Uni-Referent

Untypischer Mathematiker: Louis H. Kauffman löst Knoten nicht nur theoretisch

Der Mathematiker Louis H. Kauffman ist derzeit als Referent an der Uni Freiburg  

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Louis H. Kauffman Fingerfadenspiel sie...sst sich doch ganz einfach aufziehen.   | Foto: Thomas Kunz
Louis H. Kauffman Fingerfadenspiel sieht aus wie vielfach geknotet – und lässt sich doch ganz einfach aufziehen. Foto: Thomas Kunz

"Mathematiker haben einen Blick für alles, was rätselhaft ist", sagt Louis H. Kauffmann, "das wollen sie dann untersuchen und die zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten herausfinden." Sein Blick fiel – schon vor Jahrzehnten – auf Knoten. Und in Sachen Knoten ist der 72-jährige Mathematiker nun auch aus Chicago nach Freiburg gekommen. Hier nämlich findet in diesen Tagen die Summerschool des Mathematischen Instituts zu genau diesem Thema statt: "Moderne Knoten-Theorie".

60 gestandene und angehende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt arbeiten hier derzeit ganz unter sich – und durchaus fächerübergreifend. Denn: Das Knotenphänomen betrifft auch andere Disziplinen als nur die Mathematik, so zum Beispiel Physik und Biologie. Damit auch über den Kreis der erwiesenen Knotenexperten hinaus das Wissen um verknüpfte und verschlungene Seile und Bänder bekannt wird, hat Louis H. Kauffman zu einer öffentlichen Vorlesung eingeladen.

Rund 200 Menschen strömen am Abend in den Hörsaal und zücken zum Mitschreiben Hefte und Blöcke. Die aber lassen sie in der nun folgenden Stunde links liegen. Zu eindrücklich sind die Vorführungen, die Louis H. Kauffman ganz nebenbei zeigt. Da verknotet er ein rotes Kletterseil, zieht an beiden Enden – nichts tut sich. Er knotet weitere Knoten auf den Knoten, zieht an beiden Enden – und das ganze Seilgewirr entwirrt sich bis er es glatt gezogen zwischen den Händen hält. Magie? Nein, erklärt er, Mathematik. Hinter den Verschlingungen und Verknüpfungen nämlich liegen rational erklärbare Vorgänge, die sich gar auch in Formeln fassen lassen. Die verknoteten Zusammenhänge einer Knotenfigur zu enträtseln, die Systematik ihrer über- und unterkreuzten Seile als allgemeingültiges Phänomen beschreiben zu können, das, sagt Kauffman, macht glücklich.

Vieles an der Knoterei ist physisch, die ruhig vorgeführten Demonstrationen mit Seil sind so klar wie verwirrlich. Jemand versucht, mit schnellem Strich den komplexen Knoten und die Entknotung im Block zu notieren – und gibt auf. "Wir gucken was an und denken, es ist geknotet", erklärt Kauffman seinem Hörsaal-Publikum, "aber wir wissen es nicht." Er spricht Englisch – und auf Englisch klingt der "Knoten" wie "nicht": knot und not. Nach einer halben Stunde bahnt sich einer den Weg raus aus dem Hörsaal.

Das sieht aus wie ein toller Zaubertrick

Längst ist der Knoten-Theoretiker bei der Anwendung von Knoten-Theorien angelangt. "Wie passen die grafischen Darstellungen von Knoten zur verknoteten DNA nach einer Rotation?" fragt Louis H. Kauffman in den Hörsaal. Keiner wagt einen Tipp. Luftwirbel, Rauchringe, Drehungen und Kreuzungen – Quarks und Protonen: Nichts, was sich nicht mit Kletterseil und ein paar Schlingen zeigen ließe. Spannend ist, erklärt der Mathematiker, der Knoten im Raum, denn Knoten umschließt Raum und ist im Raum. Allenthalben einverständiges Nicken.

Und vom Meister dann später noch der Versuch, die Knoten im Kopf der Zuhörerin zu lösen: Ganz einfach – es geht um die Eigenschaften eines Knotens im Kontext. Für die Nicht-Mathematiker im Publikum sieht das Lösen des Knotens dennoch immer ein bisschen aus wie ein Zaubertrick. Wirklich erkennbar in seiner Systematik hingegen ist ein Knoten, den Kauffman noch zu guter Letzt preisgibt: Beim Schuhebinden nicht nur einmal um die erste Schlaufe fahren, sondern zweimal. "Das hält immer!" Gelernt hat er diesen Knotentrick von seiner Frau.

Louis H. Kauffman, 72, hat als Mathematiker 46 Jahre lang am Illinois Institute of Technology in Chicago gearbeitet und ist dieses Jahr in den Ruhestand gegangen – um nun ohne weitere Verpflichtungen über Knoten forschen zu können.

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