Pflanzlich
Umkircher Unternehmen stellt Fleischalternativen für die Gastronomie her

Sin Carne Schwarzwald entwickelt für Gastronomiebetriebe pflanzliche Schnitzel und Döner. Den Begriff "Fleischersatz" hört man in dem Umkircher Unternehmen nur ungern. Man ist stolz auf die eigenen Produkte.
Der Sonntag: Frau Blum, Sie legen Wert auf die Formulierung, dass Sin Carne Schwarzwald kein Fleischersatz, sondern Fleischalternative ist. Können Sie das erläutern?
Bianca Blum: Es ist eine Frage der Herangehensweise. Unser Ziel ist es ganz bewusst eben nicht, ein pflanzliches Produkt zu schaffen, das möglichst genau wie Rind, Schwein oder Huhn schmeckt. Stattdessen fragen wir uns: Was habe ich als Konsument für ein geschmackliches Bedürfnis, wenn ich ein Schnitzel esse oder einen Döner? Das setzt sich zusammen aus einer bestimmten Konsistenz und einer gewissen Aromenvielfalt. Wir bauen nicht nach, sondern kreieren Produkte nach den jeweiligen Ansprüchen. Diese schmecken nicht eins zu eins wie ein Dönerfleisch oder Rinderfilet, sondern stellen eigenständige Produkte dar.
Der Sonntag: Wie entwickelt man pflanzliche Produkte, die das Bedürfnis der Leute nach Fleisch befriedigen?
Blum: Ich bin Ökonomin, interessiere mich aber schon ein Leben lang für die Herstellung von Lebensmitteln. Also habe ich mich in die Küche gestellt und experimentiert. Ich habe Bücher bestellt und Rezepte ausprobiert, die ich online gefunden habe, da war aber nichts dabei, das uns im Team überzeugt hat. Schließlich sind wir bei Weizenprotein gelandet, das ist das isolierte Eiweiß aus dem Weizenkorn. Das kann man als Mehl kaufen und wird mit Wasser rehydriert, viele kennen es in dieser Form als Seitan. Wir vermengen das Weizenprotein mit Kichererbsen oder weißen Bohnen, geben Öl, Gemüsebrühe und Gewürze hinzu. Das sind die Grundbausteine unserer Produkte.
Der Sonntag: Das Weizeneiweiß alleine würde auch funktionieren. Warum diese Kombination mit Hülsenfrüchten?
Blum: Das hat neben Geschmacks- und Konsistenzgründen auch einen ernährungsphysiologischen Aspekt: Wir erreichen damit ein besseres Aminosäureprofil. Das enthaltene Eiweiß kann so besser vom Körper aufgenommen werden, die sogenannte Bioverfügbarkeit steigt. Wir kommen damit auf einen Eiweißgehalt, der in etwa dem von Hühnchen entspricht.
Der Sonntag: Wen wollen Sie mit dieser Art von Produkten erreichen?
Blum: Ursprünglich haben wir die Produkte für uns selbst entwickelt. Unser Ziel als Unternehmen war jedoch die Gastronomie. Wir bedienen drei Gastronomiebereiche: Da wären Großabnehmer in der Gemeinschaftsverpflegung sowie Freizeiteinrichtungen wie das Badeparadies Schwarzwald und diverse Messen, Schulkantinen und Kitas. Dann gibt es Imbisse und Cafés in Freiburg wie das Olivia Kebap, das Erbil oder Café Auszeit, die unser veganes Dönerfleisch für klassische To-go-Gerichte verwenden. Und als Drittes die gutbürgerliche und gehobene Gastronomie wie das Dattler Schlossbergrestaurant oder das Rothaus in der Freiburger Innenstadt. Insbesondere in dieser Gruppe haben sich bisher viele Betriebe viel zu wenig mit Vegetariern und Veganern auseinandergesetzt. "Die essen nur Gemüse" ist eine verbreitete Annahme, und Convenience wird hier eher abgelehnt.
Der Sonntag: Ist Sin Carne Schwarzwald nicht auch Convenience?
Blum: Streng genommen schon, wir verstehen uns allerdings selbst als Handwerksbetrieb, der Frischeprodukte herstellt. Wir formen in unserer kleinen Produktionsküche in Umkirch noch jede Frikadelle von Hand. Unsere Teige entstehen wie beim Bäcker in einer großen Rührschüssel, dann bringen wir sie in Form und garen sie in einem großen Dämpfer vor. Danach schneiden wir sie nach Bedarf, so dass das Produkt dann vom Gastronom weiterverarbeitet werden kann.
Der Sonntag: Die gutbürgerliche Küche traut sich also an Fleischalternativen?
Blum: Wir stoßen bei immer mehr Betrieben auf offene Ohren. Sie merken, dass auch ihre pflanzlich essenden Gäste gerne etwas Herzhaftes auf dem Teller wollen. Es läuft ja oft so, dass man in so eine Gaststube kommt, und es riecht nach Schnitzel, Maultaschen, Gebratenem. Man bekommt Appetit und liest dann auf der Karte für sich als Option: Mangocurry. Unser Motto für die Gastro lautet also: Raus aus der Curryfalle.
