Sommer-Spezial 2022

Sieben Mythen über die Probezeit

Verlagsthema Zwischen Krankengeld, Urlaubsanspruch und Kündigungsschutz: Was für die erste Zeit im neuen Job wirklich gilt  

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Ein neues Arbeitsverhältnis beginnt oft mit einer Probezeit.  | Foto: Christin Klose
Ein neues Arbeitsverhältnis beginnt oft mit einer Probezeit. Foto: Christin Klose

Bloß keinen Fehler machen, keinen Urlaub nehmen – und schon das kleinste Fehlverhalten kann in der Probezeit zur Kündigung führen, oder? Die Probezeit ist aus arbeitsrechtlicher Sicht ein schwammiges Konstrukt. Entsprechend wird viel Halbwissen verbreitet. Zeit für Fakten.

Stimmt es, dass ...
... die Probezeit immer sechs Monate dauert?
"Nein", sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Die Probezeit kann nach ihren Angaben individuell bemessen werden, darf aber höchstens sechs Monate dauern. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen muss die Probezeitdauer im angemessenen Verhältnis zur erwarteten Dauer des Vertrages stehen. Darauf weist Daniel Stach hin, Gewerkschaftssekretär im Bereich Recht und Rechtspolitik der Gewerkschaft Verdi. "Damit dürfte beispielsweise bei einem auf zwölf Monate befristeten Arbeitsvertrag die zulässige Höchstdauer der Probezeit allenfalls drei Monate betragen."

... man keinen Urlaub nehmen darf?
Auch das ist nicht zutreffend. "Man erwirbt in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung für jeden vollen Monat ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs – der darf genommen werden", sagt Nathalie Oberthür. Der volle Jahresurlaubsanspruch entsteht in der Regel erst nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses.

... man im Krankheitsfall kein Geld bekommt?
"Das ist teilweise richtig", sagt Oberthür, Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltsverein. In den ersten vier Wochen bestehe kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, danach schon. Erkranken Beschäftigte nach vier Wochen Probezeit, steht ihnen eine Entgeltfortzahlung für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit zu – maximal sechs Wochen. "Daran schließt sich gegebenenfalls der Bezug von Krankengeld durch die gesetzliche Krankenversicherung an", so Gewerkschafter Stach.

Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz wegen der sechsmonatigen Wartezeit noch nicht anwendbar ist, greift trotzdem der gesetzliche Mindestschutz vor krankheitsbedingten Kündigungen. "Arbeitnehmer können in solchen Fällen das Arbeitsgericht anrufen und überprüfen lassen, ob die Probezeitkündigung unwirksam ist", sagt Stach.

... man nicht fristlos kündigen kann?
"Das stimmt", sagt Oberthür. Eine fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich. Allerdings: Eine fristlose Kündigung während der Probezeit ist laut Stach wegen der ohnehin verkürzten Kündigungsfrist von nur zwei Wochen in der Praxis eher selten. Zudem sei für Arbeitgeber eine außerordentliche fristlose Probezeitkündigung im Vergleich zur ordentlichen fristgemäßen Probezeitkündigung auch aufwendiger. Es müsse nämlich, falls der Betroffene Kündigungsschutzklage erhebt, vor Gericht das Vorliegen eines wichtigen Grundes nachgewiesen werden.

... eine Kündigungsschutzklage per se erfolglos ist?
Nein, auch eine Kündigungsschutzklage gegen eine ordentliche Kündigung in der Probezeit kann zum Erfolg führen. "Und das ist nicht selten", sagt Daniel Stach. Eine Probezeitkündigung ist unwirksam, wenn sie sittenwidrig ist oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Auch in der Probezeit dürfen Arbeitgeber eine Kündigung nicht auf sachfremde oder willkürliche Erwägungen stützen.

… der Mutterschutz noch nicht gilt?
Nein. "Der Mutterschutz – und der damit verbundene Kündigungsschutz – gilt auch in der Probezeit", sagt Oberthür. Die einzige Ausnahme ist laut Stach eine Kündigung mit behördlicher Zustimmung, etwa bei einer Betriebsstilllegung.

... man sich nichts zu Schulden kommen lassen darf?
Kleinere Unachtsamkeiten führen in aller Regel nicht zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Beschäftigte in der Probezeit können sich auf ihren verfassungsrechtlichen Mindestkündigungsschutz während der Probezeit berufen. Daniel Stach: "Gleichwohl ist es ratsam, während der Probezeit besonders penibel auf die Einhaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten zu achten."


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Schlagworte: Daniel Stach, Nathalie Oberthür

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