Teilzeit

Jede Lebensphase bringt neue Bedürfnisse und Wünsche mit sich

Verlagsthema Flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuung im Betrieb und Homeoffice-Tage: Beruf und Familie vereinbaren zu können, ist für viele ein Kriterium für die Jobsuche.  

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Eine Familie braucht Zeit. Das haben v...re Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.  | Foto: Christin Klose
Eine Familie braucht Zeit. Das haben viele Arbeitgeber erkannt und machen deshalb spezielle Angebote für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Foto: Christin Klose

Arbeitgeber wissen das und werben mit entsprechenden Angeboten. Aber was bedeutet "familienfreundlich" überhaupt?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Karriere-Coach Bernd Slaghuis empfiehlt daher, nicht nur nach der Bezeichnung "familienfreundlich" zu gehen, sondern sich zunächst selbst zu überlegen: Was benötige ich und was passt zu meiner familiären Situation? Das können flexible Arbeitszeiten, arbeiten in Teilzeit, Hilfe bei der Organisation von Kinderbetreuung oder aber auch der Arbeitgeber, der direkt um die Ecke ist, sein. Sobald man sich darüber im Klaren ist, was man selbst braucht, sollte man auch im Gespräch mit einem Arbeitgeber Klarheit schaffen und besprechen, was möglich ist, empfiehlt Slaghuis.

Unternehmen sollten auf alle Lebensphasen eingehen
Oliver Schmitz ist Geschäftsführer der Berufundfamilie Service GmbH – ein Dienstleister und Think Tank, der Unternehmen im Bereich Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben unterstützt und zertifiziert. Dabei spricht Schmitz lieber von "familien- und lebensphasenbewusst" als von "familienfreundlich". "Es gibt eben nicht nur die Konstellation Vater, Mutter, Kind. Das muss man breiter sehen", sagt er. Außerdem bringen auch andere Lebensphasen Bedürfnisse mit sich, auf die Unternehmen ebenso eingehen sollten wie auf die von Familien. Er empfiehlt daher zum Beispiel auch Berufseinsteigern, darauf zu schauen, welche Angebote es etwa für Menschen mit Familie oder auch kurz vorm Ruhestand gibt. "Wenn man längerfristig irgendwo arbeiten will, macht das Sinn."

Spreche ein Unternehmen mit seinem Maßnahmen nur hochqualifizierte Jobeinsteiger oder aber auch nur Mütter von kleinen Kindern an, führe das zum einen zu einem Ungleichgewicht in der Belegschaft. Außerdem sei so etwas nicht langfristig gedacht – Mitarbeiter sind nicht ewig Jobeinsteiger und die Kinder nicht für immer klein. "Es ist zu einseitig, andere Beschäftigte außen vor zu lassen." Das gilt es laut Schmitz auch mit Blick auf spezielle Jobbörsen für Eltern oder Mütter zu beachten.


Bei Maßnahmen nicht auf Augenwischerei reinfallen

Man sollte auch auf die Art der Maßnahmen achten: Sind es Angebote, die langfristig beibehalten werden können? Eher als Augenwischerei bezeichnet Schmitz Angebote für Mitarbeiter, die zwar schön anzusehen und plakativ, aber auch sehr teuer sind – das sind nicht unbedingt immer die besten, meint Schmitz. "Wichtig ist die Summe an Einzelmaßnahmen", erklärt er. Außerdem komme es darauf an, dass die Angebote, die es zum Beispiel für Eltern gibt, auch gut und regelmäßig kommuniziert werden.

Einen Job für immer – das gibt es nicht mehr
Ob es mit einem Arbeitgeber und der aktuellen Lebenssituation klappt, lasse sich am besten im Gespräch klären, sagt Slaghuis. Einen Job, der ein Leben lang passt, gibt es meist nicht. Muss es auch nicht. "Auf 20 Jahre sein Leben und seine Karriere zu planen, das passt nicht mehr in unsere schnelllebige Zeit", sagt der Coach. Von vornherein auf vermeintlich familienfreundliche Jobs zu setzen, hält er deshalb für falsch. "Die Geburt eines Kindes, ein Todesfall oder eben eine Pandemie verändern unser Wertesystem. Die Frage sollte dann sein: Wie reagiere ich im beruflichen Umfeld darauf?"

In diesem Zusammenhang hält Slaghuis es für wichtig, Karriere nicht als Einbahnstraße, in der es immer weiter bergauf geht, zu definieren. Karriere sei nicht der ständige Aufstieg, sondern schlichtweg eine berufliche Entwicklung. Es kann auch ein guter nächster Schritt in der Karriere sein, Verantwortung abzugeben, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Selbst der hierarchische Rückschritt als sogenanntes Downshifting kann für eine Führungskraft eine gute Karriere-Entscheidung sein, wenn dies zur aktuellen Lebenssituation besser passt. Es selbst nicht als Rückschritt zu sehen, sei eine Frage der inneren Haltung.

Eltern müssen keine Teilzeitkandidaten sein
Ebenfalls Sache der eigenen Haltung: Sich selbst nicht als Arbeitnehmer zweiter Klasse sehen, nur weil man Mutter oder Vater ist. "Viele Eltern, meist sind es Mütter, gehen mit der Haltung "Hauptsache ich kriege irgendetwas in Teilzeit" auf Jobsuche", sagt Slaghuis. "Das ist Quatsch." Nur weil man ein Kind und somit andere Bedürfnisse im Job habe, sei man auf dem Arbeitsmarkt nicht weniger Wert. Er rät: sich selbst klarmachen, unter welchen Bedingungen man Beruf und Familie gut unter einen Hut bekommt und gezielt nach einem passenden Umfeld suchen. Laut Slaghuis können Eltern sich ruhig auf interessante Vollzeitstellen bewerben, selbst wenn sie nur in Teilzeit arbeiten können. Vielleicht ist der Arbeitgeber offen für sogenanntes Jobsharing. Oder die Arbeitszeiten können so flexibel gestaltet werden, dass es doch möglich ist, Vollzeit zu arbeiten. Der Coach rät, Klarheit zu schaffen und seine Bedürfnisse gleich bei der Bewerbung mit ins Anschreiben zu packen: "Mit offenen Karten spielen und mit einem Arbeitgeber auf Augenhöhe über die Möglichkeiten sprechen."

Schlagworte: Karriere-Coach Bernd Slaghuis, Oliver Schmitz

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