Der Sonntag: Und das gelingt wie?
Blum: Mit einem veganen badischen Dreierlei aus Schnitzel, Bulette und Brägele zum Beispiel oder mit unserem Gulasch, unserem Pilzrollbraten oder unserem Filet.
Der Sonntag: Das gibt es dann aber eher in Restaurants in Städten als auf dem Land? Dort ist ja die Skepsis gegenüber einem Teller ohne Fleisch besonders groß.
Blum: Das erleben wir nicht so. Unser erster fester Partner war beispielsweise das Hotel Schloss Reinach in Munzingen. Es ändert sich da gerade etwas, viele Gastronomiebetriebe merken, dass sie auch die große Gruppe der Flexitarier unterschätzt haben. Also Menschen, die nicht generell auf tierische Produkte verzichten, aber bewusster konsumieren möchten. Das Ziel ist ja, dass jeder überall für sich etwas auf der Karte findet. Wenn ich pflanzliche, nachhaltige Optionen grundsätzlich ausschließe, verliere ich auch Menschen als Gäste, die vielleicht mit ihren vegan lebenden Freunden oder Familienmitgliedern vorbeigeschaut hätten.
Der Sonntag: Sind Sie auch auf der Suche nach Käsealternativen?
Blum: Wir haben eine Käsesoße auf Kartoffelbasis im Programm. Die eignet sich besonders gut für Kartoffelgratins, vegane Käsespätzle oder auf einer Pizza. Aber geschmacklich ist sie noch weiter entfernt von Käse als unsere Fleischalternativen von Fleisch. Käse ist ein natürliches, gereiftes Produkt, und da gibt es inzwischen gute Anbieter, die pflanzlichen "Käse" reifen lassen. Wir haben nicht die nötige Infrastruktur für so ein Verfahren. Die schnelle Industrievariante mit Aromen, Stärke und Kokos- oder Palmfett kommt für uns nicht in Frage. Das Zeug schmilzt zwar schnell und ist käseähnlich, klebt aber an den Zähnen wie Plastik.
Der Sonntag: Woran arbeiten Sie gerade?
Blum: Die Prototypen der Grillprodukte für die aktuelle Saison bekommen noch einen Feinschliff. Außerdem tüftele ich an einer Wurst. Die ohne Zusatzstoffe zu veganisieren, ist wirklich eine Herausforderung. Wir hatten schon eine Currywurst und eine Bratwurst, die geschmacklich super waren. Allerdings haben wir damit unseren Wurstfüller in die Knie gezwungen, da der Teig zu fest war. Gerade versuche ich also, den Teig weicher zu bekommen, während die Wurst später fest genug sein muss.
Mehr Infos unter https://www.sincarne-schwarzwald.de
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Bianca Blum: Es ist eine Frage der Herangehensweise. Unser Ziel ist es ganz bewusst eben nicht, ein pflanzliches Produkt zu schaffen, das möglichst genau wie Rind, Schwein oder Huhn schmeckt. Stattdessen fragen wir uns: Was habe ich als Konsument für ein geschmackliches Bedürfnis, wenn ich ein Schnitzel esse oder einen Döner? Das setzt sich zusammen aus einer bestimmten Konsistenz und einer gewissen Aromenvielfalt. Wir bauen nicht nach, sondern kreieren Produkte nach den jeweiligen Ansprüchen. Diese schmecken nicht eins zu eins wie ein Dönerfleisch oder Rinderfilet, sondern stellen eigenständige Produkte dar.
Der Sonntag: Wie entwickelt man pflanzliche Produkte, die das Bedürfnis der Leute nach Fleisch befriedigen?
Blum: Ich bin Ökonomin, interessiere mich aber schon ein Leben lang für die Herstellung von Lebensmitteln. Also habe ich mich in die Küche gestellt und experimentiert. Ich habe Bücher bestellt und Rezepte ausprobiert, die ich online gefunden habe, da war aber nichts dabei, das uns im Team überzeugt hat. Schließlich sind wir bei Weizenprotein gelandet, das ist das isolierte Eiweiß aus dem Weizenkorn. Das kann man als Mehl kaufen und wird mit Wasser rehydriert, viele kennen es in dieser Form als Seitan. Wir vermengen das Weizenprotein mit Kichererbsen oder weißen Bohnen, geben Öl, Gemüsebrühe und Gewürze hinzu. Das sind die Grundbausteine unserer Produkte.
Der Sonntag: Das Weizeneiweiß alleine würde auch funktionieren. Warum diese Kombination mit Hülsenfrüchten?
Blum: Das hat neben Geschmacks- und Konsistenzgründen auch einen ernährungsphysiologischen Aspekt: Wir erreichen damit ein besseres Aminosäureprofil. Das enthaltene Eiweiß kann so besser vom Körper aufgenommen werden, die sogenannte Bioverfügbarkeit steigt. Wir kommen damit auf einen Eiweißgehalt, der in etwa dem von Hühnchen entspricht.
Der Sonntag: Wen wollen Sie mit dieser Art von Produkten erreichen?
Blum: Ursprünglich haben wir die Produkte für uns selbst entwickelt. Unser Ziel als Unternehmen war jedoch die Gastronomie. Wir bedienen drei Gastronomiebereiche: Da wären Großabnehmer in der Gemeinschaftsverpflegung sowie Freizeiteinrichtungen wie das Badeparadies Schwarzwald und diverse Messen, Schulkantinen und Kitas. Dann gibt es Imbisse und Cafés in Freiburg wie das Olivia Kebap, das Erbil oder Café Auszeit, die unser veganes Dönerfleisch für klassische To-go-Gerichte verwenden. Und als Drittes die gutbürgerliche und gehobene Gastronomie wie das Dattler Schlossbergrestaurant oder das Rothaus in der Freiburger Innenstadt. Insbesondere in dieser Gruppe haben sich bisher viele Betriebe viel zu wenig mit Vegetariern und Veganern auseinandergesetzt. "Die essen nur Gemüse" ist eine verbreitete Annahme, und Convenience wird hier eher abgelehnt.
Der Sonntag: Ist Sin Carne Schwarzwald nicht auch Convenience?
Blum: Streng genommen schon, wir verstehen uns allerdings selbst als Handwerksbetrieb, der Frischeprodukte herstellt. Wir formen in unserer kleinen Produktionsküche in Umkirch noch jede Frikadelle von Hand. Unsere Teige entstehen wie beim Bäcker in einer großen Rührschüssel, dann bringen wir sie in Form und garen sie in einem großen Dämpfer vor. Danach schneiden wir sie nach Bedarf, so dass das Produkt dann vom Gastronom weiterverarbeitet werden kann.
Der Sonntag: Die gutbürgerliche Küche traut sich also an Fleischalternativen?
Blum: Wir stoßen bei immer mehr Betrieben auf offene Ohren. Sie merken, dass auch ihre pflanzlich essenden Gäste gerne etwas Herzhaftes auf dem Teller wollen. Es läuft ja oft so, dass man in so eine Gaststube kommt, und es riecht nach Schnitzel, Maultaschen, Gebratenem. Man bekommt Appetit und liest dann auf der Karte für sich als Option: Mangocurry. Unser Motto für die Gastro lautet also: Raus aus der Curryfalle.
Der Sonntag: Und das gelingt wie?
Blum: Mit einem veganen badischen Dreierlei aus Schnitzel, Bulette und Brägele zum Beispiel oder mit unserem Gulasch, unserem Pilzrollbraten oder unserem Filet.
Der Sonntag: Das gibt es dann aber eher in Restaurants in Städten als auf dem Land? Dort ist ja die Skepsis gegenüber einem Teller ohne Fleisch besonders groß.
Blum: Das erleben wir nicht so. Unser erster fester Partner war beispielsweise das Hotel Schloss Reinach in Munzingen. Es ändert sich da gerade etwas, viele Gastronomiebetriebe merken, dass sie auch die große Gruppe der Flexitarier unterschätzt haben. Also Menschen, die nicht generell auf tierische Produkte verzichten, aber bewusster konsumieren möchten. Das Ziel ist ja, dass jeder überall für sich etwas auf der Karte findet. Wenn ich pflanzliche, nachhaltige Optionen grundsätzlich ausschließe, verliere ich auch Menschen als Gäste, die vielleicht mit ihren vegan lebenden Freunden oder Familienmitgliedern vorbeigeschaut hätten.
Der Sonntag: Sind Sie auch auf der Suche nach Käsealternativen?
Blum: Wir haben eine Käsesoße auf Kartoffelbasis im Programm. Die eignet sich besonders gut für Kartoffelgratins, vegane Käsespätzle oder auf einer Pizza. Aber geschmacklich ist sie noch weiter entfernt von Käse als unsere Fleischalternativen von Fleisch. Käse ist ein natürliches, gereiftes Produkt, und da gibt es inzwischen gute Anbieter, die pflanzlichen "Käse" reifen lassen. Wir haben nicht die nötige Infrastruktur für so ein Verfahren. Die schnelle Industrievariante mit Aromen, Stärke und Kokos- oder Palmfett kommt für uns nicht in Frage. Das Zeug schmilzt zwar schnell und ist käseähnlich, klebt aber an den Zähnen wie Plastik.
Der Sonntag: Woran arbeiten Sie gerade?
Blum: Die Prototypen der Grillprodukte für die aktuelle Saison bekommen noch einen Feinschliff. Außerdem tüftele ich an einer Wurst. Die ohne Zusatzstoffe zu veganisieren, ist wirklich eine Herausforderung. Wir hatten schon eine Currywurst und eine Bratwurst, die geschmacklich super waren. Allerdings haben wir damit unseren Wurstfüller in die Knie gezwungen, da der Teig zu fest war. Gerade versuche ich also, den Teig weicher zu bekommen, während die Wurst später fest genug sein muss.
Mehr Infos unter https://www.sincarne-schwarzwald.de
- Gründe dafür: So nützlich ist eine vegetarische Ernährung