt Teambesprechungen, Organisatorisches ist zu klären und Gerichtstermine sind wahrzunehmen.
Zischup: Wie lange machen Sie diesen Job schon?
Faller: Diesen Beruf mache ich bereits seit 1979, das heißt jetzt schon seit 38 Jahren.
Zischup: Was ist die häufigste Hintergrundgeschichte einer Person auf Bewährung?
Faller: Oft kommt es vor, dass es innerhalb der Familien Krisen oder Erziehungsprobleme gibt. Was häufig auch eine große Rolle spielt, sind schlechte Freundeskreise oder Suchtverhalten, wie Drogen, Alkohol oder Glücksspiele. Der Abbruch von Schule und Ausbildung kann bei Jugendlichen ebenfalls ein Grund sein, eine Straftat zu begehen. Bei Erwachsenen sind es eher finanzielle Probleme, wie Arbeitslosigkeit oder Trennungen.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 15. Dezember 2017: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel