Heimkommen
Manchmal kann ein Zurück dennoch ein Vorwärts sein
Verlagsthema Wenn Berufstätige in die Heimat zurückkehren, gewinnt nicht selten die Karriere neuen Auftrieb. Das Wie und Warum erklärt Handwerkskammerpräsident Johannes Ullrich im BZ-Interview.
Mo, 20. Dez 2021, 12:01 Uhr
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Thema: Heimkommen
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BZ: Herr Ullrich, Sie sind hier geboren, aufgewachsen und fest verwurzelt. Was macht Freiburg für Sie so besonders?
Ullrich: Mit Freiburg verbinde ich ein echtes Heimatgefühl. Mit ihren Wahrzeichen wie dem Münster, den Bächle oder dem Vorreiterquartier Vauban hat die Stadt für mich einen unerreichten Charme zwischen Tradition und Zukunft. Eingebettet zwischen Schwarzwald und Breisgau liegt Freiburg nicht nur malerisch, sondern bietet für alle das Passende – egal ob Arbeit und Freizeit. Es stimmt einfach: Wir wohnen dort, wo andere Urlaub machen.
BZ: Welche Gewerke benötigen dringend Heimkommer?
Ullrich: Unsere Betriebe suchen in allen Handwerken nach Fachkräften. Der Bau- und Ausbaubereich boomt, hier werden kompetente Mitarbeiter an allen Ecken und Enden benötigt. Andere Gewerke haben aufgrund eines nicht wirklich gerechtfertigten Images Probleme, ihre freien Stellen zu besetzen. Wer also eine fundierte Ausbildung vorweisen kann und in seinem Handwerk Einsatz zeigt, findet auf jeden Fall einen passenden Platz im südbadischen Handwerk und kann unser aller Zukunft mitgestalten.
BZ: In Südbaden herrscht eine kleinteilige Struktur der Handwerksbetriebe mit vielen mittelständischen und familienbetriebenen Unternehmen. Welche Aufstiegschancen eröffnen sich dennoch für hiesige Handwerker?
Ullrich: Ich würde sagen, gerade weil das Handwerk strukturell eher kleinteilig aufgestellt ist, gibt es bei uns zahlreiche Aufstiegsmöglichkeiten. Gerade unsere mittelständischen Unternehmen mit ihren flachen Hierarchien bieten Möglichkeiten, zur aktiven Teilhabe im Betrieb. Die Karrierewege im Handwerk sind vielfältig: von der fachlichen Fortbildung über umfassende Weiterbildungsmaßnahmen für Führungspositionen bis hin zur Meisterschule und der darauffolgenden Selbstständigkeit oder der Übernahme eines bereits existierenden Betriebs. Die Chancen, sich im Handwerk zu verwirklichen, sind so gut wie nie zuvor.
BZ: Was können regionale Handwerksbetriebe den Heimkommenden darüber hinaus bieten?
Ullrich: Die familiären Strukturen in unseren Betrieben ermöglichen es, dass wir individueller auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten unserer Beschäftigten eingehen können. Unsere Betriebe bieten moderne und trotzdem handfeste Arbeitsplätze und Aufgaben in einem tollen Spannungsfeld zwischen Hightech und Tradition.
BZ: Haben auch heimkehrende Frauen mit handwerklicher Ausbildung eine gute Perspektive oder stoßen sie noch auf alte Vorurteile und Rollenklischees?
Ullrich: Es gibt die klassischen "Frauenberufe" im Handwerk wie etwa Friseurin – aber auch in allen anderen Berufen fassen Frauen immer stärker Fuß. Bei den heutigen Arbeitsmethoden und Hilfsmitteln sind frühere Hemmnisse wie zu schwere Lasten kein Problem mehr. Wir brauchen mehr Frauen im Handwerk – und zwar in allen Gewerken. Ich durfte in den letzten Jahren viele erfolgreiche Frauen etwa im Bau- oder im Elektrobereich kennenlernen. Sie sind noch wenige, aber keinesfalls alleine – Klischees sind schließlich auch dazu da, um gebrochen zu werden.
BZ: Warum ist jetzt trotz Corona und Lieferengpässen im Handwerk ein guter Zeitpunkt für neue berufliche Herausforderungen?
Ullrich: Handwerker sind gefragt. Unsere Berufe haben Zukunft. Nur vom und mit dem Handwerk können die großen Herausforderungen unserer Zeit umgesetzt werden. Egal ob Klima- und Mobilitätswende oder Digitalisierung – es sind die Handwerksbetriebe, die die notwendigen Maßnahmen im Einzelnen umsetzen. Und dazu brauchen sie gut ausgebildetes Fachpersonal.
BZ: Also ein klares Plädoyer fürs Heimkommen?
Ullrich: Die steigenden Einwohnerzahlen der Region sprechen da eine deutliche Sprache. Südbaden ist eben ein wunderschönes Plätzchen – europäisch gesehen zentral gelegen in einer spannenden Grenzregion mit einer umwerfenden Landschaft. Dank der mittelständischen Strukturen gibt es viele Karrieremöglichkeiten und gute und sichere Arbeitsplätze. Ich wollte nirgendwo anders leben.